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cute mønstr: Nerd Shirts
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  • Past DesignsDatum22.04.2010 14:06
    Foren-Beitrag von Julia Cullen im Thema Past Designs

    Danke freut mich. <3

  • Erste 12 KapitelDatum07.02.2010 23:05
    Foren-Beitrag von Julia Cullen im Thema Erste 12 Kapitel

    Ich hab eben die restlichen kapitel reingestellt und Kapitel 1 + 3-5 auf Rechtschreibfehler kontrolliert (da waren aber viele drinne O.o) und neu reingestellt. ^^ Viel Spaß beim lesen !!

  • 12. Kapitel: KomplikationenDatum07.02.2010 23:04
    Thema von Julia Cullen im Forum Midnight Sun

    Bella und ich gingen schweigend zu Biologie. Ich versuchte mich auf den Moment zu konzentrieren, auf das Mädchen neben mir, auf alles was real und solide war, auf alles, was Alices hinterlistige, unbedeutende Visionen aus meinen Kopf vertreiben konnte.
    Wir gingen an Angela Weber vorbei die auf dem Gehweg mit einem Jungen aus ihrem Mathekurs sprach. Ich überflog flüchtig ihre Gedanken und erwartete eine weitere Enttäuschung nur um von ihrem sehnsüchtigen Ton überrascht zu werden.
    Ah, also gab es doch etwas, das Angela wollte. Unglücklicherweise war es nichts dass einfach so in Geschenkpapier eingepackt werden konnte.
    Ich fühlte mich auf einmal seltsam wohl, als ich Angelas hoffnungsloses Verlangen hörte. Ein Anflug von Seelenverwandtschaft, von dem Angela nie etwas erfahren würde, durchfuhr mich und ich war für diese Sekunde eins mit dem freundlichen Menschenmädchen.
    Es war seltsam tröstend zu wissen, dass ich nicht der einzige war, der eine tragische Liebesgeschichte durchlebte. Herzschmerz war überall.
    In der nächsten Sekunde war ich plötzlich verärgert. Denn Angelas Geschichte musste nicht tragisch sein. Sie war ein Mensch und er war ein Mensch und der Unterschied, der in ihrem Kopf so unüberbrückbar schien, war lächerlich im Vergleich zu meiner Situation. Es gab keinen Grund für ihr gebrochenes Herz. Was für eine verschwendete Trauer, wenn es keinen einleuchtenden Grund dafür gab, dass sie nicht mit dem zusammen war, den sie wollte. Warum sollte sie nicht haben können was sie wollte? Warum sollte diese eine Geschichte kein Happy End haben?
    Ich wollte ihr ein Geschenk machen… Also würde ich ihr geben, was sie wollte. Da ich wusste, wie ich auf Menschen wirkte, sollte das nicht allzu schwer werden. Ich streifte das Bewusstsein des Jungen neben ihr, dem Objekt ihrer Begierde, und er schien nicht uninteressiert zu sein, er stand nur vor dem gleichen Hindernis wie sie. Hoffnungslos ergeben, so wie sie war.
    Alles was ich tun musste, war eine Andeutung machen…
    Der Plan schmiedete sich leicht, das Drehbuch schrieb sich von selbst ohne dass ich groß etwas dazu beitragen musste. Ich würde Emmetts Hilfe benötigen – ihn dazu zu bringen war die einzige Schwierigkeit. Die Menschliche Natur war so einfach zu manipulieren im Gegensatz zu der eines Vampirs.
    Ich war zufrieden mit meiner Lösung, mit meinem Geschenk für Angela. Es war eine nette Ablenkung von meinen eigenen Problemen. Würden meine doch auch so leicht zu regeln sein.
    Meine Laune hatte sich leicht verbessert als Bella und ich uns auf unsere Plätze setzten. Vielleicht sollte ich etwas positiver denken. Vielleicht gab es irgendwo da draußen auch eine Lösung für uns die sich meinem Blick entzog so wie Angelas offensichtliche Lösung für sie nicht zu sehen war. Wahrscheinlich nicht… Aber warum Zeit mit Hoffnungslosigkeit verschwenden? Ich hatte keine Zeit zum Verschwenden wenn es um Bella ging. Jede Sekunde zählte.
    Mr. Banner betrat den Raum und schob einen alten Fernseher und einen Videorekorder vor sich her. Er behandelte ein Thema, dass ihn nicht besonders interessierte – genetische Fehlfunktionen – indem er die nächsten drei Unterrichtsstunden eine Film zeigte. Lorenzos Öl war kein besonders heiterer Film, aber das störte die Freude im Klassenzimmer nicht im Geringsten. Keine Notizen, kein Klausurrelevantes Thema. Drei freie Tage. Die Menschen jubelten.
    So oder so war es mir egal. Ich hatte sowieso nicht vorgehabt meine Aufmerksamkeit auf irgendetwas anderes als Bella zu richten.
    Heute schob ich meinen Stuhl nicht von ihr weg um mir Platz zum atmen zu lassen. Stattdessen setzte ich mich so nah neben sie wie jeder normale Mensch es tun würde. Näher als wir im Auto nebeneinander gesessen hatten, nah genug, dass die linke Seite meines Körpers in die Hitze ihrer Haut getaucht wurde.
    Es war eine seltsame Erfahrung, sowohl angenehm als auch nervenaufreibend, aber es war mir lieber als ihr gegenüber zu sitzen. Es war mehr als ich gewöhnt war aber ich merkte schnell, dass es noch nicht genug war. Ich war nicht zufrieden. Ihr so nah zu sein, bewirkte lediglich dass ich ihr noch näher sein wollte. Die Anziehungskraft wurde stärker je näher ich kam.
    Ich hatte sie beschuldigt ein Magnet für Gefahren zu sein. In diesem Moment fühlte es sich so an wäre das die buchstäbliche Wahrheit. Ich war eine Gefahr und mit jedem Millimeter den ich mir erlaubte ihr näher zu kommen wurde ihre Anziehungskraft stärker.
    Und dann lösche Mr. Banner das Licht.
    Es war seltsam was für einen großen Unterschied das machte, wenn man bedachte, dass meinen Augen die Dunkelheit nichts ausmachte. Ich konnte genau so gut sehen wie vorher. Jedes Detail des Raumes war klar zu sehen.
    Also warum diese plötzliche Elektrizität in der Luft, in der Dunkelheit die für mich nicht dunkel war? Lag es daran, dass ich wusste dass ich der einzige war der klar sehen konnte? Dass wir beide, Bella und ich, unsichtbar für die anderen waren? Als wären wir allein in diesem Raum, nur wir beide, versteckt in diesem dunklen Raum, so nah beieinander…
    Meine Hand bewegte sich ohne mein Zutun auf sie zu. Nur um ihre Hand zu berühren, sie in der Dunkelheit zu halten. Wäre das ein so schrecklicher Fehler? Wenn meine Haut sie störte, musste sie ihre Hand nur zurückziehen…
    Ich riss meine Hand zurück, verschränkte die Arme vor der Brust und ballte die Hände zu Fäusten zusammen. Keine Fehler. Ich hatte mir versprochen keine Fehler zu machen, egal wie klein sie auch sein mögen. Wenn ich ihre Hand halten würde – würde ich nur noch mehr wollen – eine weitere unbedeutende Berührung, ein weiteres Stück näher zu ihr rücken. Ich konnte es fühlen. Eine neue Art von Verlangen wuchs in mir und versuchte meine Selbstkontrolle auszuschalten.
    Keine Fehler.
    Bella kreuzte ebenfalls ihre Arme vor der Brust und ballte ihre Hände zu Fäusten wie meine.
    Was denkst du? Ich sehnte mich danach ihr diese Frage zu stellen, aber der Raum war zu ruhig um mit einer geflüsterten Unterhaltung davon zu kommen.
    Der Film begann und erhellte die Dunkelheit ein kleinwenig. Bella schielte zu mir herüber und bemerkte meine steife Körperhaltung – genau wie die Ihre – und lächelte. Sie öffnete leicht ihre Lippen und ihre Augen strahlten warm und einladend.
    Oder vielleicht sah ich auch nur, was ich sehen wollte.
    Ich lächelte zurück; sie schnappte kurz nach Luft und sah dann schnell weg.
    Das machte es noch schlimmer. Ich kannte ihre Gedanken nicht aber ich war mir plötzlich sicher, dass ich heute Morgen recht gehabt hatte und sie wollte dass ich sie berühre. Sie spürte dieses gefährliche Verlangen genauso sehr wie ich.
    Die elektrische Spannung summte zwischen unseren Körpern.
    Sie bewegte sich die ganze Stunde keinen Millimeter und behielt ihre steife, kontrollierte Position bei wie ich mein. Gelegentlich blinzelte sie zu mir herüber und jedesmal durchfuhr mich schlagartig der summende Strom.
    Die Stunde verging – langsam aber immer noch nicht langsam genug. Das war so neu, ich hätte tagelang so mit ihr dasitzen können, nur um dieses Gefühl zu erforschen.
    Ich hatte tausende kleiner Auseinandersetzungen mit mir selbst während die Minuten vergingen, Vernunft kämpfte gegen Verlangen, während ich versuchte eine Berührung zu rechtfertigen.
    Schließlich schaltete Mr. Banner das Licht wieder ein.
    In dem grellen Licht wurde die Atmosphäre in dem Raum wieder normal. Bella seufzte, streckte sich und bog ihre Finger durch. Es musste unangenehm für sie gewesen sein, diese Position so lange beizubehalten. Für mich war es leichter – Reglosigkeit war ganz natürlich.
    Ich schmunzelte über ihren Erleichterten Gesichtsausdruck. „Das war interessant.“
    „Mmm,“ murmelte sie und verstand genau was ich meinte, sagte aber nichts weiter. Was würde ich dafür geben, zu wissen, was sie jetzt dachte.
    Ich seufzte. Wie oft ich es mir auch wünschte, es half nichts.
    „Sollen wir?“ fragte ich.
    Sie verzog das Gesicht und erhob sich ungeschickt, ihre Hände ausgestreckt als hätte sie Angst jeden Moment zu fallen.
    Ich könnte ihr meine Hand anbieten. Oder ich könnte meine Hand unter ihren Ellenbogen legen – ganz leicht nur – um sie zu stützen. Das wäre sicher nicht allzu schlimm…
    Keine Fehler.
    Sie war sehr still während wir zur Sporthalle gingen. Die Falte zwischen ihren Augen war ein Beweis, ein Zeichen dafür, dass sie tief in Gedanken war. Auch ich war nachdenklich.
    Eine leichte Berührung ihrer Haut würde sie nicht verletzen, argumentierte meine Egoistische Seite.
    Ich konnte den Druck meiner Berührung kontrollieren. Es war nicht besonders schwer wenn ich mich zusammen riss. Mein Taktgefühl war besser entwickelt als das eines Menschen; ich konnte mit einem dutzend Kristallgläser jonglieren ohne eins zu zerbrechen; Ich konnte eine Seifenblase berühren ohne dass sie zerplatze. So lange ich mich unter Kontrolle hatte…
    Bella war wie eine Seifenblase – zerbrechlich und kurzlebig. Befristet.
    Wie lang könnte ich meine Anwesenheit in ihrem Leben rechtfertigen? Wie viel Zeit hatte ich? Hätte ich eine weitere Chance wie diese, wie diesen Moment, wie diese Sekunde? Sie würde nicht für immer in meiner Reichweite sein…
    Bella drehte sich vor der Eingangstür zur Sporthallte zu mir um und ihrer Augen weiteten sich als sie den Ausdruck in meinem Gesicht sah. Sie sprach nicht. Ich sah mich selbst in dem Spiegel ihrer Augen, sah den Kampf in meinen eigenen wüten. Ich sah wie sich mein Gesicht änderte als meine bessere Hälfte den Kampf verlor.
    Meine Hand hob sich ohne mein Zutun. So sanft als wäre sie aus hauchdünnem Glas, als wäre sie eine Seifenblase, strichen meine Finger über die warme Haut die ihre Wangenknochen bedeckte. Sie wurde noch wärmer unter meiner Berührung und ich konnte das Pulsieren ihres Blutes unter ihrer transparenten Haut spüren.
    Genug, befahl ich mir, obwohl meine Hand danach verlangte ihr Gesicht zu streicheln. Genug.
    Es war schwer meine Hand zurück zu ziehen, mich davon abzuhalten ihr noch nähre zu kommen als ich bereits war. Tausende von Möglichkeiten rasten auf einmal durch meinen Kopf – tausend unterschiedliche Möglichkeiten sie zu berühren. Meine Fingerspitzen über die Konturen ihrer Lippen führen. Meine Handfläche unter ihr Kinn legen. Die Spange aus ihrem Haar ziehen und spüren wie es sich über meiner Hand ausbreitete. Meine Arme um ihre Taille legen, sie an meinen Körper heranziehen.
    Genug.
    Ich zwang mich, mich von ihr abzuwenden und mich von ihr zu entfernen. Mein Körper bewegte sich steif – widerwillig.
    Ich ließ meinen Geist verweilen um zu beobachten wie sie sich hastig umdrehte, nahezu vor der Versuchung davonrannte. Ich fing Mike Newtons Gedanken auf – sie waren am lautesten – während er beobachtete, wie Bella unaufmerksam an ihm vorbeieilte, ihre Augen ausdruckslos und ihre Wangen gerötet. Er blickte finster drein und plötzlich raste mein Name in Verbindung mit unzähligen Flüchen durch seinen Kopf; ich konnte ein Grinsen nicht unterdrücken.
    Meine Hand kribbelte. Ich streckte sie und ballte sie dann zu einer Faust zusammen, aber ich spürte immer noch ein schmerzlos Stechen.
    Nein, ich hatte sie nicht verletzt – aber sie zu berühren war dennoch ein Fehler gewesen.
    Es fühlte sich an als würde ich brennen – als hätte sich das Brennen meines Durstes auf meinen gesamten Körper ausgebreitet.
    Wenn ich ihr das nächste Mal nahe war, würde ich mich davon abhalten können, sie wieder zu berühren? Und wenn ich sie einmal berührte, würde ich danach aufhören können?
    Keine Fehler mehr. Das war‘s. Genieße den Moment, Edward, sagte ich mir grimmig, und behalte deine Hände bei dir. Das oder ich würde mich dazu zwingen müssen zu gehen… irgendwie. Denn ich konnte es mir nicht erlauben in ihrer Nähe zu sein, wenn ich weiterhin Fehler machen würde.
    Ich atmete tief durch und versuchte meine Gedanken zu bändigen.
    Emmett holte mich vor dem Englisch-Gebäude ein.
    „Hey, Edward.“ Er sieht besser aus. Seltsam, aber besser. Glücklich.
    „Hey, Em.“ Sah ich glücklich aus? Ich denke, abgesehen von dem Chaos in meinem Kopf, fühlte ich mich glücklich.
    Du solltest in Zukunft besser deine Klappe halten, Junge. Rosalie will dir die Zunge herausreißen.
    Ich seufzte. „Tut mir leid, dass du es ausbaden musstest. Bist du sauer auf mich?“
    „Ach was. Rose wird darüber hinweg kommen. Es musste doch so kommen.“ Bei dem was Alice kommen sieht…
    Im Moment wollte ich nicht an Alices Visionen denken. Ich starrte geradeaus und presste meine Zähne aufeinander.
    Als ich mich nach einer Ablenkung umsah, sah ich wie Ben Cheney den Spanischraum vor uns betrat. Ah – hier war meine Gelegenheit Angela Weber ihr Geschenk zu geben.
    Ich hielt an und packte Emmett am Arm. „Warte eine Sekunde.“
    Was ist los?
    „Ich weiß, dass ich es nicht verdiene, aber würdest du mir trotzdem einen Gefallen tun?“
    „Was denn für einen?“ fragte er neugierig.
    Leise – und in einer Geschwindigkeit die es einem Menschen unmöglich machte die Worte zu verstehen, selbst wenn ich sie lauter ausgesprochen hätte – erklärte ich ihm was ich vorhatte.
    Er starrte mich ausdruckslos an, seine Gedanken waren genauso leer wie sein Gesicht.
    „Also?“ drängte ich. „Wirst du mir helfen?“
    Er brauchte eine Minute um zu antworten. „Aber, warum?“
    „Komm schon, Emmett. Warum nicht?“
    Wer bist du und was hast du mit meinem Bruder gemacht?
    „Bist du nicht derjenige der sich dauernd beschwert, dass in der Schule immer dasselbe passiert? Das hier ist doch mal was anderes, oder nicht? Nenn es ein Experiment – ein Experiment der menschlichen Natur.“
    Er schaute mich eine weitere Minute an bevor er nachgab. „Naja, es ist etwas anderes, das geb ich zu… na gut, okay.“ Emmett schnaubte und zuckte dann mit den Schultern. „Ich werde dir helfen.“
    Ich grinste ihn an und war noch begeisterter von meinem Plan, jetzt da er dabei war. Rosalie war eine Nervensäge aber ich schuldete ihr etwas dafür, dass sie Emmett ausgewählt hatte; niemand hatte einen besseren Bruder, als ich.
    Emmett brauchte nicht zu üben. Ich flüsterte ihm zu was er sagen sollte, während wir den Klassenraum betraten.
    Ben saß bereits auf seinem Platz hinter mir und suchte seine Hausaufgaben zusammen um sie einzureichen. Emmett und ich setzen uns und taten dasselbe. Im Klassenraum war es noch nicht still; das murmeln der gedämpften Unterhaltungen würde anhalten bis Mrs. Goff um Aufmerksamkeit bat. Sie hatte keine Eile während sie die Tests der letzten Klasse begutachtete.
    „Also,“ sagte Emmett etwas lauter als nötig – wenn er nur mit mir sprechen würde. „Hast du Angela Weber schon gefragt ob sie mit dir ausgeht?“
    Das Geräusch von raschelndem Papier hinter mir hörte abrupt auf als Ben erstarrte und seine Aufmerksamkeit auf unsere Unterhaltung lenkte.
    Angela? Sie reden über Angela?
    Gut. Ich hatte sein Interesse geweckt.
    „Nein,“ sagte ich und schüttelte langsam meinen Kopf um enttäuscht zu wirken.
    „Warum nicht?“ improvisierte Emmett. „Bist du zu feige?“
    Ich schnitt ihm eine Grimasse. „Nein, ich hab gehört, dass sie an jemand anderem interessiert ist.“
    Edward Cullen wollte Angela um ein Date bitten? Aber… Nein, das gefällt mir nicht. Ich will nicht, dass er in ihrer Nähe ist. Er ist… nicht richtig für sie. Nicht… sicher.
    Ich hätte nicht mit seiner Ritterlichkeit gerechnet, seinem Beschützerinstinkt. Ich hatte auf Eifersucht spekuliert. Aber so sollte es auch gehen.
    „Davon lasst du dich abhalten?“ fragte Emmett verächtlich und improvisierte wieder. „Keine Lust auf einen kleinen Konkurrenzkampf?“
    Ich warf ihm einen finsteren Blick zu, aber versuchte das Beste aus dem zu machen, was er mir gab. „Weißt du, ich glaube sie mag diesen Ben wirklich. Ich werde nicht versuchen sie vom Gegenteil zu überzeugen. Es gibt auch noch andere Mädchen.“
    Die Reaktion in dem Stuhl hinter mir war elektrisch.
    „Wer?“ fragte Emmett und hielt sich wieder an das Drehbuch.
    „Mein Laborpartner sagte es wäre irgendein Typ namens Cheney. Ich bin mir nicht sicher ob ich ihn kenne.“
    Ich unterdrückte mein Lächeln. Nur die hochmütigen Cullens konnte es sich erlauben vorzugeben nicht jeden Schüler an dieser kleinen Schule zu kennen.
    Bens Kopf war wirr vor Schock. Mich? Lieber als Edward Cullen? Aber warum sollte sie mich mögen?
    „Edward,“ murmelte Emmett etwas leiser und deutete mit den Augen auf den Jungen. „Er sitzt direkt hinter dir,“ formte er so deutlich mit den Lippen, dass der Mensch die Worte leicht ablesen konnte.
    „Oh,“ murmelte ich zurück.
    Ich drehte mich um und warf einen kurzen Blick auf den Jungen hinter mir. Für eine Sekunde waren die schwarzen Augen hinter der Brille verängstigt, aber dann versteifte er sich und hob seine schmalen Schultern, angegriffen von meiner eindeutig herablassenden Bewertung. Er reckte sein Kinn und ein Anflug von Wut verdunkelte seine goldbraune Haut.
    „Hah,“ sagte ich arrogant als ich mich wieder zu Emmett umdrehte.
    Er denkt, er wäre etwas Besseres als ich. Aber Angela nicht. Ich werd‘s ihm schon zeigen…
    Perfekt.
    „Hattest du nicht gesagt, dass sie mit Yorkie zum Ball geht?“ fragte Emmett und schnaubte als er den Namen des Jungen aussprach den viele wegen seiner Ungeschicklichkeit verachteten.
    „Das war anscheinend sowas wie eine Gruppenentscheidung.“ Ich wollte dass Ben darüber Bescheid wusste. „Angela ist schüchtern. Wenn B – naja, wenn ein Junge nicht den Mut aufbringt sie zu fragen ob sie mit ihm ausgehen möchte, würde sie es auch nie tun.“
    „Du magst wohl schüchterne Mädchen,“ sagte Emmett wieder improvisierend. Stille Mädchen. Mädchen wie… hmm, ich weiß nicht. Vielleicht Bella Swan?
    Ich grinste ihn an. „Genau.“ Dann kam ich wieder zu unserem Auftritt zurück. „Vielleicht wird Angela irgendwann müde zu warten. Vielleicht frag ich sie ob sie mit mir zum Abschlussball geht.“
    Nein, das wirst du nicht, dachte Ben und setzte sich in seinem Stuhl auf. Was macht es schon, dass sie so viel größer ist als ich? Wenn es ihr nichts ausmacht, dann stört es mich auch nicht. Sie ist das netteste, intelligenteste und schönste Mädchen an der ganzen Schule… und sie mag mich.
    Ich mochte diesen Ben. Er schien klug zu sein und es ehrlich zu meinen. Vielleicht verdiente er sogar ein Mädchen wie Angela.
    Ich zeigte Emmett ein Daumen-Hoch-Zeichen unter dem Tisch als Mrs. Goff die Klasse begrüßte.
    Okay, ich geb es zu – es hat irgendwie Spaß gemacht, dachte Emmett.
    Ich lächelte zufrieden darüber, dass ich es geschafft hatte einer Liebesgeschichte zum Happy End zu verhelfen. Ich war zuversichtlich, dass Ben sein Vorhaben in die Tat umsetzte und Angela ihr Geschenk von mir bekam. Meine Schulden waren beglichen.
    Wie dumm die Menschen doch waren, sich von sechs Inch Unterschied ihr Glück zerstören zu lassen.
    Mein Erfolg versetzte mich in gute Stimmung. Ich lächelte wieder als ich mich in meinem Stuhl zurücklehnte und mich darauf vorbereitet unterhalten zu werden. Immerhin, wie Bella beim Mittagessen gesagt hatte, hatte ich sie noch nie beim Sport gesehen.
    Mikes Gedanken waren am leichtesten zu finden in dem Stimmengewirr in der Sporthalle. Sein Geist war mir nur zu vertraut geworden in den letzten Wochen. Mit einem Seufzen ließ ich mich dazu herab durch ihn zu hören. Immerhin konnte ich mir sicher sein, dass er seine Aufmerksamkeit auf Bella richten würde.
    Ich kam gerade rechtzeitig um zu hören, wie er ihr anbot ihr Badminton-Partner zu sein; als er den Vorschlag machte, ging er in Gedanken noch andere Partnerschaftliche Aktivitäten mit ihr durch. Mein Lächeln erstarb, meine Zähne schlugen aufeinander und ich musste mich daran erinnert, dass Mike Newton zu ermorden keine Option war.
    „Danke, Mike – du weißt, dass du das nicht tun musst.“
    „Keine Sorge, ich werde Abstand halten.“
    Sie grinsten sich an und unzählige kleine Unfälle – alle irgendwie in Verbindung mit Bella – rasten durch Mikes Kopf.
    Mike spielte zuerst alleine, während Bella sich auf dem hinteren Teil des Spielfeldes herumdrückte und ihren Schläger so behutsam hielt, als wäre er eine Art Waffe. Dann kam Coach Clapp vorbei und wies Mike an, Bella mitspielen zu lassen.
    Oh oh, dachte Mike als Bella seufzend näher kam und ihren Schläger in einem seltsamen Winkel hielt.
    Jennifer Ford schlug den Federball direkt zu Bella mit einem selbstgefälligen Ton in ihren Gedanken. Mike sah wie Bella nach ihm schlug und ihren Schläger meterweit an ihrem Ziel vorbeischwang. Er griff ein und versuchte den Ball zu retten.
    Ich beobachtete die Flugbahn von Bellas Schläger alarmiert. Er traf das gespannte Netz und sprang zu ihr zurück, traf ihre Stirn und schleuderte herum um Mikes Arm mit einem schallenden Klatschen zu treffen.
    Au. Au. Autsch. Das gibt einen fette blauen Fleck.
    Bella knetete ihre Stirn. Es war schwer auf meinem Platz sitzen zu bleiben wo ich hingehörte, wenn ich sah, dass sie verletzt war. Aber was könnte ich tun wenn ich da wäre? Außerdem schien es keine schwere Verletzung zu sein… Ich zögerte weiter zu zusehen. Wenn sie vorhatte weiterhin zu versuchen zu spielen, würde ich eine Ausrede erfinden müssen um sie aus dem Unterricht zu holen.
    Der Coach lachte. „Tut mir leid, Newton.“ Diese Mädchen ist der schlimmste Fluch den ich je gesehen habe. Man sollte sie den anderen nicht aufdrängen…
    Er drehte sich vorsätzlich um und ging weiter um eine anderes Spiel zu beobachte, so dass Bella wieder in ihre vorherige Beobachterposition zurückfallen konnte.
    Au, dachte Mike wieder und massierte seinen Arm. Er drehte sich zu Bella um. „Bist du okay?“
    „Ja, und du?“ fragte sie scheu und wurde rot.
    „Ich glaub ich werd’s überleben.“ Ich möchte ja nicht wie eine Heulsuse klingen. Aber, verdammt, das tut weh!
    Mike schwang seinen Arm im Kreis und stöhnte.
    „Ich werde einfach hier hinten stehen bleiben,“ sagte Bella, eher mit Scham und Verdruss im Gesicht als Schmerzen. Vielleicht hatte Mike das meiste abbekommen. Ich hoffte ehrlichgesagt, dass es so war. Immerhin spielte sie nicht weiter. Sie hielt ihren Schläger vorsichtig hinter ihrem Rücken und ihre Augen waren geweitete vor Reue… Ich musste mein Lachen als Husten tarnen.
    Was ist so lustig? Wollte Emmett wissen.
    „Erzähl ich dir später,“ murmelte ich.
    Bella griff nicht mehr in das Spiel mit ein. Der Coach ignorierte sie und ließ Mike alleine spielen.
    Ich raste durch den Test am Ende der Stunde und Mrs. Goff ließ mich früher gehen. Ich achtete genau auf Mike während ich über das Schulgelände lief. Er hatte sich entschieden, Bella auf mich anzusprechen.
    Jessica schwört, dass sie zusammen sind. Warum? Warum musste er ausgerechnet sie auswählen?
    Er schien das wahre Phänomen nicht zu bemerkten – das sie mich ausgewählt hatte.
    „Also.“
    „Also, was?“ wunderte sie sich.
    „Du und Cullen, huh?“ Du und der Freak. Wenn dir ein reicher Typ so viel bedeutet…
    Ich knirschte mit den Zähnen bei dieser herabsetzenden Annahme.
    „Das geht dich nichts an, Mike.“
    Verteidigung. Also ist es wahr. Mist. „Das gefällt mir nicht.“
    „Das muss es auch nicht,“ schnappte sie.
    Warum sieht sie nicht was für eine Zirkusattraktion er ist? Wie sie alle. So wie er sie anstarrt. Mir läuft ein kalter Schauer über den Rücken, wenn ich das sehe. „Er sieht dich an, als ob… als ob du etwas zu Essen wärst.“
    Ich zuckte zusammen und wartete auf ihre Antwort.
    Ihr Gesicht wurde knallrot und sie presste ihre Lippen zusammen als würde sie den Atem anhalten. Dann, plötzlich, prustete sie los.
    Jetzt lacht sie mich aus. Großartig.
    Mikes Gedanken wurden trotzig und er verschwand in der Umkleidekabine.
    Ich lehnte mich an die Mauer der Turnhalle und versuchte mich zu fassen.
    Wie konnte sie über Mikes Beobachtung lachen – er hatte so genau ins Schwarze getroffen, dass ich mir Sorgen zu machen begann, ob Forks zu viel wusste… Weshalb sollte sie über die Vermutung lachen, dass ich sie töten könnte, wenn sie wusste, dass es die absolute Wahrheit war? Was war daran lustig?
    Was stimmte nicht mit ihr?
    Hatte sie einen mörderischen Sinn für Humor? Das würde nicht zu meiner Vorstellung ihres Charakters passen, aber wie konnte ich mir sicher sein? Oder vielleicht war mein Tagtraum über den albernen Engel in so fern wahr, dass sie gar keine Angst empfinden konnte. Mutig – das war ein Wort dafür. Andere Leute würden sagen dumm, aber ich wusste wie schlau sie war. Egal was der Grund dafür war, keine Angst zu empfinden und auch dieser verdrehte Sinn für Humor waren nicht gut für sie. War es diese seltsame Eigenheit die sie in ständige Gefahr brachte? Vielleicht würde sie mich für immer hier brauchen…
    Bei dem Gedanken hob sich meine Stimmung.
    Wenn ich mich zusammenreißen konnte, mich sicher machen konnte, dann wäre es vielleicht richtig bei ihr zu bleiben.
    Als sie durch die Tür der Turnhalle trat, hatte sie ihre Schultern angezogen und biss sich wieder auf die Unterlippe – an Anzeichen für Besorgnis. Aber sobald ihr Blick meinen traf, entspannte sie ihre Schultern und ein Lächeln breitete sich über ihr Gesicht. Es war ein seltsam friedlicher Ausdruck. Sie kam ohne zu zögern auf mich zu und hielt erst an, als sie so nah war, dass die Hitze ihres Körpers wie eine Welle auf mich zu schwappte.
    „Hi,“ flüsterte sie.
    Das Glück, dass ich in dem Moment empfand war wieder mit nichts zu vergleichen.
    „Hallo,“ sagte ich und dann – weil meine Laune plötzlich wieder so gut war, konnte ich es nicht lassen sie aufzuziehen – fügte ich hinzu. „Wie war Sport?“
    Ihr Lächeln schwand. „Gut.“
    Sie war eine schlechte Lügnerin.
    „Wirklich?“ fragte ich – ich machte mir immer noch sorgen um ihren Kopf; hatte sie Schmerzen? – aber Mike Newtons Gedanken waren so laut, dass sie meine Konzentration störten.
    Ich hasse ihn. Ich wünschte er würde sterben. Ich hoffe er fährt mit seinem glänzenden Auto direkt über eine Klippe. Warum konnte er sie nicht einfach in Ruhe lassen? Er sollte sich an seinesgleichen halten – an die Freaks.
    „Was?“ verlangte Bella?
    Ich richtete meine Augen wieder auf ihr Gesicht. Sie sah Mike hinterher und dann wieder zu mir.
    „Newton geht mir langsam auf die Nerven,“ gab ich zu.
    Ihr Mund klappte auf und ihr Lächeln verschwand. Sie musste vergessen haben, dass ich die Macht hatte, sie ihre letzte verhängnisvolle Stunde über zu beobachten, oder gehofft, dass ich davon keinen Gebrauch gemacht hatte. „Hast du schon wieder zugehört?“
    „Wie geht es deinem Kopf?“
    „Du bist unglaublich!“ presste sie durch ihre Zähne, dreht sich um und stapfte wütend Richtung Parkplatz. Ihre Haut wurde dunkelrot – es war ihr peinlich.
    Ich holte zu ihr auf und hoffte, dass ihr Ärger bald verschwand. Normalerweise verzieh sie mir recht schnell.
    „Du hast doch erwähnt, dass ich dich noch nie bei Sport gesehen habe,“ erklärte ich. „Das hat mich neugierig gemacht.“
    Sie antwortete nicht; ihre Augenbrauen eng zusammengezogen.
    Sie hielt plötzlich an, als sie sah, dass der Weg zu meinem Wagen von einer Traube männlicher Schüler versperrt war.
    Ich frag mich, wie schnell das Ding fährt…
    Sie dir die SMG shift paddel (irgend so ein Autofachkram… keine Ahnung was das ist) an. Sowas hab ich noch nie außerhalb eines Magazins gesehen…
    Nette Seitengitter …
    Ich wünschte ich hätte sechzigtausend Dollar herumliegen…
    Genau deshalb war es besser, wenn Rosalie ihren Wagen nur außerhalb der Stadt nutzte.
    Ich wand mich durch das Gedränge wollüstiger Jungs zu meinem Auto; Bella zögerte eine Sekunde und tat es mir dann gleich.
    „Protzig,“ murmelte ich, als sie einstieg.
    „Was ist das für ein Wagen?“ wunderte sie sich.
    „Ein M3.“
    Sie runzelte die Stirn. „Diese Sprache spreche ich nicht.“
    „Es ist ein BMW.“ Ich verdrehte meine Augen und konzentrierte mich dann darauf, auszuparken ohne irgendjemanden zu überfahren. Ich musste in paar Jungs tief in die Augen sehen, die scheinbar nicht aus dem Weg gehen wollten. Meinem Blick eine halbe Sekunde lang zu begegnen reichte aus um sie vom Gegenteil zu überzeugen.
    „Bist du immer noch sauer?“ fragte ich sie.
    „Definitiv,“ antwortete sie knapp.
    Ich seufzte. Vielleicht hätte ich es nicht ansprechen sollen. Aber naja. Ich konnte versuchen ihr entgegenzukommen, denke ich. „Würdest du mir verzeihen, wenn ich mich entschuldige?“
    Sie dachte einen Moment darüber nach. „Vielleicht… wenn du es ernst meinst,“ entschied sie. „Und wenn du mir versprichst, es nicht noch einmal zu tun.“
    Ich wollte sie nicht anlügen und deshalb konnte ich dem auf keinen Fall zustimmen. Vielleicht konnte ich ihr etwas anderes anbieten.
    „Wie wäre es, wenn ich es ernst meine und dir erlaube am Samstag zu fahren?“ Ich zuckte innerlich zusammen bei dem Gedanken.
    Die Falte zwischen ihren Augen kam zum Vorschein, als sie darüber nachdachte. „In Ordnung,“ sagte sie einen Augenblick später.
    Nun zu meiner Entschuldigung… Ich hatte noch nie zuvor versucht Bella absichtlich zu blenden, aber jetzt schien ein guter Zeitpunkt dafür zu sein. Ich schaute ihr tief in die Augen als ich vom Schulgelände herunter fuhr, und fragte mich ob ich es wohl richtig machte. Ich nutzte meinen Überzeugendsten Tonfall.
    „Dann tut es mir sehr leid, dass ich dich verärgert habe.“
    Ihr Herz schlug lauter als zuvor, und der Rhythmus war abgehackt. Ihre Augen waren weit aufgerissen und sahen etwas verblüfft aus.
    Ich lächelte halb. Es sah so aus als hätte ich es richtig gemacht. Natürlich hatte ich auch einige Schwierigkeiten meinen Blick von ihren Augen zu lösen. Genauso geblendet. Gut, dass ich diese Straße in und auswendig kannte.
    „Und ich werde Samstag früh pünktlich vor deiner Tür stehen,“ fügte ich hinzu um die Verabredung zu besiedeln.
    Sie blinzelte kurz und schüttelte ihren Kopf, scheinbar um wieder klar denken zu können. „Ähm,“ sagte sie, „es hilft nicht wirklich bei der Sache mit Charlie, wenn plötzlich ein Volvo ohne Erklärung in der Einfahrt steht.“
    Ah, wie wenig sie mich immer noch kannte. „Ich hatte nicht vorgehabt mein Auto mitzubringen.“
    „Wie - …“ wollte sie fragen.
    Ich unterbrach sie. Die Antwort würde schwer zu erklären sein ohne es zu demonstrieren und dafür war wir jetzt kaum die richtige Zeit. „Mach dir deswegen keine Sorgen. Ich werde da sein, ohne Auto.“
    Sie lehnte ihren Kopf zur Seite und sah einen Moment so aus, als würde sie weiter nachfragen wollen, änderte aber dann doch ihre Meinung.
    „Ist es schon später?“ fragte sie und erinnerte mich an unsere noch nicht beendete Unterhaltung in der Cafeteria; sie ließ die eine schwierige Frage fallen um dann direkt zu einer anderen noch unangenehmeren zu kommen.
    „Ich vermute es ist später,“ stimmte ich widerwillig zu.
    Ich parkte vor ihrem Haus und war angespannt als ich überlegte wie ich es ihr erklären könnte… ohne meine monströse Natur zu sehr zu offenbaren, ohne sie wieder zu ängstigen. Oder war das falsch? Meine Dunkelheit zu minimieren?
    Sie wartete mit demselben höflich interessierten Gesichtsausdruck den sie beim Mittagessen aufgesetzt hatte. Wenn ich nicht so ängstlich gewesen wäre, hätte ich wohl darüber gelacht.
    „Und du willst wirklich immer noch wissen, warum du mich nicht jagen sehen darfst?“ fragte ich.
    „Naja, ich hab mich eigentlich mehr über deine Reaktion gewundert,“ sagte sie.
    „Hab ich dir Angst gemacht?“ fragte ich und war mir sicher, dass sie es verneinen würde.
    „Nein.“
    Ich versuchte nicht zu lächeln, aber es gelang mir nicht. „Tut mir leid, dass ich dich erschreckt habe.“ Und dann verschwand mein Lächeln gleichzeitig mit jedem Anflug von Humor. „Es lag nur an dem Gedanken daran, wie es wäre wenn du dabei wärst… wenn wir jagen.“
    „Das wäre schlecht?“
    Das Bild in meinem Kopf war zu viel – Bella, so verletzlich in der leeren Dunkelheit: ich selbst, außer Kontrolle… ich versuchte es aus meinem Kopf zu verbannen. „Sehr.“
    „Weil…?“
    Ich atmete tief durch und konzentrierte mich für einen Moment auf den brennenden Durst. Fühlte ihn, managte ihn, bewies meine Gewalt über ihn. Ich würde mich nicht mehr kontrollieren müssen – ich wollte so sehr, dass es wahr wäre. Ich würde sicher für sie sein. Ich starrte auf die willkommenen Wolken ohne sie zu sehen, wünschte mir ich könnte glauben, dass meine Entschlossenheit irgendeinen Unterschied machen würde, wenn ich beim Jagen auf ihren Geruch stieß.
    „Wenn wir jagen… geben wir uns ganz unseren Sinnen hin,“ erklärte ich ihr und überdacht jedes Wort bevor ich es aussprach. „Wir lassen uns weniger von unseren Köpfen leiten. Besonders von unserem Geruchssinn. Wenn du irgendwo in der Nähe wärst, wenn ich so die Kontrolle über mich verliere…“
    Ich schüttelte gequält meinen Kopf bei der Vorstellung was dann mit Sicherheit passieren würde – nicht könnte, sondern würde.
    Ich lauschte auf ihren Herzschlag und drehte mich dann ruhelos zu ihr um, um in ihren Augen lesen zu können.
    Bellas Gesicht war gefasst, ihre Augen blickten ernst. Ihr Mund war leicht geschürzt vor Besorgnis vermutete ich. Aber besorgt um was? Ihre eigene Sicherheit? Oder meine Qual? Ich starrte sie weiter an und versuchte ihren vieldeutigen Ausdruck zu interpretieren.
    Sie erwiderte meinen Blick. Nach einer Weile wurden ihre Augen größer und ihre Pupillen weiteten sich obwohl sich das Licht nicht geändert hatte.
    Mein Atem wurde schneller und plötzlich schien die Stille im Auto zu summen, genau wie in dem dunklen Biologieraum diesen Nachmittag. Der pulsierende Strom zwischen uns erhob sich wieder und das Verlangen sie zu berühren war, kurzzeitig, stärker als das Begehren meines Durstes.
    Die pochende Elektrizität fühlte sich an, als hätte ich wieder einen Puls. Mein Körper sang mit. Als wäre ich wieder ein Mensch. Mehr als alles andere auf der Welt wollte ich die Hitze ihrer Lippen auf meinen spüren. Für eine Sekunde kämpfte ich verzweifelt um die Kraft, die Kontrolle, meinen Mund auf ihre Haut legen zu können…
    Sie atmete hastig ein und erst da merkte ich, dass, als ich begonnen hatte schneller zu atmen, sie ganz aufgehört hatte.
    Ich schloss meine Augen bei dem Versuch die Verbindung zwischen uns zu unterbrechen.
    Keine Fehler mehr.
    Bellas Existenz war an tausend anfällige, ausgewogene chemische Prozesse gebunden die alle so einfach zum erliegen gebracht werden konnte. Das rhythmische Ausdehnen ihrer Lungenflügel, der Strom von Sauerstoff bedeutete Leben oder Tod für sie. Der flatternde Rhythmus ihres zerbrechlichen Herzens konnte von so vielen dummen Unfällen oder Krankheiten unterbrochen werden oder… von mir.
    Ich glaube nicht, dass irgendeiner aus meiner Familie zögern würde, wenn er oder sie eine Chance geboten bekäme zurückzukehren – wenn er oder sie die Untersterblichkeit gegen Sterblichkeit würde eintauschen können. Jeder von uns würde dafür durchs Feuer gehen. Für so viele Tage oder Jahrhunderte brennen wie nötig.
    Die meisten unserer Art preisten die Unsterblichkeit über alles andere. Es gab sogar Menschen die danach strebten, die an dunklen Orten nach denen suchten, die ihnen das dunkelste aller Geschenke machen konnten…
    Wir nicht. Nicht meine Familie. Wir würden alles dafür geben, Menschen zu sein.
    Aber keiner von uns hatte sich je so verzweifelt danach gesehnt wie ich in diesem Moment.
    Ich starte auf die mikroskopisch kleinen Gruben und Risse in der Windschutzscheibe, als wäre eine Lösung in dem Glas versteckt. Die Elektrizität war noch nicht verschwunden und ich musste mich konzentrieren um meine Hände am Lenkrad zu halten.
    Meine rechte Hand begann wieder zu stechen, aber ohne Schmerzen, von da wo ich sie vorher berührt hatte.
    „Bella, ich denke du solltest jetzt reingehen.“
    Sie gehorchte sofort ohne Kommentar, stieg aus dem Wagen aus und schlug die Tür hinter sich zu. Fühlte sie das Katastrophenpotential genauso deutlich wie ich?
    Schmerzte es sie genauso mich zu verlassen wie es mich schmerzte sie gehen zu lassen? Der einzige Trost war, dass ich sie bald wiedersehen würde. Eher als sie mich wiedersehen würde. Ich lächelte bei dem Gedanken, ließ dann das Fenster herunter und lehnte mich herüber um noch einmal mit ihr zu sprechen – es war sicherer, jetzt wo die Hitze ihres Körpers außerhalb des Wagens war.
    Sie drehte sich um, neugierig was ich wollte.
    Immer noch neugierig, obwohl sie mir heute so viele Fragen gestellt hatte. Meine eigene Neugierde war vollkommen unbefriedigt; ihre Fragen zu beantworten hatte nur meine Geheimnisse aufgedeckt – ich hatte wenig von ihr bekommen außer meinen eigenen Vermutungen. Das war nicht fair.
    „Oh, Bella?“
    „Ja?“
    „Morgen bin ich an der Reihe.“
    Sie runzelte die Stirn. „An der Reihe womit?“
    „Fragen zu stellen.“ Morgen, wenn wir an einem sichereren Ort waren, umringt von Zeugen, würde ich meine Antworten bekommen. Ich grinste bei dem Gedanken und dann wendete ich den Wagen, da sie keine Anstalten machte, zu gehen. Sogar wenn sie nicht im Auto war, hallte der elektrische Schwung in der Luft wieder. Ich wollte ebenfalls aussteigen um sie zur Tür zu begleiten, als Ausrede um an ihrer Seite zu sein…
    Keine Fehler mehr. Ich trat aufs Gas und seufzte als sie hinter mir verschwand. Es schien als würde ich ständig zu Bella hinrennen und dann wieder vor ihr wegrennen, aber nie bleiben. Ich würde einen Weg finden müssen, mich zu behaupten wenn wir jemals im Begriff sein würden irgendeinen Frieden zu finden.

  • 11. Kapitel: BefragungenDatum07.02.2010 23:03
    Thema von Julia Cullen im Forum Midnight Sun

    CNN brachte die Story direkt als aller erstes.
    Ich war froh, dass es in den Nachrichten kam bevor ich zur Schule aufbrechen musste, ich konnte es nicht abwarten zu hören, wie die Menschen den Bericht formulieren würden, wie viel Aufmerksamkeit sie ihm schenkten. Glücklicherweise war der Tag voller Neuigkeiten. Es gab ein Erdbeben in Südamerika und eine politische Entführung im mittleren Osten. Die Nachricht bestand nur aus wenige Sekunden, ein paar Sätzen und einem körnigen Bild.
    „Alonzo Calderas Wallace, wurde wegen mehrfacher Vergewaltigung und Mord in Texas und Oklahoma gesucht. Er wurde in den frühen Morgenstunden bewusstlos in der Nähe eines Polizeireviers gefunden. Im Moment ist noch nicht klar, ob man ihn nach Houston oder Oklahoma City überführen wird, damit er dort vor Gericht gestellt wird.“
    Das Bild war unscharf, ein Fahndungsfoto, und zu der Zeit als das Foto aufgenommen wurde hatte er einen dichten Vollbart. Selbst wenn Bella den Bericht sah, würde sie ihn vermutlich nicht erkennen. Das hoffte ich jedenfalls; es würde sie nur unnötig aufregen.
    „Die Untersuchungen hier in der Stadt werden nur sehr knapp ausfallen. Es ist zu weit entfernt um von lokalem Interesse zu sein,“ erkläre mir Alice. „Es war gut, dass Carlisle ihn aus dem Staat geschafft hat.“
    Ich nickte. Bella schaute nicht viel Fern und ich hatte ihren Vater noch nie etwas anderes als Sportsendungen anschauen sehen.
    Ich hatte getan, was ich konnte. Dieses Monster jagte nicht länger und ich war kein Mörder. Jedenfalls nicht kürzlich. Es war richtig gewesen Carlisle zu vertrauen, dennoch wünschte ich mir, das Monster wäre nicht so einfach davon gekommen. Ich erwischte mich bei der Hoffnung, dass er nach Texas ausgeliefert werden würde, wo die Todesstrafe immer noch in Kraft war…
    Nein. Das war egal. Ich würde damit abschließen und mich auf wichtigere Dinge konzentrieren.
    Ich hatte Bellas Zimmer vor nicht ganz einer Stunde verlassen und ich konnte es schon wieder kaum erwarten sie endlich wieder zu sehen.
    „Alice, würde es dir etwas ausmachen…“
    Sie unterbrach mich. „Rosalie wird uns fahren. Sie wird verärgert sein, aber du kannst dir sicher vorstellen, dass sie die Ausrede gern nutzen wird um ihren Wagen vorzuführen.“ Alice lachte glockenhell.
    Ich grinste sie an. „Wir sehen uns dann in der Schule.“
    Alice seufzte und mein Grinsen wurde zu einer Grimasse.
    Ich weiß, ich weiß, dachte sie. Noch nicht. Ich warte bis du bereit dafür bist, dass Bella mich kennenlernt. Aber du solltest wissen, dass das nicht nur egoistisch von mir ist. Bella wird mich auch mögen.
    Ich antwortete ihr nicht und eilte zur Tür hinaus. Das war ein ganz anderer Blickwinkel. Würde Bella Alice kennenlernen wollen? Einen Vampir zur Freundin haben wollen?
    So wie ich Bella kannte… würde ihr diese Vorstellung vermutlich gar nichts ausmachen.
    Ich runzelte die Stirn. Was Bella wollte und was das Beste für sie war, waren zwei sehr unterschiedliche Dinge.
    Als ich meinen Wagen in Bellas Einfahrt parkte, begann ich mich unwohl zu fühlen. Ein menschliches Sprichwort besagt, dass die Dinge am nächsten Morgen ganz anders aussehen – dass die Dinge sich ändern, wenn man eine Nacht darüber geschlafen hat. Würde ich für Bella anders aussehen in dem blassen Licht eines nebeligen Morgens? Unheimlicher oder weniger unheimlich als in der Schwärze der Nacht? War die Wahrheit zu ihr durchgedrungen während sie geschlafen hatte? Würde sie letztlich doch Angst haben?
    Ihre Träume waren friedlich gewesen letzte Nacht. Als sie immer und immer wieder meinen Namen genannt hatte, hatte sie gelächelt. Mehr als einmal hatte sie mich im Schlaf gebeten zu bleiben. Würde das heute nichts mehr bedeuten?
    Ich wartete nervös und lauschte auf die Geräusche, die sie im Haus verursachte – die schnellen Schritte auf der Treppe, das Reißen einer Schutzfolie, die Inhalte des Kühlschranks die aneinander schlugen beim Schließen der Tür. Es hörte sich an, als hätte sie es eilig. Konnte sie es nicht erwarten zur Schule zu kommen? Der Gedanke brachte mich wieder hoffnungsvoll zum lächeln.
    Ich warf einen Blick auf die Uhr. Es hatte den Anschein – wenn man bedachte dass ihr altersschwacher Truck in seiner Geschwindigkeit stark beeinträchtigt war – dass sie wirklich spät dran war.
    Bella stürmte aus dem Haus und ihre Schultasche rutschte ihr von der Schulter, ihr Haar war nur lose zusammengebunden und der Zopf rutschte in ihrem Nacken bereits wieder heraus. Der dicke grüne Pullover verhinderte nicht, dass sie ihre schmalen Schultern in der Kälte des Nebels anzog.
    Der lange Pulli war zu groß für sie, unförmig. Er verbarg ihre schlanke Figur und verwandelte all ihre zarten Kurven in eine unförmige Masse. Ich begrüßte diese Tatsache genauso wie ich mir gewünscht hätte, sie hätte etwas in der Art an, wie die blaue Bluse, die sie letzte Nacht getragen hatte… der Stoff hatte sich so sanft an ihre Haut angeschmiegt und war tief genug ausgeschnitten gewesen um ihre Schlüsselbeine, die sich von der kleinen Mulde unter ihrer Kehle abhoben, auf hypnotisierende Weise zu entblößen. Das Blau war wie Wasser um ihre zarte Figur geflossen…
    Es war besser – unverzichtbar – dass sich meine Gedanken sehr weit von diesem Anblick entfernten, daher war ich dankbar dafür, dass sie diesen unförmigen Pullover trug. Ich konnte es mir nicht leisten Fehler zu machen und es wäre ein fataler Fehler diesem seltsamen Verlangen nachzugeben, das ihre Lippen… ihre Haut… ihr Körper… in mir entfachte. Ein Verlangen, dass seit Jahren aus mir gewichen war. Aber ich konnte mir nicht erlauben daran zu denken, sie zu berühren, das war unmöglich.
    Ich würde sie zerbrechen.
    Bella drehte der Haustür in einer solchen Eile den Rücken zu, dass sie beinahe an meinem Wagen vorbeigestürmt wäre ohne ihn überhaupt wahrzunehmen.
    Ich stieg aus und gab mir keine Mühe darauf zu achten mich mit menschlicher Geschwindigkeit zu bewegen, als ich den Wagen umrundete und die Beifahrertür für sie öffnete. Ich würde nicht mehr versuchen sie zu täuschen – zumindest wenn wir allein waren würde ich Ichselbst sein.
    Sie sah verwirrt zu mir auf, als ich aus dem Nichts aufzutauchen schien. Und dann verwandelte sich die Überraschung in ihrem Blick in etwas anderes und ich hatte keine Angst mehr – oder Hoffnung – dass ihre Gefühle für mich sich über Nacht geändert haben könnten. Wärme, Verwunderung, Faszination, all das schwamm in der geschmolzenen Schokolade ihrer Augen.
    „Möchtest du heute mit mir fahren?“ fragte ich. Anders als bei dem Essen gestern Abend würde ich ihr die Wahl lassen. Von jetzt an würde sie immer eine Wahl haben.
    „Ja, danke,“ murmelte sie und stieg ohne zu zögern ein.
    Würde der Nervenkitzel jemals aufhören den ich empfand weil ich derjenige war, zu dem sie Ja sagte? Ich bezweifelte es.
    Ich konnte es kaum erwarten wieder neben ihr zu sitzen, also raste ich um das Auto herum. Sie wirkte kein bisschen überrascht von meinem plötzlichen Auftauchen auf dem Fahrersitz neben ihr.
    Das Glück dass ich empfand, jetzt da sie so neben mir saß, war vollkommen. So sehr ich die Liebe und Kameradschaft meiner Familie genoss, trotz der vielfältigen Unterhaltung und Ablenkung die die Welt zu bieten hatte, war ich noch nie so glücklich gewesen. Auch wenn ich wusste, dass es falsch war, dass es sehr wahrscheinlich kein gutes Ende nehmen würde, konnte ich das Lächeln nicht lange zurückhalten.
    Meine Jacke hing über der Kopfstütze ihres Sitzes. Ich sah wie sie sie beäugte.
    „Ich hab dir die Jacke mitgebracht,“ erklärte ich ihr. Das war meine Entschuldigung gewesen, für den Fall dass ich eine gebraucht hätte, um heute Morgen vor ihrer Tür zu stehen. Es war kalt. Sie hatte keine Jacke. Das war sicher eine akzeptable Kavaliersgeste. „ich wollte nicht, dass du dich erkältest oder so etwas.“
    „So empfindlich bin ich nicht,“ sagte sie und starrte mehr auf meine Brust als auf mein Gesicht, als ob sie zögerte mir in die Augen zu sehen. Aber sie zog die Jacke an, bevor ich es ihr befehlen oder aufschwatzen musste.
    „Bist du nicht?“ murmelte ich zu mir selbst.
    Sie starrte auf die Straße während ich beschleunigte und Richtung Schule fuhr. Ich hielt die Stille nur wenige Sekunden aus. Ich musste wissen, was sie heute Morgen dachte. Es hatte sich so viel zwischen uns geändert seit die Sonne das letzte Mal aufgegangen war.
    „Was denn, keine zwanzig Fragen heute?“ fragte ich und versuchte es wieder langsam anzugehen.
    Sie lächelte und wirkte erleichtert darüber, dass ich das Thema angesprochen hatte. „Stören dich meine Fragen?“
    „Nicht so sehr wie deine Reaktionen,“ gab ich ehrlich zu und erwiderte ihr Lächeln.
    Sie verzog ihren Mund. „Sind meine Reaktionen schlecht?“
    „Nein, das ist ja das Problem. Du nimmst alles so locker auf – es ist unnatürlich.“ Nicht ein Schrei bis jetzt. Wie konnte das sein? „Ich frag mich was du wirklich denkst.“ Diese Frage stellte ich mir natürlich bei allem was sie tat oder nicht tat.
    „Ich sage dir immer, was ich wirklich denke.“
    „Du behältst Dinge für dich.“
    Sie biss sich wieder auf die Lippe. Sie schien es nicht zu bemerken, wenn sie das tat – es war wohl eine unbewusste Reaktion auf Anspannung. „Nicht viele.“
    Diese wenigen Worte reichten aus um meine Neugierde zu steigern. Was enthielt sie mir bewusst vor?
    „Genug um mich wahnsinnig zu machen,“ sagte ich.
    Sie zögerte und flüsterte dann, „Du willst es gar nicht hören.“
    Ich musste einen Augenblick nachdenken, ging unsere Unterhaltung der letzten Nacht Wort für Wort durch, bevor ich den Zusammenhang verstand. Vielleicht musste ich mich so sehr konzentrieren, weil ich mir nichts vorstellen konnte, dass ich sie nicht sagen hören wollte. Und dann – weil der Tonfall in ihrer Stimme der gleiche war wie letzt Nacht; plötzlich voller Schmerz – erinnerte ich mich. Ich hatte sie einmal gebeten ihre Gedanken nicht auszusprechen. Sag das niemals, hatte ich sie angeknurrt. Ich hatte sie zum Weinen gebracht…
    War es das was sie vor mir verheimlichte? Die Tiefe ihrer Gefühle für mich? Dass es ihr nichts ausmachte, dass ich ein Monster war und dass es zu spät für sie war um ihre Meinung zu ändern?
    Ich konnte nicht sprechen, denn die Freude und der Schmerz waren zu groß um sie in Worte zu fassen, der Kampf zwischen ihnen zu hart um eine angebrachte Antwort zuzulassen. Abgesehen von dem gleichmäßigen Rhythmus ihres Herzens und ihres Atems war es still im Auto.
    „Wo ist der Rest deiner Familie?“ fragte sie plötzlich.
    Ich atmete tief durch – registrierte den Duft im Wagen das erste mal mit heftigem Schmerz; ich bemerkte zufrieden, dass ich mich daran gewöhnte – und zwang mich dazu wieder lässig zu sein.
    „Sie haben Rosalies Auto genommen.“ Ich parkte auf dem freien Platz neben dem in Frage kommenden Auto. Ich unterdrückte ein Lächeln als ich sah, wie sich ihre Augen weiteten. „Prahlerisch, nicht war?“
    „Ähm, wow. Wenn sie so einen Wagen hat, warum fährt sie dann immer mit dir?“
    Rosalie hätte Bellas Reaktion genossen… wenn sie Bella gegenüber objektiv gewesen wäre, was definitiv nicht der Fall war.
    „Wie ich schon sagte, es ist prahlerisch. Wir versuchen nicht aufzufallen.“
    „Das gelingt euch nicht,“ sagte sie mir und lachte erleichtert.
    Ihr munteres vollkommen sorgloses Lachen erwärmte meine hohle Brust genauso wie es meinen Kopf vor Zweifel schwirren ließ.
    „Also, warum ist Rosalie heute mit ihrem Wagen gefahren, wenn er so auffällig ist?“ fragte sie.
    „Hast du es noch nicht bemerkt? Ich breche jetzt alle Regeln“
    Meine Antwort sollte ein kleines bisschen beängstigend klingen – selbstverständlich lächelte Bella darüber.
    Sie wartete nicht, bis ich ihr die Tür öffnete, genau wie letzte Nacht. Ich musste mich hier in der Schule normal verhalten – also konnte ich mich nicht schnell genug bewegen um das zu verhindern – aber sie würde sich daran gewöhnen müssen, mit mehr Zuvorkommenheit behandelt zu werden, und sie würde sich schnell daran gewöhnen müssen.
    Ich ging so dicht neben ihr her, wie ich es mir erlaubte und achtete darauf, ob diese Nähe sie störte. Zweimal zuckte ihre Hand in meine Richtung doch dann zog sie sich schnell zurück. Es sah so aus, als wollte sie mich berühren… mein Atmen wurde schneller.
    „Warum habt ihr überhaupt solche Autos? Wenn ihr nicht auffallen wollt?“ fragte sie während wir gingen.
    „Eine Schwäche,“ gab ich zu. „Wir fahren alle gerne schnell.“
    „Das passt,“ murmelte sie.
    Sie sah nicht mehr auf und daher entging ihr mein antwortendes Grinsen.
    Oh nein! Das glaub ich nicht! Wie zum Teufel hat Bella das angestellt? Ich kapiers nicht! Warum?
    Jessicas mentaler Schock unterbrach meine Gedanken. Sie wartete unter dem Vordach der Cafeteria um sich vor dem Regen zu schützen, mit Bellas Winterjacke über dem Arm. Ihre Augen waren ungläubig aufgerissen.
    Bella bemerkte sie einen Augenblick später. Ein helles Rot schoss in ihre Wangen, als sie den Ausdruck auf Jessicas Gesicht sah. Die Gedanken in Jessicas Kopf waren ziemlich deutlich in ihrem Gesicht zu lesen.
    „Hey, Jessica. Danke, dass du daran gedacht hast,“ grüßte Bella sie. Sie streckte die Hand nach ihrer Jacke aus und Jessica reichte sie ihr wortlos.
    Ich sollte höflich zu Bellas Freunden sein, egal ob sie gute Freunde waren oder nicht. „Guten Morgen, Jessica.“
    Wow…
    Jessicas Augen wurden noch größer. Es war seltsam und amüsant… und, ehrlichgesagt, ein bisschen peinlich… zu bemerken wie sehr die Nähe zu Bella mich verweichlicht hatte. Es sah so aus, als hätte niemand mehr Angst vor mir. Wenn Emmett das herausfände würde er mich das nächste Jahrhundert lang auslachen.
    „Äh… hi,“ nuschelte Jessica und ihre Augen wanderten Bedeutungsschwanger zu Bella. „Ich denke, wir sehen uns dann in Mathe.“
    Du wirst mir alles erzählen. Ich werde kein Nein akzeptieren. Details. Ich brauche Details! Edward scheiß CULLEN!! Das Leben ist so unfair.
    Bellas Mundwinkel zuckten. „Ja, wir sehen uns dann.“
    Jessicas Gedanken spielten verrückt während sie zu ihrem ersten Kurs rannte und uns hin und wieder verstohlene Blicke zuwarf.
    Die ganze Geschichte. Ich akzeptiere nichts anderes. Hatten sie geplant sich gestern zu treffen? Treffen sie sich öfter? Wie lange schon? Wie konnte sie das geheim halten? Warum sollte sie das wollen? Es kann nichts lockeres sein – sie muss total verknallt in ihn sein. Gibt es eine andere Möglichkeit? Ich werde es heraus finden. Ich halt es nicht aus, es nicht zu wissen. Ich frage mich, ob sie zusammen sind? Oh, verdammt… Jessicas Gedanken drifteten plötzlich ab und wortlose Fantasien jagten durch ihren Kopf. Bei diesen Spekulationen zuckte ich zusammen und nicht nur weil sie in ihren Gedanken Bella durch sich selbst ersetze.
    So konnte es niemals sein. Und dennoch… ich wollte es…
    Ich wollte es mir selbst nicht eingestehen. Auf wie viele falsche Arten wollte ich Bella? Auf welche würde ich sie letztlich töten?
    Ich schüttelte meinen Kopf und versuchte mich abzulenken.
    „Was wirst du ihr erzählen?“ fragte ich Bella.
    „Hey!“ flüsterte sie vorwurfsvoll. „Ich dachte du könntest meine Gedanken nicht lesen!“
    „Kann ich auch nicht.“ Ich schaute sie verwundert an und versuchte den Sinn hinter ihren Worten zu verstehen. Ah – wir mussten zur selben Zeit dasselbe gedacht haben. Hmm… das gefiel mir. „Na jedenfalls,“ sagte ich ihr, „kann ich ihre lesen – sie wird dir in der Klasse auflauern.“
    Bella stöhnte und ließ dann die Jacke von ihren Schultern gleiten. Ich bemerkte erst nicht, dass sie sie zurückgab – ich hätte nicht danach gefragt; mir wäre es lieber gewesen, sie würde sie behalten… ein Andenken – deshalb war ich zu langsam um ihr meine Hilfe anzubieten. Sie reichte mir meine Jacke und steckte ihre Arme durch ihre eigene ohne mich anzusehen, also bemerkte sie nicht, dass meine Hände ausgestreckt waren um ihre zu helfen. Ich runzelte die Stirn darüber und kontrollierte meinen Ausdruck schnell wieder bevor sie es bemerkte.
    „Also, was wirst du ihr erzählen?“ fragte ich.
    „Wie wäre es mit ein bisschen Hilfe? Was will sie denn wissen?“
    Ich lächelte und schüttelte meinen Kopf. Ich wollte hören, was sie dachte ohne einen Hinweis. „Das ist nicht fair.“
    Ihre Augen verengten sich. „Nein, dass du dein Wissen nicht teilst – das ist unfair.“
    Richtig – sie mochte keine Doppelmoral.
    Wir erreichten ihre Klassentür – wo ich sie verlassen musste; ich fragte mich ob Ms. Cope entgegenkommender war, was eine Änderung bzgl. meines Englischkurses anging… ich konzentrierte mich wieder. Ich konnte fair sein.
    „Sie möchte wissen ob wir heimlich zusammen sind,“ sagte ich langsam. „Und sie möchte wissen, was du für mich empfindest.“
    Sie riss die Augen auf – nicht verwundert sondern eher naiv. Ihre Augen waren offen für mich, lesbar. Sie spielte unschuldig.
    „Hmm,“ murmelte sie. „Was soll ich ihr bloß sagen?“
    „Hmmm.“ Sie versuchte immer mich dazu zu bringen, mehr preiszugeben, als sie es tat. Ich überlegte, wie ich ihr antworten könnte.
    Eine lose Haarsträhne, leicht klamm vom Nebel, fiel ihr über die Schulter und kräuselte sich dort wo der alberne Pullover ihr Schlüsselbein versteckte. Sie fesselte meinen Blick… lenkte ihn auf die anderen versteckten Kurven…
    Ich streckte vorsichtig meine Hand nach der Strähne aus, darauf bedacht, ihre Haut nicht zu berühren – der Morgen war kühl genug auch ohne meine Berührung – und wickelte sie zurück in den losen Haarknoten, damit sie mich nicht wieder ablenken konnte. Ich erinnerte mich daran, wie Mike Newton ihr Haar berührt hatte, und ich biss meine Zähne zusammen bei dem Gedanken. Sie war vor ihm zurückgezuckt. Ihre Reaktion jetzt war keineswegs die gleiche; stattdessen weiteten sich ihre Augen ein wenig, Blut schoss ihr ins Gesicht und ihr Herzschlag wurde unregelmäßig.
    Ich versuchte mein Lächeln zu verbergen als ich ihre Frage beantwortete.
    „Ich denke, die erste Frage könntest du mit Ja beantworten… wenn es dir nichts ausmacht…“ ihre Wahl, immer ihre Wahl, „… es wäre einfacher als jede anderen Erklärung.“
    „Es macht mir nichts aus,“ flüsterte sie. Ihr Herz hatte seinen normalen Rhythmus noch nicht wiedergefunden.
    „Und ihre andere Frage…“ Jetzt konnte ich mein Lächeln nicht mehr verbergen. „Also die Antwort auf diese Frage würde ich selbst gern hören.“
    Darüber soll Bella erst mal nachdenken. Ich unterdrückte ein Lachen als ich den schockierten Ausdruck in ihrem Gesicht sah.
    Ich drehte mich schnell um, bevor sie noch weitere Fragen stellen konnte. Es war schwer für mich ihr nicht alles zu geben was sie wollte. Und ich wollte ihre Gedanken hören, nicht meine.
    „Wir sehen uns beim Mittagessen,“ rief ich ihr über die Schulter zu, eine Ausrede um zu sehen, ob sie mir immer noch hinterher starrte mit geweiteten Augen. Ihr Mund stand weit offen. Ich drehte mich wieder um und lachte.
    Als ich davon schlenderte war ich mir der geschockten und spekulierenden Gedanken um mich herum kaum bewusst – die Blicke wechselten zwischen Bellas Gesicht und meiner sich entfernenden Figur. Ich schenkte ihnen keine Aufmerksamkeit. Ich konnte mich nicht konzentrieren. Es war schon schwer genug meine Füße in einer akzeptablen Geschwindigkeit zu bewegen, als ich den feuchten Rasen zu meinem nächsten Kurs überquerte. Ich wollte rennen – richtig rennen, so schnell, dass ich verschwinden würde, so schnell, dass es sich anfühlte als würde ich fliegen. Ein Teil von mir flog bereits.
    Ich zog die Jacke an auf meinem Weg zum Unterricht und ließ mich von ihrem Duft einhüllen. Ich würde jetzt brennen – mich von dem Geruch desensibilisieren lassen – dann würde es später leichter zu ignorieren sein, wenn ich beim Mittagessen wieder mit ihr zusammen war…
    Es war gut, dass die Lehrer keine Lust mehr hatten mich aufzurufen. Heute würden sie mich wohl unvorbereitet und ohne Antwort erwischen. Meine Gedanken waren heute Morgen ganz woanders; nur mein Körper saß im Klassenraum.
    Natürlich beobachtete ich Bella. Das wurde langsam alltäglich – so automatisch wie Atmen. Ich hörte ihre Unterhaltung mit dem enttäuschten Mike Newton. Sie lenkte das Gespräch schnell auf Jessica und ich grinste so breit, dass Rob Sawyer, der rechts von mir saß, zusammenzuckte, tiefer in seinen Stuhl sank und sich von mir weglehnte.
    Ugh. Unheimlich.
    Also hatte ich es doch nicht ganz verloren.
    Außerdem beobachtete ich Jessica, wie sie ihre Fragen an Bella formulierte. Ich konnte die vierte Stunde genauso wenig erwarten wie das neugierige menschliche Mädchen, das den neuesten Tratsch hören wollte.
    Und ich belauschte auch Angela Weber.
    Ich hatte die Dankbarkeit die ich ihr gegenüber empfand nicht vergessen – erstens weil sie nur Gutes über Bella dachte und zweitens für ihre Hilfe letzte Nacht. Also wartete ich den ganzen Morgen darauf, dass mir irgendetwas auffiel, das sie haben wollte. Ich dachte, es würde einfach werden; wie bei jedem normalen Menschen musste es irgendeinen Quatsch geben, den sie unbedingt haben wollte. Mehrere vermutlich. Ich würde irgendetwas anonym schicken und uns für quitt erklären.
    Aber Angela erwies sich als genauso wenige entgegenkommend wie Bella mit ihren Gedanken. Sie war seltsam zufrieden für einen Teenager. Glücklich. Vielleicht war das der Grund für ihre unübliche Freundlichkeit – sie war eine der wenigen Menschen die hatten was sie wollten und wollten was sie hatten. Wenn sie mal nicht den Lehrern zuhörte und sich auf ihre Notizen konzentrierte, dann dachte sie an ihre kleinen Zwillingsbrüder, mit denen sie dieses Wochenende an den Strand fahren würde – malte sich aus wie viel Spaß sie haben würde mit einer fast elterlichen Zufriedenheit. Sie passte öfter mal auf sie auf, war aber nicht genervt davon… es war irgendwie süß.
    Aber es half mir nicht wirklich weiter.
    Es musste doch etwas geben, das sie sich wünschte. Ich würde nur weiter Ausschau halten müssen. Aber später. Jetzt war es Zeit für Bellas Mathestunde mit Jessica.
    Ich achtete nicht darauf wo ich lang ging als ich mich auf den Weg zu meinem Englischkurs machte. Jessica saß bereits auf ihrem Platz und klapperte mit beiden Füßen unruhig auf dem Boden herum während sie darauf wartete, dass Bella endlich kam.
    Sobald ich mich auf meinen Platz setzte wurde ich absolut ruhig. Ich musste mich daran erinnern mich hin und wieder zu bewegen. Um die Maskerade aufrecht zu erhalten. Es war schwer, da meine Gedanken so sehr auf die von Jessica konzentriert waren. Ich hoffte, dass sie sich wirklich Mühe geben würde, Bellas Gesicht für mich zu lesen.
    Jessicas Fußklappern wurde schneller als Bella den Raum betrat.
    Sie sieht… bedrückt aus. Warum? Vielleicht hat sie doch nichts mit Edward Cullen. Das wäre sicher eine Enttäuschung. Allerdings… wenn er immer noch zu haben ist… wenn er plötzlich Interesse an Verabredungen hat, würde ich ihm gern aushelfen…
    Bellas Gesicht sah nicht bedrückt aus, eher wiederwillig. Sie war besorgt – sie wusste, dass ich alles hören würde, was sie jetzt sagte. Ich lächelte in mich hinein.
    „Erzähl mir alles!“ verlangte Jessica als Bella noch damit beschäftigt war, ihre Jacke auszuziehen und über ihre Stuhllehne zu hängen. Sie bewegte sich bedächtig, unwillig.
    Ugh, sie ist so langsam. Lass uns endlich zu den interessanten Themen kommen!
    „Was möchtest du wissen?“ fragte Bella, als sie sich setzte.
    „Was ist letzte Nacht passiert?“
    „Er hat mich zum Essen eingeladen und dann nach Hause gefahren.“
    Und dann? Komm schon, da muss doch noch mehr passiert sein! Sie lügt sowieso, das weiß ich. Ich werde sie darauf ansprechen.
    „Wie bist du so schnell nach Hause gekommen?“
    Ich sah wie Bella ihre Augen verdrehte.
    „Er fährt wie ein Verrückter. Es war schrecklich.“
    Sie lächelte leicht und ich lachte laut auf womit ich Mr. Masons Ausführungen unterbrach. Ich versuchte aus dem Lachen ein Husten werden zu lassen, aber ich konnte niemanden mehr täuschen. Mr. Mason warf mir einen irritierten Blick zu, aber ich kümmerte mich nicht um die Gedanken die dahinter steckten. Ich lauschte immer noch auf Jessica.
    Hmm. Hört sich so an als ob sie die Wahrheit sagt. Warum lässt sie sich jedes Wort einzeln aus der Nase ziehen? An ihrer Stelle würde ich alles so laut ich könnte heraus posaunen.
    „Ward ihr verabredet – hast du ihm gesagt, dass ihr euch dort treffen sollt?“
    Jessica sah die Überraschung in Bellas Gesicht und war enttäuscht darüber dass sie echt war.
    „Nein – ich war eher überrascht ihn dort zu sehen,“ erzählte Bella ihr.
    Was geht ihr vor?? „Aber er hat dich heute zur Schule abgeholt?“ Da muss doch noch mehr dahinter stecken.
    „Ja – das war auch eine Überraschung. Er hat mitbekommen, dass ich gestern keine Jacke hatte.“
    Das ist ja nicht gerade spannend, dachte Jessica wieder enttäuscht.
    Ihre Fragestellung ermüdete mich – ich wollte etwas hören, dass ich noch nicht wusste. Ich hoffte, dass sie nicht zu unzufrieden war und das Verhör beendete bevor sie die Fragen gestellt hatte, die mich wirklich interessierten.
    „Also, seid ihr wieder verabredet?“ fragte Jessica.
    „Er hat mir angeboten mich am Samstag nach Seattle zu fahren, weil er denkt, dass mein Truck die Strecke nicht schafft – zählt das?“
    Hmm. Er scheint sich große Mühe zu geben um… naja, auf sie aufzupassen, irgendwie. Also muss da etwas von seiner Seite aus sein, wenn schon nicht von ihrer. Wie kann das sein? Bella ist verrückt.
    „Ja,“ beantwortete Jessica Bellas Frage.
    „Also dann,“ schloss Bella. „Ja.“
    „Wow… Edward Cullen.“ Egal ob sie auf ihn steht oder nicht, dass ist schon was.
    „Ich weiß,“ seufzte Bella.
    Der Ton in ihrer Stimme ermutigte Jessica. Na endlich – hört sich so an, als hätte sie es begriffen! Sie muss doch merken…
    „Warte!“ sagte Jessica und erinnerte sich plötzlich an die wichtigste aller Fragen. „Hat er dich geküsst?“ Bitte sag ja. Und dann beschreib jede Sekunde!
    „Nein,“ murmelte Bella und dann sah sie auf ihre Hände und ihr Gesicht verfinsterte sich. „So ist es irgendwie nicht.“
    Verdammt. Ich wünschte… Ha. Sieht so aus, als ob sie es sich auch wünschte.
    Ich runzelte die Stirn. Bella sah wegen irgendetwas besorgt aus, aber es konnte nicht Enttäuschung sein, wie Jessica vermutete. Das konnte sie nicht wollen. Nicht bei dem was sie wusste. Sie konnte meinen Zähnen nicht so nahe kommen wollen. Demnach zu urteilen was sie wusste, hatte ich Reißzähne.
    Ich schauderte.
    „Glaubst du am Samstag…?“ stachelte Jessica.
    Bella sah noch frustrierter aus, als sie sagte, „Das bezweifle ich.“
    Ja, sie wünscht es sich. Es ärgert sie.
    Lag es daran, dass ich all das durch Jessicas Perspektive beobachtete, dass es so aussah, als hätte Jessica recht?
    Für eine halbe Sekunde war ich von der Idee, der Unmöglichkeit, abgelenkt, wie es sein könnte sie zu küssen. Meine Lippen auf ihren Lippen, kalter Stein auf warmer, weicher Seide…
    Und dann stirbt sie.
    Ich zuckte zusammen, schüttelte meinen Kopf und versuchte wieder aufzupassen.
    „Worüber habt ihr euch unterhalten?“ Hast du überhaupt mit ihm geredet oder hast du dir von ihm auch alles aus der Nase ziehen lassen?
    Ich lächelte wehmütig. Jessica lag nicht ganz falsch.
    „Ich weiß nicht, Jess, alles mögliche. Wir haben uns ein bisschen über den Englisch-Aufsatz unterhalten.“
    Ein ganz kleines bisschen. Mein Lächeln wurde breiter.
    Oh, KOMM SCHON. „Bitte, Bella! Gib mir ein paar Einzelheiten.“
    Bella überlegte einen Moment.
    „Naja… ok, ich hab was. Du hättest sehen sollen wie die Kellnerin mit ihm geflirtet hat – das war der Hammer. Aber er hat sie nicht mal beachtet.“
    Was für eine seltsame Einzelheit. Ich war überrascht, dass Bella das überhaupt bemerkt hatte. Es war so unbedeutend.
    Interessant… „Das ist ein gutes Zeichen. War sie hübsch?“
    Hmm. Jessica schien das wichtiger zu finden, als ich. Muss wohl irgendein Frauending sein.
    „Sehr,“ sagte Bella. „Und vielleicht neunzehn oder zwanzig.“
    Jessica war einen Moment von einer Erinnerung an ihr Date mit Mike am Montag abgelenkt – Mike war ein wenig zu freundlich zu einer Kellnerin gewesen, die Jessica nicht mal hübsch fand. Sie schob die Erinnerung beiseite und kam ohne sich etwas von ihrem Ärgern anmerken zu lassen zu ihrer Frage nach Einzelheiten zurück.
    „Noch besser. Er muss dich wirklich mögen.“
    „Das glaube ich auch,“ sagte Bella langsam. Ich konnte mich kaum noch auf meinem Stuhl halten, blieb aber immer noch absolut ruhig. „Aber das ist schwer zu sagen. Er ist immer so kryptisch.“
    Ich war wohl doch nicht so leicht zu durchschauen und außer Kontrolle wie ich gedacht hatte. Dennoch… aufmerksam wie sie war… Wie konnte sie nicht bemerken, dass ich sie liebte? Ich ging in Gedanken unsere Unterhaltung durch und war überrascht, dass ich die Worte nicht laut ausgesprochen hatte. Es hatte sich angefühlt als wäre dieses Wissen in jedem Wort zwischen uns mitgeschwungen.
    Wow. Wie kannst du einem männlichen Model gegenübersitzen und dich unterhalten? „Ich verstehe nicht wie du den Mut aufbringst mit ihm allein zu sein,“ sagte Jessica.
    Bella war für einen kurzen Moment geschockt. „Warum?“
    Seltsame Reaktion. Was denkt sie denn was ich meine? „Er ist so…“ Wie ist das richtige Wort? „Einschüchternd. Ich wüsste nicht was ich zu ihm sagen sollte.“ Ich konnte heute Morgen ja nicht mal richtig englisch (in unserem Fall wohl eher deutsch) mit ihm reden. Ich muss mich wie ein kompletter Vollidiot angehört haben.
    Bella lächelte. „Ich hab auch ein wenig Probleme mich in seiner Gegenwart normal zu verhalten.“
    Sie schien zu versuchen Jessica ein besseres Gefühl zu geben. Sie war so unnatürlich selbstbeherrscht gewesen als wir zusammen waren.
    „Oh naja,“ seufzte Jessica. „Er sieht ja auch einfach fantastisch aus.“
    Bellas Gesichtsausdruck wurde plötzlich kühl. Ihre Augen blitzen auf, wie sie es taten, wenn Bella sich über Ungerechtigkeiten ärgerte. Jessica bemerkte die Veränderung nicht.
    „Da ist noch viel mehr an ihm als das,“ schnappte Bella.
    Oooh. Jetzt kommen wir der Sache langsam näher. „Ehrlich? Was denn?“
    Bella nagte einen Moment an ihrer Lippe. „Ich kann es nicht wirklich erklären,“ sagte sie schließlich. „Aber er ist noch viel unglaublicher hinter der Oberfläche.“ Sie sah an Jessica vorbei, ein bisschen desorientiert, als ob sie etwas in sehr weiter Ferne anstarrte.
    Das was ich jetzt fühlte war ein bisschen so wie das Gefühl das ich hatte, wenn Carlisle oder Esme mich mehr lobten als ich es verdiente. Ähnlich aber intensiver, verzehrender.
    Verkauf mich nicht für dumm – es gibt nichts Besseres als sein Gesicht! Außer sein Körper vielleicht. Schmelz. „Das geht?“ kicherte Jessica.
    Bella wandte sich nicht um. Ihr Blick war immer noch in die Ferne gerichtet.
    Ein normaler Mensch würde sich hämisch freuen. Vielleicht sollte ich die Fragen einfacher formulieren. Ha ha. Als wenn ich mit einem Kindergartenkind reden würde. „Also magst du ihn?“
    Ich war wieder starr.
    Bella sah Jessica nicht an. „Ja.“
    „Ich meine, magst du ihn so richtig?“
    „Ja.“
    Sieh sich einer an, wie rot sie wird!
    Ich sah es mir an.
    „Wie sehr magst du ihn?“ verlangte Jessica zu wissen.
    Der Klassenraum hätte um mich herum in Flammen aufgehen können und ich hätte es nicht bemerkt.
    Bellas Gesicht war jetzt knallrot – ich konnte die Hitze fast spüren.
    „Zu sehr,“ flüsterte sie. „Mehr als er mich mag. Aber ich wüsste nicht, wie ich das ändern könnte.“
    Treffer! Was hat Mr. Varner gerade gefragt? „Ähm – welche Nummer Mr. Varner?“
    Es war gut, dass Jessica Bella nicht mehr ausfragen konnte. Ich brauchte ein Minute Pause.
    Was zur Hölle dachte dieses Mädchen denn jetzt? Mehr als er mich mag? Wie kam sie denn darauf? Aber ich wüsste nicht wie ich das ändern könnte? Was sollte das denn heißen? Ich konnte keine logische Erklärung für diese Worte finden. Sie waren absolut unsinnig.
    Anscheinend konnte ich nichts für Selbstverständlich annehmen. Offensichtliche Dinge, Dinge die einen Sinn ergaben, wurden auf seltsame Weise verdreht und ins Gegenteil umgewandelt in ihrem bizarren Gehirn. Mehr als er mich mag? Vielleicht sollte ich die Karten sofort offen auf den Tisch legen.
    Ich warf einen Blick auf die Uhr und biss die Zähne zusammen. Wie konnten sich schlichte Minuten für einen Unsterblich so lang anfühlen?
    Mein Kiefer war während der gesamten Mathestunde von Mr. Varner zusammengepresst. Ich hörte mehr von seinem Unterricht als von dem in dem ich saß. Bella und Jessica sprachen nicht wieder, aber Jessica warf Bella hin und wieder einen verstohlenen Blick zu und ihr Gesicht war wieder puterrot ohne ersichtlichen Grund.
    Die Mittagspause konnte gar nicht schnell genug kommen.
    Ich war mir nicht sicher, ob Jessica ein paar der Antworten die ich hören wollte aus Bella herausbekäme, wenn die Stunde zu Ende war, aber Bella war schneller.
    Sobald die Klingel ertönte, drehte Bella sich zu Jessica.
    „In Englisch hat Mike mich gefragt ob du irgendetwas wegen Montag gesagt hättest,“ sagte Bella mit einem breiten Lächeln im Gesicht. Ich verstand es genauso wie es gemeint war – Angriff ist die beste Verteidigung.
    Mike hat nach mir gefragt? Die Freude ließ Jessicas Gedanken plötzlich weicher werden, ohne ihren typischen Biss. „Ist nicht war! Was hast du gesagt?“
    „Ich sagte ihm, dass du erzählt hast, dass ihr sehr viel Spaß hattet – und er sah zufrieden aus.“
    „Sag mir genau was er gesagt hat und dann haargenau was du geantwortet hast!“
    Das war alles was ich heute von Jessica bekommen würde. Bella lächelte als würde sie dasselbe denken. Als wenn sie die Runde gewonnen hätte.
    Naja, das Mittagessen war eine andere Geschichte. Ich würde die Antworten erfolgreicher aus ihr rausbekommen als Jessica, dafür würde ich sorgen.
    Ich hielt es kaum aus, obligatorisch in Jessicas Gedanken reinzuschauen während der vierten Stunde. Ich hatte kein verlangen nach ihren obsessiven Gedanken über Mike Newton. Ich hatte mehr als genug von ihm in den letzten zwei Wochen. Er hatte Glück, dass er überhaupt noch am Leben war.
    Ich bewegte mich teilnahmslos mit Alice durch den Sportunterricht, so wie wir uns immer bewegten wenn es zu körperlichen Aktivitäten mit Menschen kam. Natürlich war sie meine Partnerin. Es war der erste Tag Badminton. Ich seufzte vor Langeweile als ich den Schläger in Zeitlupe bewegte um den Federball zurück zur anderen Seite zu schlagen. Lauren Mallory war in dem andern Team; Sie verfehlte. Alice wirbelte ihren Schläger herum wie einen Taktstock und starrte an die Decke.
    Wir alle hassten Sport, besonders Emmett. Ein Spiel zu schmeißen war eine Beleidigung für seine persönliche Philosophie. Sport schien noch schlimmer zu sein, als sonst – ich war genauso verärgert wie Emmett immer war.
    Bevor mein Kopf vor Ungeduld platzen konnte beendete Coach Clapp das Spiel und entließ uns ein paar Minuten früher. Ich war lächerlicherweise dankbar dafür, dass er das Frühstück ausgelassen hatte – seine neue Diät – und der konsequente Hunger veranlasste ihn dazu, so schnell wie möglich das Schulgelände zu verlassen um irgendwo ein fettiges Mittagessen zu sich zu nehmen. Er versprach sich selbst, morgen wieder von vorn anzufangen.
    Dadurch hatte ich genug Zeit zum Mathe-Gebäude zu kommen bevor Bellas Unterricht zu Ende war.
    Viel Spaß, dachte Alice, als sie davon schlenderte um sich mit Jasper zu treffen. Ich muss nur noch ein paar Tage lange geduldig abwarten. Ich vermute mal du wirst Bella nicht von mir grüßen, oder?
    Ich schüttelte verärgert meinen Kopf. Waren alle Medien so selbstgefällig?
    Ach ja, nur zu deiner Information, dieses Wochenende wird sehr sonnig werden. Vielleicht möchtest du deine Pläne ändern.
    Ich seufzte während ich weiter in die andere Richtung ging. Selbstgefällig, aber auch nützlich.
    Ich lehnte mich an die Wand neben der Tür und wartete. Ich war nahe genug um Jessicas Worte genauso deutlich durch die Wand hören zu können wie ihre Gedanken.
    „Du wirst heute nicht bei uns sitzen, oder?“ Sie sieht so… strahlend aus. Ich wette sie hat mir tonnenweise Informationen vorenthalten.
    „Ich denke nicht,“ antwortete Bella seltsam unsicher.
    Hatte ich nicht versprochen das Mittagessen mit ihr zu verbringen? Was dachte sie bloß?
    Sie kamen zusammen aus der Klasse heraus und beide Mädchen rissen die Augen auf, als sie mich sahen. Aber ich konnte nur Jessica hören.
    Nett. Wow. Oh ja, da geht noch viel mehr als sie mir erzählt hat. Vielleicht sollte ich sie heute Abend mal anrufen… Oder vielleicht sollte ich sie nicht ermutigen. Hm. Ich hoffe, er hat bald genug von ihr. Mike ist süß aber… wow.
    „Wir sehen uns dann später, Bella.“
    Bella kam auf mich zu und hielt einen Schritt von mir entfernt an, immer noch unsicher. Die Haut über ihren Wangenknochen war leicht gerötet.
    Ich kannte sie mittlerweile gut genug um zu wissen, dass hinter ihrem Zögern keine Angst steckte. Anscheinend lag es an dieser Kluft die sie sich zwischen unseren Gefühlen einbildete. Mehr als er mich mag. Absurd!
    „Hallo,“ sagte ich, ein bisschen sehr knapp.
    Ihr Gesicht erhellte sich. „Hi.“
    Es sah nicht so aus, als wollte sie noch mehr sagen, also führte ich sie zur Cafeteria und sie ging schweigend neben mir her.
    Die Jacke hatte gewirkt – ihr Duft war nicht so überwältigend wie sonst. Es war nur eine leichte Verstärkung der Schmerzen die ich bereits spürte. Ich konnte es leichter ignorieren als ich einst für möglich gehalten hatte.
    Bella war unruhig als wir in der Schlange warteten, spielte abwesend mit dem Reißverschluss ihrer Jacke und trat von einem Fuß auf den anderen. Sie warf mir viele verstohlene Blicke zu, und wenn ich zurück sah, senkte sie ihren Blick, als ob sie sich schämte. Lag es daran, dass uns so viele Leute anstarrten? Vielleicht konnte sie das Getuschel um uns herum hören – das Getratsche war heute verbal und mental das gleiche.
    Oder vielleicht sah sie an meinem Gesichtsausdruck, dass sie in Schwierigkeiten war.
    Sie sagte nichts, bis ich anfing das Mittagessen für sie aufs Tablett zu laden. Ich wusste nicht, was sie mochte – noch nicht – also nahm ich von allem etwas.
    „Was machst du da?“ zischte sie leise. „Soll das alles für mich sein?“
    Ich schüttelte meinen Kopf und trug das Tablett zur Kasse. „Die Hälfte ist natürlich für mich.“
    Sie hob skeptisch eine Augenbraue, sagte aber nichts weiter während ich bezahlte und sie zu dem Tisch geleitete an dem wir letzte Woche vor dem tragischen Experiment bzgl. Blutgruppenbestimmung gesessen hatten. Es wirkte so, als währen viel mehr als nur ein paar Tage vergangen. Alles war anders.
    Sie setzte sich wieder mir gegenüber. Ich schob das Tablett zu ihr herüber.
    „Nimm dir was du magst,“ bot ich ihr an.
    Sie nahm einen Apfel und drehte ihn in ihren Händen mit einem Abschätzenden Ausdruck in ihren Augen.
    „Ich bin neugierig.“
    Was für eine Überraschung.
    „Was würdest du tun, wenn dich jemand zwingen würde, etwas zu essen?“ fuhr sie mit leiser Stimme fort, so dass kein menschliches Ohr sie hören konnte. Unsterbliche Ohren waren etwas anderes, wenn diese Ohren aufpassen würden. Ich hätte es ihnen wohl doch besser früher sagen sollen…
    „Du bist immer neugierig,“ beschwerte ich mich. Aber naja. Es war ja nicht so, als hätte ich noch nie vorher was essen müssen. Es war ein Teil des Versteckspiels. Ein unangenehmer Teil.
    Ich griff nach dem nächstbesten Etwas und hielt ihrem Blick stand während ich einen kleinen Bissen von was auch immer nahm. Ohne nachzusehen konnte ich es nicht sagen. Es war genauso schleimig und grob und widerwärtig wie alles menschliche Essen. Ich kaute schnell und versuchte nicht das Gesicht zu verziehen während ich schluckte. Der Klumpen Essen rutschte langsam und unangenehm meinen Hals hinunter. Ich seufzte bei der Vorstellung wie ich ihn später wieder herauswürgen müsste. Widerlich.
    Bella war geschockt. Beeindruckt.
    Ich wollte meine Augen verdrehen. Natürlich hatten wir diese Täuschung perfektioniert.
    “Wenn dich jemand zwingen würde, Erde zu essen, könntest du es doch auch, oder?”
    Sie kräuselte ihre Nase und lächelte. „Hab ich mal… wegen einer Wette. So schlimm war es gar nicht.“
    Ich lachte. „Das überrascht mich nicht.“
    Sie sehen gut zusammen aus, nicht war? Gute Körpersprache. Ich werde Bella meine Beobachtungen später erzählen. Er lehnt sich zu ihr hin, genau wie er es tun würde, wenn er interessiert wäre. Er sieht interessiert aus. Er sieht… perfekt aus. Jessica seufzte. Lecker.
    Jessicas und mein Blick trafen sich, sie schaute nervös weg und kicherte mit dem Mädchen das neben ihr saß.
    Hmmm. Vielleicht sollte ich mich doch besser an Mike halten. Realität, nicht Fantasie…
    „Jessica analysiert alles was ich tue,“ informierte ich Bella. „Sie wird es später alles vor dir ausbreiten.“
    Ich schob das Tablett wieder zu ihr herüber – Pizza, stellte ich fest – und überlegte wie ich am besten anfangen sollte. Meine vorherige Frustration kehrte zurück als ich die Worte in meinem Kopf wiederholte: Mehr als er mich mag. Aber ich wüsste nicht, wie ich das ändern könnte.
    Sie nahm einen Bissen von demselben Stück Pizza. Es amüsierte mich, wie vertrauensvoll sie war. Natürlich wusste sie nicht, dass ich giftig war – nicht das Essen teilen sie verletzen würde. Dennoch erwartete ich irgendwie, dass sie mich anders behandelte. Wie etwas anderes. Das tat sie nie – jedenfalls nicht auf eine negative Art und Weise…
    Ich würde langsam anfangen.
    „Die Kellnerin war also hübsch?“
    Sie hob wieder die Augenbraue. „Das hast du wirklich nicht bemerkt?“
    Als ob irgendeine Frau hoffen konnte mich von Bella abzulenken. Schon wieder absurd.
    „Nein, ich hab nicht drauf geachtet. Mir ging viel im Kopf herum.“ Nicht zuletzt die weiche Berührung ihrer dünnen Bluse…
    Gut, dass sie heute diesen hässlichen Pullover trug.
    „Die Ärmste,“ sagte Bella lächelnd.
    Es gefiel ihr dass ich die Kellnerin nicht im Geringsten interessant gefunden hatte. Das konnte ich verstehen. Wie oft hatte ich mir vorgestellt Mike im Biologieraum auszuschalten?
    Sie konnte nicht wirklich glauben, dass ihre menschlichen Gefühle, die Erfüllung ihrer siebzehn sterblichen Jahre, stärker sein konnten, als die Unsterbliche Leidenschaft die sich in mir in einem Jahrhundert aufgebaut hatte.
    „Etwas dass du zu Jessica gesagt hast…“ ich schaffte es nicht locker zu klingen. „Naja, es stört mich.“
    Sie nahm sofort eine Verteidigungshaltung an. „Es überrascht mich nicht, dass du etwas gehört hast, dass dir nicht gefällt. Du weißt was man über den Lauscher an der Wand sagt?“
    Der Lauscher an der Wand hört seine eigene Schand, das sagt man.
    „Ich hab dir gesagt, dass ich zuhören würde,“ erinnerte ich sie.
    „Und ich hab dir gesagt, dass du nicht alles wissen willst, was ich denke.“
    Ah, sie dachte wieder an die Situation in der ich sie zum Weinen gebracht hatte. Ich hatte einen Kloß im Hals vor Reue. „Das stimmt. Dennoch hast du nicht ganz recht. Ich möchte wissen was du denkst – alles. Ich wünschte nur… dass du manchen Dinge nicht denken würdest.“
    Mehr Halbwahrheiten. Ich wusste, ich sollte nicht wollen, dass sie mich mochte. Aber ich wollte es. Natürlich wollte ich es.
    „Das ist aber nun mal eine Tatsache,“ grummelte sie und warf mir einen finsteren Blick zu.
    „Aber darum geht es jetzt nicht.“
    „Worum geht es dann?“
    Sie lehnte sich zu mir herüber mit ihrer Hand um ihren Hals gelegt. Das erregte meine Aufmerksamkeit – lenkte mich ab. Wie weich sich diese Haut anfühlen musste…
    Konzentrier dich, ermahnte ich mich.
    „Glaubst du wirklich, dass du mehr für mich empfindest als ich für dich?“ fragte ich. Die Frage hörte sich lächerlich an, als ob die Worte zusammenhanglos wären.
    Sie riss die Augen auf und hielt den Atem an. Dann sah sie schnell weg und atmete mit einem Keuchen weiter.
    „Du tust es schon wieder,“ murmelte sie.
    „Was?“
    „Mich blenden,“ gab sie zu und erwiderte vorsichtig meinen Blick.
    „Oh.“ Hmm. Ich war mir nicht sicher, was ich dagegen tun könnte. Noch war ich mir sicher, dass ich sie nicht blenden wollte. Ich war immer noch aufgeregt, weil ich es konnte. Aber das half der Unterhaltung nicht weiter.
    „Es ist nicht deine Schuld.“ Seufzte sie. „Du kannst nichts dafür.“
    „Wirst du mir meine Frage beantworten?“ verlangte ich.
    Sie starrte auf den Tisch. „Ja.“
    Das war alles was sie sagte.
    „Ja, du wirst die Frage beantworten, oder ja, du glaubst es wirklich?“ fragte ich ungeduldig.
    „Ja, ich glaube es wirklich,“ sagte sie ohne aufzuschauen. Da war ein leicht trauriger Unterton in ihrer Stimme. Sie errötete wieder und ihre Zähne begannen wieder ihre Lippe zu bearbeiten.
    Plötzlich bemerkte ich, dass es sehr schwer für sie sein musste, das zuzugeben, da sie es wirklich glaubte. Und ich war nicht besser als dieser Feigling Mike, das ich von ihr verlangte ihre Gefühle preiszugeben bevor ich meine offenlegte. Es war nicht zu ihr durchgedrungen also musste ich mich entschuldigen.
    „Da liegst du falsch,“ versprach ich. Sie musste die Sanftmut in meiner Stimme hören.
    Bella sah zu mir auf, ihre Augen waren unklar und gaben nichts preis. „Das kannst du nicht wissen,“ flüsterte sie.
    Sie dachte, dass ich ihre Gefühle unterschätze, da ich ihre Gedanken nicht hören konnte. Aber die Wahrheit war, dass sie meine unterschätze.
    „Warum denkst du das?“ wunderte ich mich.
    Sie starrte mich an mit der Falte zwischen ihren Augenbrauen und kaute auf ihrer Lippe. Zum millionsten Mal wünschte ich mir verzweifelt, sie einfach nur hören zu können.
    Ich wollte sie gerade anbetteln mir zu sagen mit welchen Gedanken sie gerad zu kämpfen hatte, aber sie hielt einen Finger hoch um mich davon abzuhalten.
    „Lass mich nachdenken,“ bat sie.
    So lange sie nur ihre Gedanken sortierte konnte ich geduldig sein.
    Oder zumindest so tun als ob.
    Sie presste ihre Hände zusammen, verschlang ihre zarten Finger ineinander und löste sie wieder. Sie sah auf ihre Hände, als gehörten sie zu jemand anderem, während sie sprach.
    „Naja, abgesehen von den offensichtlichen Dingen,“ murmelte sie. „Manchmal… ich kann es nicht mit Sicherheit sagen – ich weiß nicht, wie man Gedanken liest – aber manchmal ist es so als würdest du dich verabschieden obwohl du etwas ganz anderes sagst.“ Sie schaute nicht auf.
    Das hatte sie also bemerkt. Hatte sie auch bemerkt dass es nur Schwäche und Egoismus waren die mich hier hielten? Dachte sie deswegen schlecht von mir?
    „Gut erkannt,“ hauchte ich und dann sah ich mit Entsetzen ihren schmerzerfüllten Gesichtsausdruck. Ich beeilte mich ihre Annahme zu wiederlegen. „Aber genau deshalb liegst du falsch. Allerdings…“ Fing ich an und hielt dann inne, während ich mich an die ersten Worte ihrer Erklärung erinnerte. Sie störten mich, obwohl ich mir nicht sicher war, dass ich sie richtig verstanden hatte. „Was meinst du mit den ‚offensichtlichen Dingen‘?“
    „Naja, sie mich doch mal an,“ sagte sie.
    Ich sah sie an. Alles was ich die ganze Zeit tat, war sie anzusehen. Was meinte sie?
    „Ich bin vollkommen durchschnittlich,“ erklärte sie. „Naja, abgesehen von den schlechten Dingen wie die ganzen Nahtoderfahrungen und die Ungeschicklichkeit. Und dann sieh dich an.“ Sie fächerte durch die Luft in meine Richtung, als ob sie über etwas redete, dass so offensichtlich war, dass man es nicht aussprechen müsste.
    Sie dachte sie wäre durchschnittlich? Sie dachte dass ich irgendwie besser wäre als sie? In wessen Vorstellung? Dumme, kleingeistige, blinde menschliche wie die von Jessica oder Ms. Cope? Wie konnte sie nicht merken, dass sie die schönste… die herrlichste… Diese Worte waren nicht annähernd gut genug.
    Sie hatte keine Ahnung.
    „Du siehst dich selbst nicht gerade klar, weißt du,“ erkläre ich ihr. „Ich gebe zu, dass du recht hast, was die schlechten Eigenschaften angeht…“ ich lachte humorlos. Ich fand das böse Schicksal das sie verfolgte nicht amüsant. Die Ungeschicklichkeit jedoch war irgendwie witzig. Liebenswert. Würde sie mir glauben, wenn ich ihr sagte, dass sie sowohl äußerlich als auch innerlich schön war? Vielleicht fand sie Untermauerungen überzeugender. „Aber du hast nicht gehört was jedes männliche Wesen hier an deinem ersten Tag gedacht hat.“
    Ah, die Hoffnung, die Aufregung, die Begierde dieser Gedanken. Wie schnell sie zu unmöglichen Fantasien geworden waren. Unmöglich weil sie keinen von ihnen wollte.
    Ich war derjenige zu dem sie Ja gesagt hatte.
    Mein Lächeln muss selbstgefällig gewesen sein.
    Ihr Gesicht war Ausdruckslos vor Überraschung. „Das glaube ich nicht,“ murmelte sie.
    „Vertrau mir nur dieses eine Mal – du bist das Gegenteil von durchschnittlich.“
    Ihre Existenz war Grund genug die Schöpfung der Welt zu rechtfertigen.
    Sie war Komplimente nicht gewöhnt, das konnte ich sehen. Wieder etwas an das sie sich würde gewöhnen müssen. Sie errötete und wechselte das Thema. „Aber ich verabschiede mich nicht.“
    „Verstehst du denn nicht? Das beweist doch dass ich recht habe. Ich empfinde viel mehr für dich, denn wenn ich das tun kann…“ Würde ich je selbstlos genug sein um das Richtige zu tun? Ich schüttelte verzweifelt meinen Kopf. Ich würde die Kraft aufbringen müssen. Sie verdiente ein Leben. Nicht das was Alice für sie kommen sah. „Wenn es das richtige ist, zu gehen…“ Und es musste das Richtige sein, oder nicht? Es gab keinen unbekümmerten Engel. Bella gehörte nicht zu mir. „Dann würde ich mir selbst Schmerzen zufügen um dir keine zu bereiten, damit du sicher bist.“
    Als ich die Worte aussprach wünschte ich mir dass sie wahr wären.
    Sie warf mir einen wütenden Blick zu. Irgendwie hatten meine Worte sie verärgert. „Und du glaubst nicht, dass ich das selbe tun würde?“ fragte sie zornig.
    So wütend – so zart und so zerbrechlich. Wie könnte sie jemanden verletzen? „Du würdest diese Wahl nie treffen müssen,“ erklärte ich ihr, erneut deprimiert von dem großen Unterschied zwischen uns.
    Sie starrte mich wieder an und Überzeugung ersetzte den Ärger in ihren Augen und betonte die Falte zwischen ihnen.
    Da musste wirklich etwas absolut falsch sein im Universum wenn jemand so Gutes und so Zerbrechliches keinen Schutzengel verdiente, der sie vor Unheil bewahrte.
    Naja, dachte ich mit schwarzem Humor, immerhin hat sie einen Schutz-Vampir.
    Ich lächelte. Wie sehr ich meine Ausrede zu bleiben liebte. „Natürlich ist dich zu schützen ein Full-Time-Job, der meine ständige Anwesenheit erfordert.“
    Sie lächelte auch. „Heute hat noch keiner versucht mich umzubringen,“ sagte sie leichthin und dann sah ihr Gesicht für eine halbe Sekunde wieder nachdenklich aus bevor ihre Augen wieder unklar wurden.
    „Noch,“ fügte ich trocken hinzu.
    „Noch,“ stimmte sie zu meiner Überraschung zu. Ich hätte gedacht, dass sie es ablehnen würde, Schutz zu benötigen.
    Wie konnte er nur? Dieser Egoistische Esel! Wie konnte er uns das antun? Rosalies stechender mentaler Aufschrei brach durch meine Konzentration.
    „Beruhig dich, Rose,“ hörte ich Emmett am anderen Ende der Cafeteria flüstern. Sein Arm lag auf ihren Schultern und presste sie fest an seiner Seite – hielt sie zurück.
    Tut mir leid Edward, dachte Alice schuldbewusst. Sie konnte sich denken, dass Bella zu viel wusste wegen eurer Unterhaltung… und, naja, es wäre schlimmer gewesen, wenn ich ihr nicht sofort die Wahrheit gesagt hätte. Das kannst du mir glauben.
    Ich zuckte zusammen bei der Vision die folgte, was passiert wäre, wenn ich Rosalie zu Hause erzählt hätte, dass Bella wusste, dass ich ein Vampir war, wo Rosalie die Fassade nicht aufrecht erhalten musste. Ich würde meinen Aston Martin außerhalb der Staatsgrenze verstecken müssen, wenn Rosalie sich nicht beruhigt hatte, bis die Schule vorbei war. Die Vorstellung von meinem Lieblingsauto, zerquetscht und brennend, war niederschmetternd – trotzdem wusste ich, dass ich die Strafe verdiente.
    Jasper war nicht viel glücklicher.
    Ich würde mich später um die anderen kümmern. Ich hatte nur begrenzte Zeit um mit Bella allein zu sein und die wollte ich nicht verschwenden. Und Alice zu hören hatte mich daran erinnert, dass ich noch etwas zu klären hatte.
    „Ich hab noch eine Frage an dich,“ sagte ich und blendete Rosalies mentalen Hysterie Anfall aus.
    „Schieß los,“ sagte Bella lächelnd.
    „Musst du dieses Wochenende wirklich nach Seattle oder war das nur eine Ausrede um deinen ganzen Verehrern zu entkommen?“
    Sie schnitt mir eine Grimasse. „Du weißt, dass ich dir die Sache mit Tyler noch nicht verziehen habe. Es ist deine Schuld, dass er denkt ich würde mit ihm zum Abschlussball gehen.“
    „Oh, er hätte auch ohne mich eine Möglichkeit gefunden dich zu fragen – ich wollte einfach nur dein Gesicht sehen.“
    Ich lachte bei der Erinnerung an ihren entgeisterten Ausdruck. Keine von den dunklen Wahrheiten die ich ihr über mich preisgegeben habe, hat sie je so entsetzt gucken lassen. Die Wahrheit machte ihr keine Angst. Sie wollte mit mir zusammen sein. Verblüffend.
    „Wenn ich dich gefragt hätte, hättest du mich auch zurückgewiesen?“
    „Vermutlich nicht,“ sagte sie. „Aber ich hätte dir später abgesagt – hätte eine Krankheit oder einen gebrochenen Knöchel vorgetäuscht.“
    Wie seltsam. „Warum solltest du so etwas tun?“
    Sie schüttelte ihren Kopf als wenn sie enttäuscht wäre, dass ich es nicht sofort verstand. „Du hast mich noch nie in Sport gesehen, vermute ich, aber ich hätte gedacht, dass du es trotzdem verstehen würdest.“
    Ah. „Beziehst du dich auf die Tatsache, dass du nicht über eine glatte, ebene Fläche laufen kannst ohne etwas zu finden worüber du stolpern kannst?“
    „Offensichtlich.“
    „Das wäre kein Problem. Es kommt nur auf die Führung an.“
    Für den Bruchteil einer Sekunde war ich überwältigt von der Vorstellung sie beim Tanzen in meinen Armen zu halten – wo sie mit Sicherheit etwas Schöneres und Ansprechenderes tragen würde, als diesen hässlichen Pullover.
    Mit absoluter Klarheit erinnerte ich mich daran wie sich ihr Körper unter mir angefühlt hatte, als ich sie vor dem heran rutschenden Van gerettet hatte. Noch stärker als an die Panik, oder die Verzweiflung oder den Ärger, erinnerte ich mich an dieses Gefühl. Sie war so warm und weich gewesen und hatte sich so leicht an meinen steinernen Körper angepasst…
    Ich riss mich von dieser Erinnerung los.
    „Aber du hast mir noch nicht gesagt…“ sagte ich schnell um sie davon abzuhalten mit mir über ihre Ungeschicklichkeit zu diskutieren, was sie scheinbar vor hatte. „Musst du unbedingt nach Seattle oder können wir auch was anderes machen?“
    Unaufrichtig – ihr die Wahl überlassen ohne ihr die Möglichkeit einzuräumen den Tag ohne mich zu verbringen. Das war nicht wirklich fair von mir. Aber ich hatte ihr letzte Nacht etwas versprochen… und mir gefiel die Idee diesen Versprechen zu halten – fast so sehr wie diese Idee mich ängstigte.
    Die Sonne würde am Samstag scheinen. Ich könnte ihr mein wahres Ich zeigen, wenn ich stark genug wäre ihr Entsetzen und ihren Ekel zu ertragen. Ich kannte den perfekten Ort um ein solches Risiko einzugehen.
    „Ich bin offen für Vorschläge,“ sagte Bella. „Aber ich muss dich um einen Gefallen bitten.“
    Ein eingeschränktes Ja. Was könnte sie von mir wollen?
    „Was?“
    „Kann ich fahren?“
    War das ihre Vorstellung von Humor? „Warum?“
    „Naja, hauptsächlich weil, als ich Charlie erzählt habe, dass ich nach Seattle fahre, hat er mich explizit gefragt ob ich alleine fahre und zu dem Zeitpunkt war das noch so. Wenn er noch mal fragt, würde ich vermutlich nicht lügen, aber ich denke nicht, dass er noch mal fragen wird und wenn ich den Truck zu Hause lasse würde es das Thema unnötigerweise zur Sprache bringen. Und außerdem macht mir dein Fahrstil angst.“
    Ich verdrehte meine Augen. „Bei all den Dingen die dir an mir Angst einjagen könnten, machst du dir Sorgen um meinen Fahrstil.“ Ihr Gehirn funktionierte auf jeden Fall verkehrtherum. Ich schüttelte empört meinen Kopf.
    Edward, rief Alice drängend.
    Plötzlich starrte ich auf einen hellen Kreis aus Sonnenlicht, der in einer von Alices Visionen erschienen war.
    Es war ein Ort den ich sehr gut kannte, der Ort an den ich Bella mit hin nehmen wollte – eine kleine Lichtung wo niemand außer mir je hinging. Ein ruhiger, schöner Ort an dem ich mich darauf verlassen konnte, allein zu sein – weit genug weg von jedem Pfad oder menschlichen Lebens, dass sogar mein Geist Ruhe und Frieden hatte.
    Alice erinnerte sich auch an diesen Ort, denn sie hatte mich dort vor nicht allzu langer zeit in einer anderen Vision gesehen – eine dieser flackernden unsteten Visionen die Alice mir an dem Morgen gezeigt hatte, als ich Bella vor dem Van gerettet hatte.
    In dieser flackernden Vision war ich nicht allein gewesen. Und jetzt war sie klar – Bella war mit mir dort. Also war ich mutig genug. Sie starrte mich an, Regenbogen tanzten auf ihrem Gesicht, ihre Augen waren unergründlich.
    Es ist derselbe Ort, dachte Alice voller Entsetzen, das nicht zu der Vision passte. Anspannung vielleicht aber Entsetzen? Was meinte sie mit derselbe Ort?
    Und dann sah ich es.
    Edward! Alice protestierte schrill. Ich liebe sie, Edward!
    Ich blendete sie verärgert aus.
    Sie liebte Bella nicht so wie ich sie liebte. Ihre Vision war unmöglich. Falsch. Sie war irgendwie geblendet, sah unmögliche Dinge.
    Nicht mal eine halbe Sekunde war vergangen. Bella sah mich neugierig an und wartete darauf, dass ich ihrer Bitte nachgab. Hatte sie den kurzen Anflug von Widerwillen gesehen oder ging es zu schnell für sie?
    Ich konzentrierte mich auf sie und unsere Unterhaltung und verbannte Alice und ihre fehlerhaften, lügenden Visionen aus meinen Gedanken. Sie verdienten meine Aufmerksamkeit nicht.
    Trotzdem war ich nicht in der Lage den spielerischen Ton unserer Unterhaltung aufrechtzuerhalten.
    „Willst du deinem Vater nicht erzählen, dass du den Tag mit mir verbringst?“ fragte ich mit einem düsteren Unterton in der Stimme.
    Ich kämpfte gegen die Vision und versuchte sie noch weiter weg zu schieben um sie davon abzuhalten durch meinen Kopf zu flackern.
    „Mit Charlie ist weniger meistens mehr,“ sagte Bella voller Überzeugung. „Wo gehen wir denn überhaupt hin?“
    Alice hatte unrecht. Vollkommen unrecht. Es war einfach nicht möglich dass das passieren würde. Außerdem war es eine alte Vision, gebrechlich. Die Dinge hatten sich geändert.
    „Das Wetter wird schön sein,“ erkläre ich ihr langsam und bekämpfte die Angst und die Unsicherheit. Alice hatte unrecht. Ich würde so tun als ob ich nichts gehört und gesehen hätte. „Also werde ich mich aus der Öffentlichkeit fern halten… und du kannst bei mir bleiben wenn du möchtest.“
    Bella verstand sofort was ich meinte; ihre Augen strahlten erwartungsvoll. „Und dann zeigst du mir was du meintest wegen der Sonne?“
    Vielleicht, wie schon so viele Male zuvor, würde ihre Reaktion das genaue Gegenteil sein von dem was ich vermutete. Ich lächelte bei dieser Vorstellung und bemühte mich zu den schöneren Gedanken zurück zu kommen. „Ja. Aber…“ Sie hatte noch nicht Ja gesagt. „Wenn du nicht… mit mir allein sein möchtest, wäre es mir dennoch lieber, wenn du nicht allein nach Seattle gehen würdest. Ich fühle mich nicht wohl bei der Vorstellung, was dir in einer Stadt dieser Größe alles passieren könnte.“
    Sie presste ihre Lippen aufeinander; sie war beleidigt.
    „Phoenix ist dreimal so groß wie Seattle – allein schon von der Bevölkerung her. Die eigentliche Größe…“
    „A

  • 10. Kapitel: TheorieDatum07.02.2010 23:03
    Thema von Julia Cullen im Forum Midnight Sun

    „Kann ich dir noch eine Frage stellen?“ bat sie, statt auf meine Aufforderung zu antworten.
    Ich war hellhörig und rechnete mit dem schlimmsten. Und dennoch, wie verführerisch es war, diesen Moment noch länger hinauszuzögern. Bella freiwillig für noch ein paar Sekunden länger bei mir zu haben. Ich seufzte bei dem Dilemma und sagte, „Eine.“
    „Naja…,“ sie zögerte für einen Moment als ob sie erst darüber nachdenken musste, welche Frage sie stellen wollte. „Du hast gesagt, du wusstest, dass ich nicht in den Buchladen gegangen bin und dass ich nach Süden gegangen bin. Ich hab mich nur gefragt, woher du das gewusst hast.“
    Ich warf einen kurzen Blick durch die Windschutzscheibe. Wieder eine Frage, die nichts von ihr preisgab, aber viel zu viel von mir.
    „Ich dachte wir hätten die Ausflüchte hinter uns,“ sagte sie in kritischem, enttäuschtem Ton.
    Wie ironisch. Sie war absolut ausweichend ohne es überhaupt zu versuchen.
    Naja, sie wollte dass ich direkt war. Und bedauerlicherweise führte diese Beziehung in keine gute Richtung.
    „Na gut, also,“ sagte ich. „Ich bin deinem Geruch gefolgt.“
    Ich wollte ihr Gesicht sehen, aber ich hatte Angst davor, was ich wohl sehen würde. Stattdessen lauschte ich wie ihr Atem schneller und dann wieder normal wurde. Nach einer Weile sprach sie wieder und ihre Stimme war fester als ich erwartet hatte.
    „Und dann hast du eine meiner ersten Fragen noch nicht beantwortet…“ sagte sie.
    Ich schaute sie stirnrunzelnd an. Sie versuchte auch Zeit zu schinden.
    „Welche?“
    „Wie funktioniert das – mit dem Gedankenlesen?“ wiederholte sie ihre Frage aus dem Restaurant. „Kannst du von jedem die Gedanken lesen, überall? Wie machst du das? Kann der Rest deiner Familie…?“ sie brach ab und errötete wieder.
    „Das ist mehr als eine,“ sagte ich.
    Sie sah mich nur an und wartete auf ihre Antworten.
    Warum sollte ich sie ihr nicht geben? Sie hatte schon so viel erraten und es war ein einfacheres Thema als das was drohend näher rückte.
    „Nur ich kann Gedanken lesen. Aber ich kann auch nicht jeden überall hören. Ich muss ungefähr in der Umgebung sein. Je bekannter die `Stimme` ist, umso weiter entfernt kann ich sie hören. Aber nicht mehr als ein paar Meilen weit.“ Ich versuchte es so zu beschreiben, dass sie es verstand. Versuchte etwas zu finden, womit ich es vergleichen konnte. „Es ist ein bisschen so, als würde man in einer riesigen Halle stehen voller Leute und alle reden gleichzeitig. Es ist nur ein Summen – ein Meer von Stimmen im Hintergrund. Bis ich mich auf eine Stimme konzentriere, dann werden diese Gedanken klar. Meistens blende ich alles aus – es kann sehr ablenkend sein. Außerdem ist es dann einfacher normal zu wirken,“ – ich schnitt eine Grimasse – „wenn ich nicht aus Versehen die Gedanken von jemandem beantworte statt seine Worte.“
    „Warum glaubst du kannst du mich nicht hören?“ wunderte sie sich.
    Ich gab ihr eine weitere Wahrheit und einen weiteren Vergleich.
    „Ich weiß es nicht,“ gab ich zu. „Ich vermute, dass dein Gehirn nicht genauso arbeitet wie das der anderen. Als würden deine Gedanken auf UKW gesendet, aber ich kann nur KW empfangen.“
    Ich bemerkte, dass sie diesen Vergleich nicht mögen würde. Die Erwartung ihrer Reaktion brachte mich zum lächeln. Sie enttäuschte mich nicht.
    „Mein Gehirn funktioniert nicht richtig?“ fragte sie und hob verärgert ihre Stimme. „Ich bin also ein Freak?“
    Ah, die Ironie wieder.
    „Ich höre Stimmen in meinem Kopf und du glaubst, du wärst der Freak?“ Ich lachte. Sie verstand all die kleinen Dinge, aber die großen verstand sie immer falsch. Immer die falschen Instinkte…
    Bella nagte an ihrer Unterlippe und die Falte zwischen ihren Augen war sehr tief.
    „Keine Sorge,“ versicherte ich ihr. „Es ist nur eine Theorie…“ und es gab eine viel wichtigere Theorie zu besprechen. Ich konnte es nicht erwarten, das endlich hinter mich zu bringen. Jede Sekunde die verstrich fühlte sich immer mehr wie gestohlene Zeit an.
    „Was uns wieder zu dir zurück bringt,“ sagte ich zwiegespalten, einerseits ängstlich, andererseits wiederstrebend.
    Sie seufzte und kaute immer noch auf ihrer Lippe herum – ich machte mir sorgen, dass sie sich verletzen könnte. Sie schaute mir mit aufgewühltem Gesichtsausdruck in die Augen.
    „Haben wir die Ausflüchte nicht alle hinter uns gelassen?“ fragte ich leise.
    Sie senkte den Blick und schien einen inneren Kampf zu führen. Plötzlich versteifte sie sich und riss erschrocken die Augen auf. Das erste Mal stand ihr die Angst ins Gesicht geschrieben.
    „Heilige Scheiße!“ japste sie.
    Ich bekam Panik. Was hatte sie gesehen? Wie hatte ich sie verängstigt?
    Dann rief sie, „Fahr langsamer!“
    „Was ist los?“ Ich verstand nicht woher ihre Angst kam.
    „Du fährst fast 100 Meilen pro Stunde!“ brüllte sie mich an. Sie warf einen kurzen Blick aus dem Fenster und schrak vor den vorbeirasenden Bäumen zurück.
    Das bisschen Geschwindigkeit ließ sie vor Angst aufschreien?
    Ich verdrehte meine Augen. „Entspann dich Bella.“
    „Willst du uns umbringen?“ warf sie mir mit hoher angespannter Stimme vor.
    „Es wird schon nichts passieren,“ versprach ich ihr.
    Sie atmete tief ein und sprach dann etwas ruhiger weiter. „Warum hast du es so eilig?“
    „Ich fahre immer so.“
    Amüsiert von ihrem geschockten Gesichtsausdruck erwiderte ich ihren Blick.
    „Schau auf die Straße!“ rief sie.
    „Ich hatte noch nie einen Unfall, Bella. Ich hab noch nicht einmal einen Strafzettel bekommen.“ Ich grinste sie an und tippte mir an die Stirn. Es machte die Situation noch komischer – es war so absurd mich mit ihr über so etwas Geheimes und seltsames lustig zu machen. „Eingebauter Radardetektor.“
    „Sehr witzig,“ sagte sie sarkastisch, ihre Stimme klang eher ängstlich als sauer. „Charlie ist Polizist, du erinnerst dich? Ich bin dazu erzogen worden, mich an Verkehrsregeln zu halten. Abgesehen davon, wenn du uns vor einen Baum fährst, kannst du wahrscheinlich einfach aussteigen und weggehen.“
    „Wahrscheinlich,“ wiederholte ich und lachte humorlos. Ja, wir würden wohl einen sehr unterschiedlichen Preis zahlen müssen bei einem Autounfall. Ich konnte verstehen, dass sie Angst hatte, trotz meiner Qualitäten als Autofahrer… „Aber du nicht.“
    Mit einem Seufzer senkte ich die Geschwindigkeit. „Zufrieden?“
    Sie warf einen Blick auf den Tacho. „Fast.“
    „Genug Kommentare zu meinem Fahrstil,“ sagte ich ungeduldig. Wie oft war sie meiner Frage jetzt ausgewichen? Dreimal? Vier? Waren ihre Spekulationen so Schrecklich? Ich musste es wissen – sofort. „Ich warte immer noch auf deine neueste Theorie.“
    Sie biss sich wieder auf die Lippe und sah bedrückt aus, fast schon als hätte sie Schmerzen.
    Ich versuchte meine Ungeduld zu beherrschen und meine Stimme weicher klingen zu lassen. Ich wollte sie nicht beunruhigen.
    „Ich werde nicht lachen,“ versprach ich, in der Hoffnung, dass sie nur vor Scham nicht sprechen wollte.
    „Ich habe eher Angst dass du sauer auf mich sein könntest,“ flüsterte sie.
    Ich hatte Mühe meine Stimme zu kontrollieren. „Ist es so schlimm?“
    „Ziemlich, ja.“
    Sie schaute nach unten und wich meinem Blick aus. Die Sekunden verstrichen.
    „Schieß los,“ ermutigte ich sie.
    Sie antwortete kleinlaut, „Ich wo nicht wie ich anfangen soll.“
    „Wieso fängst du nicht am Anfang an?“ Ich erinnerte mich an ihre Worte vor dem Essen. „Du sagtest du wärst nicht allein drauf gekommen.“
    „Nein,“ stimmte sie zu und war dann wieder still.
    Ich versuchte mir zu überlegen, was sie inspiriert haben könnte. „Wie bist du darauf gekommen – ein Buch? Ein Film?“
    Ich hätte ihre Sammlung durchsehen sollen, als sie nicht zu Hause war. Ich hatte keine Ahnung, ob Bram Stoker oder Anne Rice bei ihren abgegriffenen Büchern lagen…
    „Nein,“ sagte sie wieder. „Es war am Samstag, am Strand.“
    Damit hatte ich nicht gerechnet. Der lokale Klatsch und Tratsch über uns war nie besonders bizarr gewesen – oder präzise. Gab es ein neues Gerücht, dass ich verpasst hatte? Bella spähte von ihren Händen auf und sah meinen Überraschten Gesichtsausdruck.
    „Ich hab einen alten Freund der Familie getroffen – Jacob Black,“ fuhr sie fort. „Sein Vater und Charlie sind schon befreundet seit ich ein Baby war.“
    Jacob Black – der Name war mir nicht bekannt und dennoch erinnerte er mich an etwas… vor langer Zeit… ich schaute gerade aus durch die Windschutzscheibe und durchforstete meine Erinnerungen um die Verbindung zu finden.
    „Sein Vater ist einer der Ältesten von den Quileute,“ sagte sie.
    Jacob Black. Ephraim Black. Ein Nachfahre, kein Zweifel.
    Es war so schlimm wie es nur kommen konnte.
    Sie kannte die Wahrheit.
    In Gedanken ging ich die Konsequenzen durch während der Wagen durch die schwarzen Kurven der Straße flog, mein Körper war starr vor Angst – bewegungslos abgesehen von den kleinen automatischen Aktionen die nötig waren um den Wagen zu steuern.
    Sie kannte die Wahrheit.
    Aber… wenn sie die Wahrheit am Samstag erfahren hatte… dann kannte sie sie schon den ganzen Abend… und dennoch…
    „Wir sind spazieren gegangen,“ erzählte sie weiter. „Und er hat mir von ein paar alten Legenden erzählt – er wollte mir ein bisschen Angst machen, denke ich. Er erzählte mir eine…“
    Sie hielt kurz inne, aber es gab keinen Grund mehr für Skrupel; ich wusste, was sie sagen würde. Das einzige Geheimnis das es noch zu lüften galt war das, warum sie jetzt und hier bei mir war.
    „Erzähl weiter,“ sagte ich.
    „Über Vampire,“ hauchte sie, ihre Stimme war kaum mehr ein Flüstern.
    Irgendwie war es noch schlimmer, sie das Wort aussprechen zu hören, als zu wissen, dass sie die Wahrheit kannte. Ich schrak bei dem Ausdruck zurück, hatte mich aber schnell wieder in der Gewalt.
    „Und da hast du sofort an mich gedacht?“ fragte ich.
    „Nein. Er… hat deine Familie erwähnt.“
    Es war pure Ironie, dass ausrechnet der Nachfahre von Ephraim den Vertrag verletzte den er geschworen hatte einzuhalten. Ein Enkel, oder vielleicht Ur-Enkel. Wie viele Jahre war es her? Siebzig?
    Ich hätte wissen müssen, dass die Gefahr weniger von dem alten Mann ausging der an die Legenden glaubte. Natürlich, die jüngere Generation – diejenigen die zwar gewarnt wurden, die aber den alten Aberglauben lächerlich fanden – natürlich lag dort die Gefahr der Entlarvung.
    Ich vermutete, dass es mir nun erlaubt war, den kleinen Stamm abzuschlachten wenn ich dazu geneigt wäre. Ephraim und sein Rudel von Beschützern waren lange tot…
    „Er dacht es wäre bloß ein dummer Aberglaube,“ sagte Bella plötzlich mit einer neuen Angst in der Stimme. „Er hätte nicht gedacht, dass ich irgendetwas davon ernst nehmen würde.“
    Aus meinem Augenwinkel sah ich, wie sie unruhig ihre Hände verschränkte.
    „Es war mein Fehler,“ sagte sie nach einer kurzen Pause und dann senkte sie ihren Kopf als ob sie sich schämen würde. „Ich habe ihn dazu gebracht es mir zu erzählen.“
    „Warum?“ Es war nicht mehr so anstrengend meine Stimme gleichmäßig zu halten. Das schlimmste war bereits geschehen. So lange wir über die Details der Aufdeckung sprachen, mussten wir uns keine Gedanken über ihre Konsequenzen machen.
    „Lauren hatte etwas über dich gesagt – sie hatte versucht mich zu provozieren.“ Sie verzog ein bisschen das Gesicht bei der Erinnerung daran. Ich war ein bisschen abgelenkt von der Frage, wie Bella von irgendjemandem provoziert werden konnte, der über mich sprach… „Und ein älterer Junge des Stammes hatte gesagt, dass deine Familie nicht zum Reservat kommen würde, aber es hörte sich so an, als ob er etwas anderes meinte. Also hab ich Jacob beiseite genommen und es aus ihm heraus gekitzelt.“
    Sie senkte ihren Kopf noch weiter als sie das zugab und ihr Ausdruck wirkte irgendwie… schuldig.
    Ich wand meinen Blick von ihr ab und lachte laut auf. Sie fühlte sich schuldig? Was könnte sie getan haben um irgendeine Art von Tadel zu verdienen?
    „Wie hast du es aus ihm heraus gekitzelt?“ fragte ich.
    „Ich hab versucht zu flirten – es hat besser geklappt als ich gedacht hätte,“ erklärte sie und ihre Stimme klang ungläubig bei der Erinnerung an ihren Erfolg.
    Ich konnte es mir nur vorstellen – wenn man bedachte was für eine Wirkung sie auf alles Männliche in ihrer Umgebung hatte, vollkommen unbewusst von ihrer Seite – wir überwältigend musste sie dann erst sein, wenn sie versuchte attraktiv zu sein. Ich hatte plötzlich Mitleid mit dem armen Jungen auf den sie ihre ganze Naturgewalt losgelassen hatte.
    „Das hätte ich zu gern gesehen,“ sagte ich und lachte wieder vor Schadenfreude. Ich wünschte ich hätte die Reaktion des Jungen gesehen, hätte das ganze Ausmaß der Verwüstung mit eigenen Augen bezeugt. „Und du wirfst mir vor, ich würde die Leute blenden – armer Jacob Black.“
    Ich war nicht so sauer über die Art meiner Entlarvung wie ich gedacht hätte, dass ich sein würde. Er wusste es einfach nicht besser. Und wie konnte ich von irgendjemandem erwarten, dass er diesem Mädchen irgendeinen Wunsch verwehrte? Nein, ich hatte nur Mitleid aufgrund des Schadens den sie diesem unschuldigen Geist zugefügt haben mochte.
    Ich spürte wie ihr Erröten die Luft zwischen uns aufheizte. Ich sah zu ihr herüber und sie schaute aus dem Fenster. Sie sprach nicht weiter.
    „Was hast du dann gemacht?“ fragte ich. Zeit um zu der Horrorgeschichte zurückzukehren.
    „Ich hab ein bisschen im Internet nachgeforscht.“
    Immer wieder praktisch. „Und hat dich das überzeugt?“
    „Nein,“ sagte sie. „Nichts passte. Das meiste war eher albern. Und dann…“
    Sie brach ab und ich hörte wie sie ihre Zähne zusammenbiss.
    „Was?“ verlangte ich. Was hatte sie gefunden? Was an diesem Albtraum hatte einen Sinn für sie ergeben?
    Nach einer kurzen Pause flüsterte, „Ich hab beschlossen, dass es egal ist.“
    Für den Bruchteil einer Sekunde waren meinen Gedanken erstarrt und plötzlich passte alles zusammen. Weshalb sie ihre Freunde weggeschickt hatte, statt mit ihnen zu flüchten. Warum sie wieder zu mir ins Auto gestiegen war, statt wegzurennen und nach der Polizei zu rufen…
    Ihre Reaktionen waren immer falsch – immer absolut falsch. Sie zog die Gefahr an. Sie lud sie ein.
    „Es ist egal?“ presste ich durch meine Zähne und Wut stieg in mir auf. Wie sollte ich jemanden beschützen der so… so… so entschlossen war ungeschützt zu sein?
    „Ja,“ sagte sie leise mit einer Stimme die unglaublich weich klang. „Es ist mir egal, was du bist.“
    Sie war unglaublich.
    „Es ist macht dir nichts aus, dass ich ein Monster bin? Dass ich kein Mensch bin?“
    „Nein.“
    Ich fing an mich zu fragen, ob sie wirklich gesund war.
    Ich könnte die beste Pflege für sie arrangieren… Carlisle hatte die nötigen Verbindungen um ihr die besten Ärzte zu besorgen, die talentiertesten Therapeuten. Vielleicht konnte man irgendetwas tun um was immer mit ihr nicht stimmte zu heilen, was immer es war, dass es ihr ermöglichte neben einem Vampir zu sitzen mit einem absolut ruhigen und gleichmäßigen Puls. Ich würde ihre Behandlung selbstverständlich überwachen und sie so oft besuchen wie es mir erlaubt war…
    „Du bist sauer,“ seufzte sie. „Ich hätte besser nichts gesagt.“
    Als ob es einem von uns geholfen hätte, wenn sie diese störende Tatsache verschwiegen hätte.
    „Nein. Ich möchte gerne wissen, was du denkst – auch wenn, was du denkst vollkommen verrückt ist.“
    „Also liege ich wieder falsch?“ fragte sie in einem etwas streitlustigen Tonfall.
    „Das habe ich damit nicht gemeint!“ Ich biss wieder die Zähne zusammen. „`Es ist egal`!“ wiederholte ich bissig.
    Sie japste. „Ich hab also recht?“
    „Ist das wichtig?“ konterte ich.
    Sie atmete tief durch. Ich wartete wütend auf ihre Antwort.
    „Nicht wirklich,“ sagte sie mit kontrollierter Stimme. „Aber ich bin neugierig.“
    Nicht wirklich. Es war nicht wirklich wichtig. Es war ihr egal. Sie wusste dass ich kein Mensch war, ein Monster, es war ihr nicht wirklich wichtig.
    Abgesehen von meinen Zweifeln an ihrer geistigen Zurechnungsfähigkeit, fühlte ich einen leichten Anflug von Hoffnung. Ich versuchte sie zu unterdrücken.
    „Was möchtest du wissen?“ fragte ich sie. Es gab keine Geheimnisse mehr nur noch unwichtige Details.
    „Wie alt bist du?“ fragte sie.
    Meine Antwort kam automatisch und war tief verwurzelt. „Siebzehn.“
    „Und wie lange bist du schon Siebzehn?“
    Ich versuchte nicht zu lächeln bei ihrem herablassenden Tonfall. „Eine Weile,“ gab ich zu.
    „Okay,“ sagte sie plötzlich enthusiastisch. Sie lächelte mich an. Als ich ihren Blick erwiderte, wieder an ihrer geistigen Zurechnungsfähigkeit zweifelnd, lächelte sie noch breiter. Ich verzog das Gesicht.
    „Lach jetzt nicht,“ warnte sie. „Aber wie kommt es, dass du bei Tageslicht rausgehen kannst?“
    Ich lachte trotz ihrer Bitte. Es sah so aus als hätten ihre Nachforschungen nichts Unnormales ergeben. „Mythos,“ erklärte ich ihr.
    „Ihr verbrennt nicht in der Sonne?“
    „Mythos.“
    „Ihr schlaft nicht in Särgen?“
    „Mythos.“
    Schlaf war schon so lange kein Teil meines Lebens mehr – zumindest nicht bis zu den letzten paar Nächten in denen ich Bella beim Träumen beobachtet hatte…
    „Ich kann nicht schlafen,“ murmelte ich und beantwortete ihre Frage damit ausführlicher.
    Sie war für einen Moment still.
    „Gar nicht?“ fragte sie.
    „Nie,“ flüsterte ich.
    Ich schaute in ihre Augen, geweitet unter den geschwungenen Wimpern und sehnte mich danach schlafen zu können. Nicht um zu vergessen, nicht um der Langeweile zu entfliehen, sondern weil ich träumen wollte. Wenn ich bewusstlos wäre, wenn ich träumen könnte, dann könnte ich für ein paar Stunden in einer Welt leben wo sie und ich zusammen sein konnten. Sie träumte von mir. Ich wollte von ihr träumen.
    Sie schaute mich mit verwundertem Gesichtsausdruck an. Ich musste wegschauen.
    Ich konnte nicht von ihr träumen. Sie sollte nicht von mir träumen.
    „Du hast mir die wichtigste aller Fragen noch nicht gestellt,“ sagte ich, meine stumme Brust war noch kälter und härter als zuvor. Sie musste endlich verstehen. An irgendeinem Punkt musste sie merken, was sie hier gerade tat. Sie musste verstehen, dass das alles wichtig war – wichtiger als alle anderen Überlegungen. Überlegungen wie die Tatsache, dass ich sie liebte.
    „Und welche ist das?“ fragte sie überrascht und ahnungslos.
    Dadurch wurde meine Stimme nur noch härter. „Machst du dir keine Sorgen um meine Ernährung?“
    „Oh. Das.“ Sie sprach leise und ich wusste es nicht einzuschätzen.
    „Ja, das. Willst du nicht wissen, ob ich Blut trinke?“
    Sie zuckte zurück bei meiner Frage. Endlich. Sie verstand.
    „Naja, Jacob hatte etwas darüber gesagt,“ sagte sie.
    „Was hat Jacob gesagt?“
    „Er sagte, dass ihr keine… Menschen jagt. Er sagte deine Familie galt nicht als gefährlich weil ihr nur Tiere jagt.“
    „Er sagte, wir wären nicht gefährlich?“ wiederholte ich zynisch.
    „Nicht genau,“ korrigierte sie. „Er sagte, dass ihr nicht als gefährlich galtet. Aber die Quileutes wollen euch trotzdem lieber nicht auf ihrem Land haben, zur Sicherheit.“
    Ich starrte auf die Straße, meine Gedanken waren hoffnungslos verknotet, meine Kehle schmerzte vor bekanntem brennendem Durst.
    „Also, hat er recht?“ fragte sie, so locker als würde sie nach dem Wetterbericht fragen. „Dass ihr keine Menschen jagt?“
    „Die Quileutes haben ein langes Gedächtnis.“
    Sie nickte und dachte scharf nach.
    „Aber gib dich damit nicht zufrieden,“ sagte ich schnell. „Sie haben recht, wenn sie sich von uns fernhalten. Wir sind immer noch gefährlich.“
    „Das verstehe ich nicht.“
    Nein, natürlich nicht. Wie sollte ich es ihr erklären?
    „Wir versuchen es,“ erklärte ich ihr. „Normalerweise sind wir sehr gut darin. Manchmal machen wir Fehler. Ich zum Beispiel in dem ich mir erlaube mit dir allein zu sein.“
    Ihr Duft war immer noch präsent im Auto. Ich gewöhnte mich daran, ich konnte ihn fast ignorieren, aber ich konnte nicht leugnen, dass mein Körper sich immer noch aus den falschen Gründen nach ihr sehnte. Mein Mund war gefüllt mit Gift.
    „Das ist ein Fehler?“ fragte sie mit Schmerz und Trauer in der Stimme. Dieser Klang entwaffnete mich. Sie wollte mit mir zusammen sein – trotz allem wollte sie mit mir zusammen sein.
    Hoffnung keimte erneut auf und ich erstickte sie.
    „Ein sehr gefährlicher,“ sagte ich ihr ehrlich und wünschte mir, dass diese Ehrlichkeit bewirkte, dass es ihr etwas ausmachte.
    Sie antwortete zunächst nicht. Ich hörte wie sich ihre Atmung änderte – sie beschleunigte sich auf seltsame Weise die sich nicht nach Angst anhörte.
    „Erzähl mir mehr,“ sagte sie plötzlich mit vor Schmerz bebender Stimme.
    Ich beobachtete sie aufmerksam.
    Sie hatte Schmerzen. Wie hatte ich das zulassen können?
    „Was möchtest du denn noch wissen?“ fragte ich sie und überlegte wie ich es vermeiden konnte, sie noch mehr zu verletzen.
    „Erzähl mir warum ihr Tiere statt Menschen jagt,“ sagte sie, immer noch gequält.
    War das nicht offensichtlich? Oder vielleicht war ihr das auch egal.
    „Ich möchte kein Monster sein,“ murmelte ich.
    „Aber Tiere reichen nicht?“
    Ich dachte über einen weiteren Vergleich nach, einen den sie verstehen würde. „Ich kann es natürlich nicht mit Sicherheit sagen, aber ich würde es mit einer Ernährung auf Tofu und Soja-Basis vergleichen; wir nennen uns selbst Vegetarier, ein kleiner Insider Witz. Es stillt den Hunger nicht vollkommen – oder besser den Durst. Aber es macht uns stark genug um zu wiederstehen. Meistens.“ Ich wurde leiser; ich schämte mich dafür sie in Gefahr gebracht zu haben. Eine Gefahr die ich immer noch zuließ… „Zu manchen Zeiten ist es schwerer als zu anderen.“
    „Ist es jetzt sehr schwer für dich?“
    Ich seufzte. Natürlich würde sie die Frage stellen, die ich nicht beantworten wollte. „Ja,“ gab ich zu.
    Diesmal lag ich richtig was meine Erwartungen an ihre Reaktion betraf: ihr Atem blieb gleichmäßig, ihr Herz schlug normal weiter. Ich erwartete es, aber ich verstand es nicht. Wieso hatte sie keine Angst?
    „Aber jetzt bist du nicht hungrig,“ stellte sie fest und war sich ihrer vollkommen sicher.
    „Wieso glaubst du das?“
    „Deine Augen,“ sagte sie ohne weiteres. „Ich hab dir gesagt, ich hätte eine Theorie. Ich habe festgestellt, dass Menschen – Männer speziell – schlechter gelaunt sind, wenn sie Hunger haben.“
    Ich lachte innerlich über ihren Ausdruck: schlecht gelaunt. Das war weit untertrieben. Aber sie lag vollkommen richtig, wie immer. „Du bist sehr aufmerksam, nicht war?“ ich lachte wieder.
    Sie lächelten ein bisschen und die Falte zwischen ihren Augen tauchte wieder auf als ob sie sich konzentrierte.
    „Warst du dieses Wochenende mit Emmett jagen?“ fragte sie nachdem ich mich beruhigt hatte. Die lässige Art mit der sie darüber sprach war sowohl faszinierend als auch frustrierend. Konnte es wirklich sein, dass sie so viel so einfach verkraftete? Ich war näher an einem Schock als sie
    „Ja,“ antwortete ich ihr, und dann, als ich es eigentlich schon dabei belassen wollte, hatte ich wieder das gleiche Bedürfnis wie im Restaurant: Ich wollte dass sie mich kannte. „Ich wollte nicht gehen,“ fuhr ich langsam fort, „aber es war nötig. Es ist einfacher in deiner Nähe zu sein, wenn ich nicht durstig bin.“
    „Warum wolltest du nicht gehen?“
    Ich atmete tief ein und erwiderte dann ihren Blick. Diese Art der Ehrlichkeit war auf eine andere Art und Weise schwierig.
    „Ich fühle mich nicht wohl…“ ich denke, dieser Ausdruck trifft es am besten, obwohl er nicht stark genug war, „wenn ich nicht in deiner Nähe bin. Es war kein Scherz als ich letzten Donnerstag zu dir sagte, dass du nicht ins Meer fallen oder dich von einem Truck überfahren lassen sollst. Ich war das ganze Wochenende abgelenkt weil ich mir Sorgen um dich gemacht habe. Und nachdem was heute Abend passiert ist, bin ich überrascht, dass du das Wochenende unbeschadet überstanden hast.“ Dann erinnerte ich mich an die Kratzer auf ihren Handflächen. „Naja, nicht ganz unbeschadet,“ ermahnte ich.
    „Was?“
    „Deine Hände,“ erinnerte ich sie.
    Sie seufzte und verzog das Gesicht. „Ich bin hingefallen.“
    Ich hatte richtig geraten. „Das hab ich mir gedacht,“ sagte ich, nicht in der Lage mein Lächeln zu verbergen. „So wie ich dich kenne, hätte es schlimmer kommen können – und diese Möglichkeit hat mich das ganze Wochenende gequält. Es waren sehr lange drei Tage. Ich bin Emmett ganz schön auf die Nerven gegangen.“ Ehrlichgesagt, war das immer noch der Fall. Ich verwirrte Emmett sicher immer noch und den Rest meiner Familie ebenso. Abgesehen von Alice…
    „Drei Tage?“ fragte sie mit plötzlich scharfer Stimme. „Seid ihr nicht erst heute zurück gekommen?“
    Ich verstand ihren Tonfall nicht. „Nein, wir sind am Sonntag zurückgekommen.“
    „Warum war dann keiner von euch in der Schule?“ verlangte sie zu wissen. Ihre Aggression verwirrte mich. Sie schien nicht zu verstehen, dass diese Frage wieder etwas mit Mythologie zu tun hatte.
    „Naja, du hattest gefragt, ob die Sonne mich verletzt und das tut sie nicht,“ sagte ich. „Aber ich kann trotzdem nicht raus gehen wenn die Sonne scheint, zumindest nirgendwohin wo man mich sehen kann.“
    Das lenkte sie von ihrer mysteriösen Verstimmung ab. „Warum?“ fragte sie und lehnte ihren Kopf zur Seite.
    Ich bezweifelte, dass ich einen ausreichenden Vergleich finden würde um das zu erklären. Also sagte ich ihr nur, „Ich werd’s dir irgendwann zeigen.“ Und dann fragte ich mich ob das ein Versprechen war, dass ich vielleicht würde brechen müssen. Würde ich sie nach dieser Nacht wiedersehen? Liebte ich sie schon genug um sie verlassen zu können?
    „Du hättest anrufen können,” sagte sie.
    Was für eine seltsame Aufforderung. „Aber ich wusste doch dass du sicher bist.“
    „Aber ich wusste nicht, wo du warst. Ich…“ sie brach ab und starrte auf ihre Hände.
    „Was?“
    „Ich mochte es nicht,“ sagte sie schüchtern und die Haut über ihren Wangenknochen wurde wieder warm. „dich nicht zu sehen. Es macht mir auch angst.“
    Bist du jetzt zufrieden? Wollte ich von mir selbst wissen. Naja, hier war die Belohnung für all meine Hoffnungen.
    Ich war verwirrt, begeistert, entsetzt – am meisten entsetzt – davon dass alle meine wildesten Träume gar nicht so abwegig waren. Deshalb machte es ihr nichts aus, dass ich ein Monster war. Es war der gleiche Grund weshalb mir die Regeln egal waren. Warum richtig und falsch keinen Einfluss mehr auf mich hatten. Warum all meine Prioritäten um eins nach unten gerutscht sind um an oberster Stelle Platz für dieses Mädchen zu schaffen.
    Bella mochte mich auch.
    Ich wusste, dass es nichts im Vergleich zu meiner Liebe für sie war. Aber es war genug für sie um ihr Leben zu riskieren um hier neben mir zu sitzen. Und es gern zu tun.
    Genug um ihr Schmerzen zu bereiten, wenn ich das richtige tat und sie verließ.
    Gab es irgendetwas das ich jetzt noch tun konnte, dass sie nicht verletzen würde? Überhaupt irgendetwas?
    Ich hätte weg bleiben sollen. Ich hätte nie wieder nach Forks zurückkommen sollen. Ich würde ihr nur Schmerzen bereiten.
    Würde mich das davon abhalten jetzt zu bleiben? Es noch schlimmer zu machen?
    So wie ich mich jetzt fühlte, ihre Wärme auf meiner Haut spürte…
    Nein. Nichts würde mich davon abhalten.
    „Ah,“ brummte ich zu mir selbst. „Das ist falsch.“
    „Was hab ich gesagt?“ fragte sie schnell um die Schuld auf sich zu nehmen.
    „Siehst du es nicht, Bella? Es ist eine Sache, wenn ich mich unglücklich mache, aber eine ganz andere, wenn du so tief drinsteckst. Ich möchte nicht hören, dass du so fühlst.“ Es war die Wahrheit, es war eine Lüge. Der egoistische Teil von mir machte Luftsprünge bei dem Wissen, dass sie mich genauso wollte wie ich sie wollte. „Es ist falsch. Es ist nicht sicher. Ich bin gefährlich, Bella – bitte versteh das.“
    „Nein.“ Sie schob schmollend ihre Lippen vor.
    „Ich meine es ernst.“ Ich kämpfte so stark mit mir – zum einen wollte ich verzweifelt, dass sie es akzeptierte und zum anderen genauso verzweifelt dass sie sich von meinen Warnungen nicht in die Flucht schlagen ließ – dass die Worte wie ein Knurren zwischen meinen Zähnen hervorkamen.
    „Ich mein es auch ernst,“ gab sie zurück. „Ich hab dir gesagt, es ist mir egal was du bist. Es ist zu spät.“
    Zu spät? Alices Vision schwirrte in meinem Kopf, Bellas blutrote Augen starrten mich unverwandt an. Ausdruckslos – aber es war ausgeschlossen, dass sie mich für diese Zukunft nicht hassen würde. Mich dafür hasste, dass ich ihr alles genommen hatte. Ihr ihr Leben und ihre Seele gestohlen hatte.
    Es konnte nicht zu spät sein.
    „Sag das niemals,“ zischte ich.
    Sie starrte aus ihrem Fenster und biss sich wieder auf die Lippe. Ihre Hände waren in ihrem Schoss zu Fäusten geballt. Ihr Atem stockte und brach ab.
    „Was denkst du?“ Ich musste es wissen.
    Sie schüttelte den Kopf ohne mich anzusehen. Ich sah etwas Glitzerndes auf ihrer Wange, wie ein Kristall.
    Qual. „Weinst du?“ Ich hatte sie zum Weinen gebracht. So sehr hatte ich sie verletzt.
    Sie wischte die Träne mit ihrem Handrücken ab.
    „Nein,“ log sie mit brüchiger Stimme.
    Ein lange begrabener Instinkt bewirkte, dass ich meine Hand nach ihr ausstreckte – in dieser einen Sekunde fühlte ich mich menschlicher als jemals zuvor. Und dann erinnerte ich mich daran, dass ich es… nicht war. Und ich ließ meine Hand sinken.
    „Es tut mir leid,“ sagte ich und biss meine Zähne zusammen. Wie konnte ich ihr jemals sagen wie leid es mir tat? All die dummen Fehler die ich begangen hatte. Mein unendlicher Egoismus. Dass sie die unglückliche war, die meine erste tragische Liebe entfachte. Auch die Dinge, die ich nicht kontrollieren konnte – dass ich das Monster war, dass von Schicksal dazu auserkoren war, ihr Leben zu beenden. Das alles tat mir so leid.
    Ich atmete tief durch – ignorierte meine elende Reaktion auf den Duft im Auto – und versuchte mich zusammen zu reißen.
    Ich wollte das Thema wechseln, an etwas anderes denken. Glücklicherweise war meine Neugierde bzgl. des Mädchens unerschöpflich. Ich hatte immer eine Frage.
    „Sag mir mal eins,“ sagte ich
    „Ja?“ fragte sie mit tränenerstickter Stimme.
    „Was hast du gedacht, bevor ich um die Ecke kam? Ich hab deinen Gesichtsausdruck nicht verstanden – du sahst nicht besonders ängstlich aus, eher als würdest du dich stark konzentrieren.“ Ich erinnerte mich an ihr Gesicht – zwang mich dazu nicht daran zu denken, durch wessen Augen ich es gesehen hatte – den Ausdruck wilder Entschlossenheit darin.
    „Ich habe versucht mich daran zu erinnern, wie man einen Angreifer unschädlich macht,“ sagte sie mit gefassterer Stimme. „du weißt schon, Selbstverteidigung. Ich wollte ihm seine Nase in sein Gehirn rammen.“ Ihre Fassung hielt nicht an bis zum Ende ihrer Erklärung. Ihr Tonfall änderte sich bis er hasserfüllt war. Es war keine Übertreibung und ihre Kätzchenhafte Wut hatte dieses Mal nichts Amüsantes. Ich konnte ihre zerbrechliche Figur sehen – Seide über Glas – überschattet von den großen kräftigen menschlichen Monstern die sie verletzt hätten. Die Wut kochte in meinem Hinterkopf auf.
    „Du wolltest mit ihnen kämpfen?“ ich wollte stöhnen. Ihre Instinkte waren lebensgefährlich – für sie selbst. „Hast du nicht daran gedacht wegzurennen?“
    „Ich falle oft hin, wenn ich renne,“ sagte sie kleinlaut.
    „Was ist mit schreien?“
    „Dazu wollte ich gerade kommen.“
    Ich schüttelte ungläubig meinen Kopf. Wie hatte sie es geschafft am Leben zu bleiben bevor sie nach Forks kam?
    „Du hattest recht,“ sagte ich zu ihr mit einem bitteren Unterton. „Ich fordere wirklich das Schicksal heraus wenn ich versuche dich zu beschützen.“
    Sie seufzte und warf einen Blick aus dem Fenster. Dann sah sie mich wieder an.
    „Sehe ich dich morgen?“ fragte sie plötzlich.
    So lange ich auf dem Weg in die Hölle war – ich würde die Reise genießen.
    „Ja – ich muss auch noch einen Aufsatz abgeben.“ Ich lächelte sie an und es fühlte sich gut an das zu tun. „Ich halte dir in der Pause einen Platz frei.“
    Ihr Herz flatterte; mein totes Herz fühlte sich plötzlich wärmer an.
    Ich hielt vor dem Haus ihres Vaters an. Sie machte keine Anstalten mich zu verlassen.
    „Versprichst du mir, dass du morgen da sein wirst?“ beharrte sie.
    „Ich verspreche es.“
    Wieso machte es mich so glücklich das falsche zu tun? Es musste etwas Falsches daran sein.
    Sie nickte zufrieden und fing an meine Jacke auszuziehen.
    „Du kannst sie behalten,“ bot ich ihr schnell an. Ich wollte ihr gerne etwas von mir dalassen. Ein Andenken, so wie der Flaschendeckel, der jetzt in meiner Tasche steckte… „Du hast keine Jacke für morgen.“
    Sie gab mir die Jacke zurück und lächelte mich reumütig an. „Ich möchte es Charlie nicht erklären müssen,“ erklärte sie mir.
    Das konnte ich mir vorstellen. Ich lächelte sie an. „Oh, stimmt.“
    Sie legte ihre Hand an den Türgriff und hielt inne. Sie wollte genauso wenig gehen, wie ich sie gehen lassen wollte.
    Sie ungeschützt zu lassen, auch nur für wenige Augenblicke…
    Peter und Charlotte waren schon lange auf dem Weg, weit hinter Seattle, kein Zweifel. Aber es gab immer noch andere. Diese Welt war kein sicherer Ort für einen Menschen und für sie wirkte sie noch gefährlicher als für irgendjemanden sonst.
    „Bella?“ fragte ich, überrascht von dem befriedigenden Gefühl dass ich verspürte wenn ich nur ihren Namen aussprach.
    „Ja?“
    „Versprichst du mir etwas?“
    „Ja,“ stimmte sie bereitwillig zu und dann verengte sie ihre Augen als ob sie über einen Grund nachdachte meine Bitte abzuschlagen.
    „Geh nicht alleine in den Wald.“ Warnte ich sie und fragte mich, ob diese Bitte etwas wäre, das sie lieber abschlagen würde.
    Sie blinzelte verwirrt. „Warum?“
    Ich warf einen Blick auf die nicht gerade vertrauenswürdige Dunkelheit. Die Schwärze der Nacht war kein Problem für meine Augen, aber genauso wenig war sie ein Problem für jeden anderen Jäger. Nur Menschen machte sie blind.
    „Ich bin nicht immer die größte Gefahr da draußen,“ erklärte ich ihr. „Belassen wir es einfach dabei.“
    Sie schüttelte sich, fing sich aber schnell wieder und lächelte sogar als sie sagte, „Was immer du sagst.“
    Ihr Atem berührte mein Gesicht, so süß und wohlriechend.
    Ich könnte die ganze Nacht so sitzen bleiben, aber sie brauchte ihren Schlaf. Das Verlangen sie zu warnen und das sie zu schützen waren absolut gleichwertig als sie ihren Kampf in mir führten.
    Ich seufzte über das Unmögliche. „Wir sehen uns dann morgen,“ sagte ich in dem Bewusstsein, dass ich sie viel früher wiedersehen würde. Aber sie würde mich nicht vor morgen sehen.
    „Morgen also,“ stimmte sie zu als sie die Tür öffnete.
    Wieder eine Qual sie gehen zu sehen.
    Ich lehnte mich zu ihr und wollte sie aufhalten. „Bella?“
    Sie drehte sich um und erstarrte vor Überraschung als sie sah wie nahe unsere Gesichter sich waren.
    Auch ich war überwältigt von dieser Nähe. Die Hitze strömte in Wellen aus ihrem Körper und streichelte mein Gesicht. Ich konnte fast ihre seidige Haut spüren…
    Ihr Herzschlag stotterte und ihr Mund klappte auf.
    „Schlaf gut,“ flüsterte ich und lehnte mich zurück bevor das Verlangen meines Körpers – weder der bekannte Durst noch der neue und seltsame Hunger den ich plötzlich fühlte – mich dazu verleitete irgendetwas zu tun, dass sie verletzen könnte.
    Sie saß noch einen Moment lang da, bewegungslos und mit geweiteten Augen. Geblendet vermutete ich.
    Genau wie ich.
    Sie fasste sich wieder – obwohl ihr Gesicht immer noch etwas verwirrt aussah – und fiel fast aus dem Auto während sie über ihre Füße stolperte und musste sich am Auto festhalten.
    Ich kicherte – hoffentlich zu leise für sie um es zu hören.
    Ich beobachtete wie sie den Weg entlang stolperte bis sie den Lichtkegel erreichte der die Eingangstür umgab. Sicher für diesen Moment. Und ich würde bald zurück sein um mich davon zu überzeugen.
    Ich konnte spüren wie ihre Augen mir folgten, als ich die dunkle Straße hinunterfuhr. Das war eine ganz neue Erfahrung für mich. Normalerweise konnte ich mich selbst durch die folgenden Augen beobachten. Aber das hier war seltsam aufregend – dieses unfassbare Gefühle von Augen in meinem Rücken. Ich wusste dass es nur daran lag, dass es ihre Augen waren.
    Eine Millionen Gedanken rasten durch meinen Kopf während ich ziellos durch die Nacht fuhr.
    Ich kurvte lange durch die Straßen und dachte an Bella und die unglaubliche Erleichterung die ich verspürte, jetzt da die Wahrheit heraus war. Ich musste mir nicht länger Sorgen machen, dass sie herausfinden könnte, was ich war. Sie wusste es. Es war ihr egal. Obwohl es für sie offensichtlich etwas Schlechtes war, war es für mich unglaublich befreiend.
    Aber noch viel mehr dachte ich über Bellas erwiderte Liebe nach. Sie konnte mich nicht genauso lieben, wie ich sie liebte – eine solche übermächtige, alles verzehrende, erdrückende Liebe würde vermutlich ihren zerbrechlichen Körper zerstören. Aber ihre Gefühle waren stark genug. Genug um die instinktive Angst zu besiegen. Genug um mit mir zusammen sein zu wollen. Und mit ihr zusammen zu sein, war die größte Freude, die ich je verspürt hatte.
    Für eine Weile – während ich allein war und ausnahmsweise niemand anderen verletzte – erlaubte ich mir diese Freude zu empfinden ohne an die damit verbundene Tragödie zu denken. Ich war einfach nur glücklich, dass sie mich mochte. Ich jubelte über den Triumph, ihre Liebe gewonnen zu haben. Ich stellte mir vor wie wir Tag für Tag nebeneinander sitzen würden, wie ich ihre Stimme hören und sie zum lächeln bringen würde.
    Ich wiederholte das Lächeln in meinen Gedanken, sah wie sich ihre vollen Lippen an den Mundwinkeln nach oben bogen, das angedeutete Grübchen, auf ihrem spitzen Kinn, wie ihre Augen warm wurden und schmolzen… Ihre Finger hatten sich heute so warm und sanft auf meiner Haut angefühlt. Ich stellte mir vor, wie sich die zarte Haut über ihren Wangenknochen anfühlen musste – seidig, warm… so zerbrechlich. Seid über Glas… beängstigend zerbrechlich.
    Ich sah nicht wo meine Gedanken hinführten bis es zu spät war. Während ich auf dieser verheerenden Verwundbarkeit verweilte, störten andere Bilder ihres Gesichtes meine Fantasien.
    Verloren in den Schatten, bleich vor Angst – und dennoch waren ihre Lippen zusammengepresst, ihre Augen fest entschlossen, voller Konzentration, ihr schmaler Körper gestrafft um die massigen Figuren zurückzuschlagen die um sie herum standen, Albträume in der Dunkelheit…
    „Ah,“ stöhnte ich als der siedende Hass den ich vor lauter Freude über ihre Liebe vollkommen vergessen hatte, erneut in einem Inferno aus Wut über mich einstürzte.
    Ich war allein. Bella war sicher zu Hause; für einen Moment war ich wahnsinnig erleichtert darüber dass Charlie Swan – der Kopf der örtlichen Gesetzeshüter, ausgebildet und bewaffnet – ihr Vater war. Das hatte etwas zu bedeuten, verschaffte ihr einen Unterschlupf.
    Sie war in Sicherheit. Es würde nicht lange dauern, diese Beleidung zu rächen…
    Nein. Sie verdiente etwas Besseres. Ich konnte es nicht zulassen, dass sie etwas für einen Mörder empfand.
    Aber… was war mit den anderen?
    Bella war in Sicherheit, ja. Angela und Jessica waren bestimmt auch sicher in ihren Betten.
    Dennoch lief ein Monster frei herum in den Straßen von Port Angeles. Ein menschliches Monster – machte ihn das zu einem menschlichen Problem? Den Mord zu begehen nachdem es mich verlangte war falsch. Das wusste ich. Aber ihm die Möglichkeit zu lassen, wieder jemanden anzugreifen war auch nicht richtig.
    Die blonde Hostess vom Restaurant. Die Kellnerin die ich nie wirklich angesehen hatte. Beide hatten mich auf lächerliche Weise genervt, aber deshalb verdienten sie noch lange keine Gefahr.
    Jede von ihnen war vielleicht für irgendjemanden seine Bella.
    Diese Erkenntnis ließ mich eine Entscheidung treffen.
    Ich wendete den Wagen Richtung Norden und beschleunigte, nun da ich ein Ziel hatte. Wann immer ich ein Problem hatte, dass zu groß für mich war – etwas handfestes wie dieses hier – wusste ich wo ich Hilfe finden konnte.
    Alice saß auf der Veranda und wartete auf mich. Ich hielt direkt vor dem Haus, statt zur Garage durch zu fahren.
    „Carlisle ist in seinem Arbeitszimmer,“ sagte Alice bevor ich fragen konnte.
    „Danke,“ sagte ich und wuschelte durch ihr Haar, als ich an ihr vorbeiging.
    Danke dass du mich zurückgerufen hast, dachte sie sarkastisch.
    „Oh,“ ich hielt vor der Tür inne und holte mein Handy aus der Tasche. „Tut mir leid. Ich hab nicht mal nachgesehen, wer es war. Ich war… beschäftigt.“
    „Ja, ich weiß. Es tut mir auch leid. Als ich sah was passieren würde, warst du schon unterwegs.“
    „Es war knapp,“ murmelte ich.
    Tut mir leid, wiederholte sie beschämt.
    Es war leicht gnädig zu sein, in dem Wissen, das es Bella gut ging. „Mach dir keine Sorgen. Ich weiß, dass du nicht auf alles achten kannst. Niemand erwartet von dir, dass du allwissend bist, Alice.“
    „Danke.“
    „Ich hätte dich heute Abend fast zum Essen eingeladen – hast du das gesehen bevor ich meine Meinung geändert habe?“
    Sie grinste. „Nein, das habe ich auch verpasst. Ich wünschte ich hätte es gewusst. Ich wäre gekommen.“
    „Worauf hast du dich denn konzentriert, dass du so viel verpasst hast?“
    Jasper denkt über unseren Jahrestag nach. Sie lachte. Er versucht sich nicht für ein Geschenk zu entscheiden, aber ich glaube ich kann es mir ungefähr vorstellen…
    „Du bist echt skrupellos.“
    „Jap.“
    Sie schürzte ihre Lippen und schaute zu mir auf mit einem leicht vorwurfsvollen Ausdruck. Später habe ich besser aufgepasst. Wirst du ihnen sagen, dass sie es weiß?
    Ich seufzte. „Ja. Später.“
    Ich werde nichts sagen. Tu mir einen Gefallen, und sag es Rosalie wenn ich nicht in der Nähe bin, okay?
    Ich zuckte mit den Schultern. „Klar.“
    Bella hat es ziemlich gut aufgenommen.
    „Zu gut.“
    Alice grinste mich an. Unterschätz Bella nicht.
    Ich versuchte das Bild auszublenden, dass ich nicht sehen wollte – Bella und Alice, beste Freunde.
    Ich seufzte schwer vor Ungeduld. Ich wollte den nächsten Teil des Abends schnell hinter mich bringen; Ich wollte, dass es vorbei war. Aber ich machte mir ein wenig Sorgen Forks zu verlassen…
    „Alice…“ fing ich an. Sie sah was ich vor hatte zu fragen.
    Heute Nacht wird ihr nichts passieren. Ich werde jetzt besser aufpassen. Sie braucht eine vierundzwanzig stündige Überwachung, nicht war?
    „Mindestens.“
    „Aber abgesehen davon wirst du bald wieder bei ihr sein.“
    Ich atmete tief durch. Ihre Worte taten gut.
    „Na los – bring es hinter dich, damit du da sein kannst wo du sein willst,“ sagte sie.
    Ich nickte und eilte hinauf zu Carlisles Zimmer.
    Er wartete bereits auf mich mit dem Blick auf die Tür geheftet, statt auf das dicke Buch das vor ihm lag.
    „Ich hab gehört, dass Alice dir gesagt hat, wo du mich finden kannst,“ sagte er und lächelte.
    Es war eine Erleichterung bei ihm zu sein, sein Einfühlungsvermögen und seine Intelligenz in seinen Augen zu sehen. Carlisle würde wissen, was zu tun ist.
    „Ich brauche Hilfe.“
    „Was immer du willst, Edward,“ versprach er.
    „Hat Alice dir erzählt, was Bella heute Abend passiert ist?“
    Was fast passiert ist, korrigierte er mich.
    „Ja, fast. Ich hab ein Problem Carlisle. Weißt du, ich möchte ihn… wirklich sehr gern… töten.“ Die Worte kamen schnell und leidenschaftlich aus mir heraus. „So sehr. Aber ich weiß, das wäre falsch, denn es wäre Rache und keine Gerechtigkeit. Es wäre nur aus Zorn und nicht objektiv. Aber dennoch kann es nicht richtig sein, einen Triebtäter und Serienmörder frei in Port Angeles herumlaufen zu lassen! Ich kenne die Menschen dort nicht, aber ich kann auch nicht zulassen, dass jemand anderes Bellas Platz einnimmt. Diese andere Frau – jemand empfindet vielleicht genauso für sie, wie ich für Bella. Er würde genauso leiden wie ich gelitten hätte, wenn Bella verletzt worden wäre. Es ist nicht richtig…“
    Sein breites unerwartetes Lächeln unterbrach den Fluss meiner Worte.
    Sie tut dir sehr gut, nicht war? So viel Mitgefühl, so viel Selbstkontrolle. Ich bin beeindruckt.
    „Ich bin nicht wegen Komplimenten hier, Carlisle.“
    „Natürlich nicht. Aber ich kann nichts für meine Gedanken, nicht war?“ Er lächelte wieder. „Ich kümmere mich darum. Du kannst beruhigt sein. Niemand wird an Bellas Stelle verletzt werden.“
    Ich sah den Plan in seinem Kopf. Es war nicht wirklich das was ich wollte, es stellte mein Verlangen nach Brutalität nicht zufrieden, aber ich wusste, dass es das Richtige war.
    „Ich zeige dir wo du sie finden kannst,“ sagte ich.
    „Dann lass uns gehen.“
    Er hob seine schwarze Tasche im Vorbeigehen auf. Ich hätte einen Aggressiveren Weg bevorzugt – wie einen gespaltenen Schädel – aber ich würde es Carlisle auf seine Weise regeln lassen.
    Wir nahmen meinen Wagen. Alice stand immer noch auf den Treppenstufen an der Veranda. Sie grinste und winkte als wir davonfuhren. Ich sah, was sie für uns vorhergesehen hatte, wir würden keine Schwierigkeiten haben.
    Die Fahrt auf der dunklen leeren Straße war sehr kurz. Ich schaltete die Scheinwerfer nicht an um keine Aufmerksamkeit zu erregen. Ich musste lächeln bei dem Gedanken wie Bella auf diese Handlung reagiert hätte. Ich war bereits langsamer gefahren als sonst – um meine Zeit mit ihr zu verlängern – als sie sich beschwert hatte.
    Carlisle dachte auch an Bella.
    Ich hätte nicht gedacht, dass sie gut für ihn ist. So unerwartet. Vielleicht war es irgendwie Vorherbestimmt. Vielleicht dient es einem höheren Zweck. Außer…
    Er stellte sich Bella mit schneeweißer Haut und blutroten Augen vor und verwarf die Vorstellung dann wieder.
    Ja. Außer. Genau. Denn wie konnte irgendetwas gut daran sein etwas so Reines und Schönes zu zerstören?
    Ich starrte finster in die Nacht, all die Freude der vergangen Stunde zerstört von seinen Gedanken.
    Edward verdient es glücklich zu sein. Das Schicksal schuldet es ihm. Die Schärfe in Carlisles Gedanken überraschte mich. Es muss einen Weg geben.
    Ich wünschte ich könnte es glauben – beides. Aber da war kein höherer Zweck in dem was Bella passierte. Nur eine bösartige Harpyie, ein hässliches, bitteres Verhängnis das es nicht ertragen konnte, Bella das Leben zu lassen, das sie verdiente.
    Ich blieb nicht in Port Angeles. Ich brachte Carlisle zu der Spelunke wo die Kreatur namens Lonnie sein Enttäuschung mit seinen Kumpels mit Alkohol hinunterspülte – zwei von ihnen waren bereits gegangen. Carlisle konnte sehen wie schwer es für mich war, ihnen so nah zu sein – seine Gedanken zu sehen, seine Erinnerungen an Bella die vermischt waren mit anderen Mädchen die weniger Glück gehabt hatten und denen niemand mehr helfen konnte.
    Mein Atem beschleunigte. Ich umklammerte das Lenkrad.
    Geh, Edward, sagte er sanft. Ich sorge dafür dass keine von ihnen mehr in Gefahr sein wird. Geh zurück zu Bella.
    Das war genau das richtige was er sagen konnte. Ihr Name war die einzige Ablenkung die etwas bei mir bewirkte.
    Ich ließ ihn allein im Wagen und rannte geradewegs durch den schlafenden Wald zurück nach Forks. Es ging schneller als der Hinweg in dem rasenden Auto. Nur wenige Minuten später kletterte ich die Hauswand hinauf und schob ihr Fenster beiseite.
    Ich seufzte leise vor Erleichterung. Alles war so wie es sein sollte. Bella lag sicher in ihrem Bett und träumte, ihre nassen Haare wie Seegras auf ihrem Kissen ausgebreitet.
    Aber anders als in den anderen Nächten, lag sie zusammengerollt wie ein Ball da und hatte die Decke eng um ihre Schultern geschlungen. Vor Kälte, vermutete ich. Bevor ich mich auf meinen üblichen Platz setzen konnte, schüttelte sie sich im Schlaf und ihre Lippen bebten.
    Ich dachte kurz nach und schlüpfte dann durch die Tür in den Flur hinaus um einen anderen Teil ihres Hauses zum ersten Mal zu erkunden.
    Charlies Schnarchen war laut und gleichmäßig. Ich schnappte einen Bruchteil seines Traumes auf. Irgendetwas mit strömendem Wasser und geduldiger Erwartung… vielleicht angeln?
    Da, am oberen Ende der Treppe war ein viel versprechend aussehender Schrank. Ich öffnete ihn hoffnungsvoll und fand wonach ich gesucht hatte. Ich nahm die am dicksten aussehende Decke von dem Stoffberg und brachte sie in ihr Zimmer. Ich würde sie zurückbringen bevor Bella aufwachte und niemand würde etwas merken.
    Während ich meinen Atem anhielt breitete ich die Decke vorsichtig über ihr aus; sie reagierte nicht auf das zusätzliche Gewicht. Ich setzte mich wieder in den Schaukelstuhl.
    Während ich gebannt darauf wartete, dass es ihr wärmer wurde, dachte ich an Carlisle und fragte mich, wo er wohl gerade war. Ich wusste, dass sein Plan aufgehen würde – Alice hatte es gesehen.
    An meinen Vater zu denken brachte mich zum seufzen – Carlisle hatte zu viel Vertrauen in mich. Ich wünschte ich wäre die Person die er in mir sah. Die Person die Glück verdiente, die hoffen konnte, dieses schlafenden Mädchen wert zu sein. Wie viel anders die Dinge wären, wenn ich dieser Edward sein könnte.
    Als ich darüber nachdachte, erfüllte ein seltsames Bild meine Gedanken.
    Für einen Augenblick verwandelte sich das hexenhafte, verhängnisvolle Gesicht, dass sich nach Bellas Zerstörung sehnte, in das eines törichten und sorglosen Engels. Ein Schutzengel – irgendetwas das Carlisles Version von mir teilte. Mit einem achtlosen Lächeln auf den Lippen, seine himmelblauen Augen voller Übermut, gestaltete der Engel Bella auf eine Art und Weise in der ich sie nicht übersehen konnte. Ein lächerlich starker Duft, der meine Aufmerksamkeit forderte, ein stummer Geist der meine Neugierde entfachte, ein stille Schönheit die meine Augen auf sich zog, eine selbstlose Seele die meine Ehrfurcht verdiente. Ohne den natürlichen Selbsterhaltungstrieb – damit Bella es aushielt in meiner Nähe zu sein – und, letztlich, noch eine Priese erschreckend großes Pech.
    Mit einem unerschrockenen Lachen, trieb der verantwortungslose Engel Bella in meine Arme und vertraute munter darauf, dass ich Bella trotz meiner fehlerhaften Moral am Leben ließ.
    In dieser Vision war ich nicht Bellas Richterspruch; sie war meine Belohnung.
    Ich schüttelte meinen Kopf über diesen verantwortungslosen Engel. Er war nicht besser als die Harpyie. Ich konnte eine höhere Macht die so gefährlich und dumm handelte nicht gut heißen. Dann lieber das hässliche Schicksal das ich bekämpfen konnte.
    Und ich hatte keinen Engel. Sie waren für die Guten reserviert – für Menschen wie Bella. Also wo war ihr Engel die ganze Zeit? Wer wachte über sie?
    Ich lachte leise, aufgeschreckt von der Erkenntnis, dass in diesem Moment ich diese Rolle einnahm.
    Ein Vampir-Engel.
    Nach ungefähr einer halben Stunde rollte Bella sich entspannt auseinander. Sie atmete tiefer und begann zu murmeln. Ich lächelte zufrieden. Es war nur eine kleine Sache, aber immerhin schlief sie in dieser Nacht besser, weil ich hier war.
    „Edward,“ seufzte sie und lächelte auch.
    Für diesen Moment schob ich alles Unheil beiseite und war einfach nur glücklich.

  • 9. Kapitel: Port AngelesDatum07.02.2010 23:00
    Thema von Julia Cullen im Forum Midnight Sun

    Als ich in Port Angeles ankam war es noch zu hell für mich um in die Stadt zu fahren; die Sonne stand immer noch zu hoch am Himmel, und, obwohl meine Scheiben schwarz getönt waren, wollte ich kein unnötiges Risiko eingehen. Mehr unnötige Risiken, sollte ich sagen.
    Ich war zuversichtlich, dass ich Jessicas Gedanken auch aus der Ferne finden würde – Jessicas Gedanken waren lauter als Angelas, aber wenn ich die eine gefunden hatte, konnte ich auch die andere finden. Wenn die Schatten länger wurden, konnte ich näher kommen. Aber jetzt lenkte ich den Wagen erst mal von der Straße auf eine überwucherte Einfahrt kurz vor der Stadt die selten genutzt wurde.
    Ich wusste die ungefähre Richtung in der ich suchen müsste – es gab wirklich nur einen Ort in Port Angeles wo man Klamotten kaufen konnte. Es dauerte nicht lange bis ich Jessica gefunden hatte, die sich vor einem dreigeteilten Spiegel hin und her drehte, und ich konnte Bella im Hintergrund sitzen sehen, um das lange schwarze Kleid, das sie trug zu begutachten.
    Bella sieht immer noch sauer aus. Ha ha. Angela hatte recht – Tyler hatte sich etwas eingebildet. Trotzdem kann ich nicht verstehen, warum sie sich so anstellt. Immerhin weiß sie, dass sie ein Date in Reserve hat für den Abschlussball. Was wenn Mike sich auf dem Frühlingsball nicht amüsiert und mich nicht noch einmal fragt, ob ich mit ihm ausgehen möchte? Was wenn er Bella zum Abschlussball einlädt? Hätte sie Mike gefragt ob er mit ihr zum Frühlingsball geht, wenn ich nichts gesagt hätte? Findet er sie hübscher als mich? Findet sie sich hübscher als mich?
    „Ich glaube ich finde das Blaue besser. Es betont deine Augen.“
    Jessica lächelte Bella mit falscher Wärme an, während sie sie misstrauisch anschielte.
    Glaubt sie das wirklich? Oder will sie, dass ich am Samstag wie eine Kuh aussehe?
    Ich hatte schon keine Lust mehr, Jessica zuzuhören. Ich suchte in der Nähe nach Angela – ah, aber Angela zog sich grad um und ich verschwand schnell wieder aus ihrem Kopf um ihr etwas Privatsphäre zu geben.
    Naja, es gab nicht viele Gefahren denen Bella in einem Bekleidungsgeschäft ausgesetzt war. Ich würde sie erst mal in Ruhe shoppen lassen und sie dann einholen wenn sie fertig waren. Es würde nicht mehr lange dauern bis es dunkel war – die Wolken kamen langsam aus Richtung Westen zurück. Ich sah sie nur schemenhaft zwischen den dicken Bäumen, aber ich konnte sehen, wie sie den Sonnenuntergang beschleunigten. Ich freute mich über sie, erflehte sie mehr als ich mich jemals zuvor nach ihren Schatten gesehnt hatte. Morgen konnte ich wieder neben Bella in der Schule sitzen, ihre ganze Aufmerksamkeit während der Pause für mich beanspruchen. Ich konnte ihr all die Fragen stellen, die ich mir aufgehoben hatte…
    Also, sie war sauer über Tylers Annahme. Ich hatte es in seinem Kopf gesehen – dass er es wörtlich gemeint hatte, als er vom Abschlussball sprach, dass er ein Anrecht erhob. Ich erinnerte mich an ihren Gesichtsausdruck an diesem einen Nachmittag – dieser geschockte Zweifel – und ich lachte. Ich fragte mich, was sie ihm wohl dazu sagen würde. Ich würde ihre Reaktion nicht verpassen wollen.
    Die Zeit verging langsam während ich darauf wartete, dass die Schatten länger wurden. Ich schaute hin und wieder nach Jessica; ihre mentale Stimme war am einfachsten zu finden, aber ich hielt es dort nicht lange aus. Ich sah das Restaurant indem sie planten zu Abend zu essen. Dann würde es dunkel sein… vielleicht würde ich zufällig dasselbe Restaurant wählen. Ich berührte das Telefon in meiner Tasche und überlegte ob ich Alice zum Essen einladen sollte… Das würde ihr gefallen, aber sie würde auch mit Bella reden wollen. Ich war mir nicht sicher, ob ich bereit war um Bella noch weiter in meine Welt zu involvieren. War ein Vampir nicht schon Problem genug?
    Ich schaute wieder bei Jessica rein. Sie dachte über ihren Schmuck nach und fragte Angela nach ihrer Meinung.
    „Vielleicht sollte ich die Kette zurückbringen. Ich hab eine Zuhause die passen könnte, außerdem hab ich schon mehr Geld ausgegeben als ich durfte…“ Meine Mutter wird ausrasten. Was hab ich mir nur dabei gedacht?
    „Es macht mir nichts aus zu dem Laden zurück zu gehen. Aber meinst du nicht, Bella wird sich wundern wo wir bleiben?“
    Was war das? Bella war nicht bei ihnen? Ich schaute zuerst durch Jessicas Augen, dann durch Angelas. Sie waren auf dem Gehweg vor einer Reihe von Läden und machten gerade kehrt. Bella war nirgendwo zu sehen.
    Oh, wen interessiert denn schon Bella? Dachte Jessica ungeduldig bevor sie Angelas Frage beantwortete. „Es geht ihr sicher gut. Wir werden schon noch früh genug bei dem Restaurant sein, auch wenn wir zurück gehen. Abgesehen davon hatte ich den Eindruck, dass sie allein sein wollte.“ Ich erhaschte einen kurzen Blick auf einen Buchladen zu dem Jessica dachte, dass Bella gegangen seih.
    „Dann lass uns beeilen,“ sagte Angela. Ich hoffe, Bella denkt nicht wir hätten sie sitzen lassen. Sie war heute im Auto so nett zu mir… sie ist wirklich ein liebenswerter Mensch. Aber sie wirkte den ganzen Tag irgendwie deprimiert. Ich frag mich, ob das mit Edward Cullen zusammenhängt? Ich wette, deshalb hat sie nach seiner Familie gefragt…
    Ich hätte besser aufpassen sollen. Was hatte ich sonst noch verpasst? Bella lief hier ganz alleine herum und sie hatte vorher nach mir gefragt? Angela schenkte nun Jessica ihre Aufmerksamkeit – Jessica quasselte über diesen Idioten Mike – und ich konnte keine Informationen mehr von ihr bekommen.
    Ich kontrollierte die Schatten. Die Sonne würde sehr bald hinter den Wolken verschwunden sein. Wenn ich auf der westlichen Seite der Straße blieb, wo die Gebäude sie vor dem schwindenden Licht abschirmten…
    Ich wurde langsam ängstlich während ich durch den dichten Verkehr Richtung Stadtmitte fuhr. Damit hatte ich nicht gerechnet – Bella lief alleine los – und ich hatte keine Ahnung, wie ich sie finden könnte. Ich hätte damit rechnen müssen.
    Ich kannte Port Angeles gut; ich fuhr direkt zu dem Buchladen aus Jessicas Kopf, in der Hoffnung, dass meine Suche kurz sein würde, bezweifelte jedoch, dass es so einfach sein würde. Wann machte Bella es je einfach?
    Und natürlich war der kleine Laden leer, abgesehen von der seltsam gekleideten Frau hinter der Kasse. Das sah nicht nach einem Ort aus, an dem Bella interessiert gewesen wäre – zu New Age für eine bodenständige Person. Ich fragte mich, ob sie überhaupt hineingegangen war?
    Da war ein schattiges Plätzchen in dem ich parken konnte… Von dem Platz führte ein dunkler Pfad direkt bis zum Überhang des Ladens. Das sollt ich wirklich nicht tun. Zu dieser Tageszeit herumzulaufen war nicht sicher. Was wenn ein vorbeifahrendes Auto die Sonne in genau dem falschen Moment in Richtung Schatten reflektieren würde?
    Aber ich wusste nicht, wie ich sonst nach Bella suchen sollte!
    Ich parkte, stieg aus und hielt mich im tiefsten Schatten auf. Schnell hastete ich in den Laden und erhaschte den Hauch von Bellas Duft in der Luft. Sie war hier gewesen, auf dem Gehweg, aber kein Zeichen ihrer Anwesenheit im Laden.
    „Guten Tag! Kann ich ihnen helfen…“ begann die Verkäuferin, aber da war ich längst wieder zur Tür hinaus.
    Ich folgte Bellas Duft soweit der Schatten es erlaubte und hielt am Rande des Sonnenlichts an.
    Wie hilflos ich mich fühlte – eingepfercht von der schmalen Linie zwischen Dunkelheit und Licht, die sich über den Gehweg vor mir zog. So eingeschränkt.
    Ich konnte nur raten, dass sie der Straße in Richtung Süden gefolgt war. Dort gab es nicht viel zu sehen. Hatte sie sich verlaufen? Naja, das schien nicht besonders abwegig.
    Ich stieg wieder ins Auto und fuhr langsam durch die Straßen, auf der Suche nach Ihr. Hin und wieder stieg ich an Schattigen Stellen aus, aber ich witterte ihren Duft nur noch ein Mal und die Richtung in die er wehte, verwirrte mich. Wo wollte sie hin?
    Ich fuhr ein paarmal zwischen dem Buchladen und dem Restaurant hin und her, in der Hoffnung ihr auf dem Weg zu begegnen. Jessica und Angela waren bereits da und überlegten ob sie schon mal bestellen oder noch auf Bella warten sollten. Jessica drängte dazu, sofort zu bestellen.
    Ich begann durch die Gedanken von Fremden zu huschen um durch ihre Augen zu sehen. Bestimmt musste sie irgendwer gesehen haben.
    Je länger sie verschwunden blieb umso nervöser und besorgter wurde ich. Ich hätte nie gedacht, dass es so schwer sein würde, sie wieder zu finden, wenn ich sie einmal, wie jetzt, verlieren würde. Das gefiel mir nicht.
    Die Wolken verdichteten sich am Horizont und in ein paar Minuten konnte ich ihr zu Fuß folgen. Dann würde ich nicht mehr so lange brauchen. Einzig die Sonne machte mich so hilflos. Nur noch ein paar Minuten und der Vorteil läge wieder auf meiner Seite, dann wäre die menschliche Welt wieder machtlos.
    Andere Gedanken und wieder andere. So viele belanglose Gedanken.
    … ich glaube das Baby hat schon wieder eine Ohrenentzündung…
    War es sechs vier null oder sechs null vier…?
    Schon wieder zu spät. Ich sollte ihm mal sagen…
    Da kommt sie! Aha!
    Endlich, da war ihr Gesicht. Letztendlich hatte jemand sie bemerkt!
    Die Erleichterung hielt nur für den Bruchteil einer Sekunde und dann las ich die Gedanken des Mannes der aus dem Schatten ihr Gesicht begutachtete genauer.
    Sein Geist war mir fremd und doch nicht ganz unbekannt. Einst hatte ich genau solche Gedanken gejagt.
    „NEIN!“ brüllte ich, und ein gewaltiges Knurren brach aus meiner Kehle. Mein Fuß trat das Gaspedal durch, aber wo sollte ich hinfahren?
    Ich kannte die ungefähre Richtung aus der die Gedanken kamen, aber das Wissen war nicht detailiert genug. Irgendetwas, da musste irgendetwas sein – ein Straßenschild, eine Ladenfront, irgendetwas in seinem Blickfeld, dass seinen Aufenthaltsort verraten würde. Aber Bella stand im Schatten und sein Blick war auf ihr verängstigtes Gesicht geheftet – er genoss ihre Angst.
    Ihr Gesicht verschwamm in seinen Gedanken mit anderen Gesichtern. Bella war nicht sein erstes Opfer.
    Das Geräusch meines Knurrens brachte den Autorahmen zum vibrieren, aber das lenkte mich nicht ab.
    In den Wänden hinter ihr waren keine Fenster. Irgendwo im Industriegebiet, weit weg von der bevölkerten Einkaufsstraße. Mein Wagen fuhr quietschend um die Kurve, überholte ein anderes Fahrzeug auf dem Weg in die, wie ich hoffte, richtige Richtung. Als der andere Fahrer hupte, war das Geräusch schon weit hinter mir.
    Sie nur wie sie zittert! Der Mann lachte erwartungsvoll. Die Angst war seine Motivation – er genoss es.
    „Bleib weg von mir.“ Ihre Stimme war ruhig und fest, kein Schrei.
    „Seih doch nicht so, Herzchen.“
    Er sah wie sie sich zu einem rauen Lachen umdrehte, das aus einer anderen Richtung kam. Das Geräusch verärgerte ihn – Halts Maul, Jeff! Dachte er – aber er mochte es wie sie zusammenzuckte. Es erregte ihn. Er begann sich ihre Bitten vorzustellen, wie sie betteln würde…
    Ich hatte nicht mitbekommen, dass da noch andere bei ihm waren, bis ich das Lachen gehört hatte. Ich verließ seine Gedanken auf der Verzweifelten Suche nach etwas was ich gebrauchen könnte. Er machte einen Schritt auf sie zu und bog seine Finger durch.
    Die Gedanken um ihn herum waren nicht so eine Kloake wie seine. Sie waren alle leicht betrunken und keiner von ihnen war sich darüber im Klaren wie weit der Kerl, den sie Lonnie nannten, vorhatte zu gehen. Sie folgten ihm blind. Er hatte ihnen ein bisschen Spaß versprochen…
    Einer von ihnen sah nervös die Straße hinunter – er wollte nicht dabei erwischt werden wie er ein Mädchen belästigte – und gab mir was ich brauchte. Ich erkannte die Kreuzung zu der er hinübersah.
    Ich überfuhr eine rote Ampel und schlidderte durch eine Lücke zwischen zwei Autos die gerade groß genug für meinen Wagen war. Hinter mir erhob sich ein wahres Hupkonzert.
    Mein Handy vibrierte in meiner Tasche. Ich ignorierte es.
    Lonnie bewegte sich langsam auf das Mädchen zu um die Spannung zu steigern – der Moment des Schreckens der ihn erregte. Er wartete auf ihren Schrei um ihn auszukosten.
    Aber Bella hielt den Mund geschlossen und spannte ihren Körper. Er war überrascht – er hatte erwartet, dass sie versuchen würde, wegzurennen. Überrascht und ein wenig enttäuscht. Er mochte es, seiner Beute nach zu rennen, das Adrenalin der Jagd.
    Diese hier ist mutig. Ich denke, dass ist vielleicht sogar besser… sie ist kämpferisch.
    Ich war nur noch einen Block entfernt. Das Monster konnte jetzt das Dröhnen meines Motors hören, aber er beachtet ihn nicht, er war zu sehr auf sein Opfer versteift.
    Mal sehen, wie er die Jagd fand, wenn er die Beute war. Mal sehen, was er von meiner Art zu jagen hielt.
    In einem anderen Teil meiner Gedanken ging ich bereits die verschiedenen Foltermethoden durch, die ich in meinen Tagen der Selbstjustiz bezeugt hatte, um die schmerzvollste herauszusuchen. Er würde dafür leiden. Er würde sich vor Schmerz winden. Die anderen würden einfach nur sterben, aber das Monster das Lonnie hieß würde um seinen Tod betteln lange bevor ich ihm dieses Geschenk machen würde.
    Ich war in der Straße, die ihre kreuzte.
    Ich flog scharf um die Kurve, meine Scheinwerfer huschten über die Szenerie und ließen alle erstarren. Ich hätte den Anführer überfahren können, der zur Seite sprang, aber das war ein zu schneller Tod für ihn.
    Der Wagen drehte sich und rutschte über die Fahrbahn, bis er wieder in die Richtung zeigte aus der ich gekommen war. Die Beifahrertür war Bella am nächsten und ich ließ sie aufschwingen. Sie rannte bereits zum Wagen.
    „Steig ein,“ knurrte ich.
    Was zum Teufel?
    Ich wusste, dass das keine gute Idee ist! Sie ist nicht allein.
    Soll ich rennen?
    Ich glaub ich muss mich übergeben…
    Bella sprang durch die offene Tür ohne zu zögern und schlug sie hinter sich zu.
    Und dann sah sie mich an, mit dem vertrauensvollsten Blick den ich je an einem Menschen gesehen hatte und all meine brutalen Pläne fielen in sich zusammen.
    Es dauerte weniger als eine Sekunde bis ich begriff, dass ich sie nicht im Wagen lassen konnte während ich mich um die vier Männer auf der Straße kümmerte. Was würde ich ihr sagen, nicht hinsehen? Hah! Wann tat sie jemals das was ich ihr sagte? Wann tat sie jemals etwas Sicheres?
    Würde ich die Kerle wegzerren, weg aus ihrer Sichtweite, und sie hier alleine lassen? Es war eher unwahrscheinlich, dass ein weiterer gefährlicher Mensch heute Nacht durch die Straßen von Port Angeles schlich, aber der erste war genauso unwahrscheinlich gewesen! Wie ein Magnet zog sie alles Gefährlich an. Ich konnte sie nicht aus den Augen lassen.
    Für sie wirkte es wie ein und dieselbe Bewegung als ich beschleunigte und sie so schnell von ihren Verfolgern wegbrachte, dass diese meinem Wagen nur mit einem verständnislosen Blick hinterher starrten. Sie hatte mein Zögern nicht bemerkte. Für sie sah es so aus, als wäre Flucht von Anfang an der Plan gewesen.
    Ich konnte ihn nicht einmal anfahren. Das würde ihr Angst machen.
    Ich wollte seinen Tod so verzweifelt, dass das Verlangen danach in meinen Ohren klingelte, meine Sicht vernebelte und wie ein bitterer Nachgeschmack auf meiner Zunge lag. Meine Muskeln waren von dem Druck angespannt, der Begierde, der Notwendigkeit. Ich musste ihn töten. Ich würde ihn langsam schälen, Stück für Stück, Haut von Muskel, Muskel von Knochen…
    Allerdings saß da das Mädchen – das einzige Mädchen auf dieser Welt – dass sich mit beiden Händen in den Sitz krallte und mich anstarrte, ihre Augen immer noch geweitet und voller Vertrauen. Vergeltung würde warten müssen.
    „Schnall dich an,“ befahl ich. Meine Stimme war rau vor lauter Hass und Blutdurst. Nicht der gewöhnliche Blutdurst. Ich würde mich nicht damit beflecken irgendeinen Teil dieses Mannes in mir aufzunehmen.
    Sie schloss den Sicherheitsgurt und schreckte zusammen bei dem leisen Klicken. Dieses kleine Geräusch lies sie zusammenzucken, aber es störte sie nicht, dass ich durch die Straße jagte und alle Verkehrsregeln missachtete. Ich fühlte dass sie mich ansah. Sie wirkte seltsam entspannt. Das ergab keinen Sinn für mich – nicht nachdem was sie gerade erlebt hatte.
    „Bist du okay?“ fragte sie, ihre Stimme war rau vor Aufregung und Angst.
    Sie wollte wissen, ob ich okay war?
    Ich dachte für den Bruchteil einer Sekunde über ihre Frage nach. Nicht lange genug für sie um das Zögern zu bemerken. War ich okay?
    „Nein,“ bemerkte ich und mein Ton schäumte vor Wut.
    Ich brachte sie zu derselben unbenutzten Einfahrt an der ich den Nachmittag verbracht hatte, beschäftigt mit der erbärmlichsten Überwachung überhaupt. Unter den Bäumen war sie jetzt schwarz.
    Ich war so wütend, dass mein Körper erstarrte und ich bewegungslos dasaß. Meine eisigen Hände sehnten sich danach ihren Angreifer zu erschlagen, ihn in Stücke zu reißen und so zu verstümmeln, dass man seinen Körper nie mehr identifizieren könnte…
    Aber das würde beinhalten, dass ich sie hier allein lassen musste, ungeschützt in der dunklen Nacht.
    „Bella?“ fragte ich mit zusammengepressten Zähnen.
    „Ja?“ erwiderte sie heiser. Sie räusperte sich.
    „Geht es dir gut?“ das war das allerwichtigste, oberste Priorität. Vergeltung war zweitrangig. Ich wusste das, aber mein Körper war so voller Wut, dass ich kaum denken konnte.
    „Ja.“ Ihre Stimme war immer noch belegt – vor Angst, kein Zweifel.
    Also konnte ich sie nicht allein lassen.
    Selbst wenn sie aus irgendwelchen unerfindlichen Gründen mal nicht in dauernder Gefahr schwebte – ein blöder Scherz, den das Universum mit mir trieb - selbst wenn ich sicher sein konnte, dass sie in meiner Abwesenheit absolut sicher war, konnte ich sie in der Dunkelheit nicht allein lassen.
    Sie musste schreckliche angst haben.
    Dennoch war ich im Moment nicht in der Lage sie zu trösten – selbst wenn ich gewusst hätte wie man so etwas macht, was ich nicht wusste. Sicher würde sie die Gewaltbereitschaft spüren, die ich ausstrahlte, so viel war offensichtlich. Ich würde sie nur noch mehr ängstigen, wenn ich die Lust jemanden abzuschlachten, die in mir brodelte, nicht bändigen konnte.
    Ich musste an etwas anderes denken.
    „Lenk mich bitte ab,“ bat ich sie.
    „Wie bitte?“
    Ich hatte kaum genug Selbstkontrolle um ihr zu erklären, was ich brauchte.
    „Plapper über irgendetwas unbedeutendes bis ich mich beruhigt habe,“ erklärte ich mit zusammengekniffenen Zähnen. Einzig die Tatsache, dass sie mich brauchte, hielt mich im Wagen. Ich konnte die Gedanken des Mannes hören, seine Enttäuschung, seine Wut… Ich wusste wo ich ihn finden konnte… Ich schloss meine Augen und wünschte mir, dass ich nichts sehen konnte…
    „Ähm…“ Sie zögerte – ich vermute sie versuchte aus meiner Bitte schlau zu werden. „Ich werde wohl Tyler Crowley morgen nach der Schule überfahren?“ Sie sagte es, als wäre es eine Frage.
    Ja – das war es was ich brauchte. Natürlich fing Bella mit etwas an, womit ich überhaupt nicht gerechnet hatte. Genau wie vorher klang der Hang zur Gewalt in ihrer Stimme eher belustigt – ein alberner Widerspruch. Wenn ich nicht innerlich gebrannt hätte vor lauter Verlangen jemanden zu töten, hätte ich gelacht.
    „Warum?“ bellte ich um sie zum weitersprechen zu bewegen.
    „Er erzählt überall herum, dass ich mit ihm zum Abschlussball gehen würde,“ sagte sie, ihre Stimme hatte wieder diesen wütenden Tiger-Kätzchen-Tonfall. „Entweder er ist total verrückt, oder er versucht immer noch es wieder gut zu machen, dass er mich fast getötet hätte, letzten… naja, du weißt schon wann,“ fügte sie trocken hinzu, „und irgendwie glaubt er, der Abschlussball wäre die beste Möglichkeit, das zu tun. Also hab ich mir gedacht, wenn ich sein Leben auch in Gefahr bringe, sind wir quitt, und er kann aufhören sich schuldig zu fühlen. Ich kann ganz gut auf Feinde verzichten und vielleicht hört Lauren auf Gift zu versprühen, wenn er mich in Ruhe lässt. Vielleicht muss ich aber auch seinen Sentra schrotten,“ fuhr sie gedankenverloren fort. „Wenn er kein Auto hat, kann er auch niemanden zum Abschlussball fahren…“
    Es war ermutigend zu sehen, dass sie manche Dinge auch mal falsch verstand. Tylers Aufmerksamkeit hatte nichts mit dem Unfall zu tun. Sie schien nicht zu verstehen wie sie auf die menschlichen Jungs an der High School wirkte. Merkte sie auch nicht, wie sie auf mich wirkte?
    Ah, es funktionierte. Ihre verblüffenden Gedankengänge zogen doch immer wieder meine Aufmerksamkeit auf sich. Ich begann wieder die Kontrolle über mich zu gewinnen, etwas anderes als Rache und Folter zu sehen…
    „Davon hab ich gehört,“ erzählte ich ihr. Sie hatte aufgehört zu reden und ich musste sie dazu bringen, dass sie weitersprach.
    „Du hast davon gehört?“ fragte sie ungläubig. Und dann klang sie wütender als zuvor. „Wenn er vom Hals abwärts gelähmt ist kann er auch nicht zum Ball gehen.“
    Ich wünschte es gäbe einen Weg sie zu bitten mit ihren Mordgelüsten und angedrohten Körperverletzungen fortzufahren ohne verrückt zu klingen. Sie hätte sich keine bessere Methode einfallen lassen können um mich zu beruhigen. Und ihre Worte – für sie reiner Sarkasmus, Übertreibung – waren eine Erinnerung die ich in diesem Moment herzlich gebrauchen konnte.
    Ich seufzte und öffnete meine Augen.
    „Besser?“ fragte sie ängstlich.
    „Nicht wirklich.“
    Nein, ich war ruhiger aber mir ging es nicht besser. Denn ich hatte gerade festgestellt, dass ich das Monster namens Lonnie nicht töten könnte, aber ich wollte es immer noch mehr als fast alles andere auf der Welt. Fast.
    Das einzige was ich im Moment mehr wollte, als einen absolut berechtigten Mord zu begehen, war dieses Mädchen. Und, obwohl ich sie nicht haben konnte, machte der Traum sie zu haben es mir unmöglich heute Nacht auf Mordtour zu gehen – ganz egal wie gerechtfertigt diese Sache sein würde.
    Bella verdiente etwas Besseres als einen Mörder.
    Ich hatte sieben Jahrzehnte damit verbracht etwas anderes als das zu sein – alles andere als ein Mörder. Diese Jahrelange Anstrengung konnte mich dennoch nicht zu dem machen, den dieses Mädchen, das neben mir saß, verdiente. Und dennoch hatte ich das Gefühl, wenn ich zu diesem Leben zurückkehrte – das Leben eines Mörders – wenn auch nur für eine Nacht, würde ich sie für immer verlieren. Selbst wenn ich nicht ihr Blut trank – selbst wenn ich nicht das flammende Rot als Beweis in meinen Augen hätte – würde sie den Unterschied nicht bemerkten?
    Ich versuchte gut genug für sie zu sein. Das war ein unmögliches Ziel. Aber ich würde es weiter versuchen.
    „Was ist los?“ flüsterte sie.
    Ihr Atem füllte meine Nase und erinnerte mich daran, warum ich sie nicht verdiente. Nach all dem was passiert war, sogar mit all der Liebe die ich für sie empfand… mir lief immer noch das Wasser im Munde zusammen.
    Ich würde ihr soviel Ehrlichkeit geben wie ich konnte. Das schuldete ich ihr.
    „Manchmal habe ich etwas Probleme mich zu beherrschen, Bella.“ Ich starrte in die schwarze Nacht und wünschte mir, dass sie den Schrecken in meiner Stimme hörte und gleichzeitig auch nicht. Der Wunsch sie würde es nicht hören, war stärker. Lauf, Bella, lauf. Bleib, Bella, bleib. „Aber es wäre nicht hilfreich, wenn ich zurückfahren und sie jagen würde…“ allein schon der Gedanke daran, ließ mich fast aus dem Wagen springen. Ich atmete tief durch und ließ ihren Duft meine Kehle hinunter brennen. „Jedenfalls, versuche ich mich davon zu überzeugen.“
    „Oh.“
    Sie sagte nichts weiter. Wie viel hatte sie aus meinen Worten herausgehört? Ich schielte heimlich zu ihr herüber, aber in ihrem Gesicht war nichts zu lesen. Ausdruckslos vor Schock, vielleicht. Naja, sie schrie wenigstens nicht. Noch nicht.
    Für einen Moment war es still. Ich rang mit mir selbst bei dem Versuch etwas zu sein was ich sein sollte. Was ich nicht sein konnte.
    „Jessica und Angela werden sich Sorgen machen,“ sagte sie leise. Ihre Stimme klang sehr ruhig und ich war mir nicht sicher, wie das sein konnte. Stand sie unter Schock? Vielleicht hatte sie die Geschehnisse des heutigen Abends noch nicht ganz realisiert? „Wir wollten uns treffen.“
    Wollte sie weg von mir? Oder machte sie sich nur Gedanken, um die Sorge ihrer Freunde?
    Ich antwortete ihr nicht, sondern startete den Wagen und fuhr zurück. Mit jedem Schritt den ich der Stadt näher kam, wurde es schwerer mich an meine Vorsätze zu halten. Ich war schon viel zu nah an ihm dran…
    Wenn es unmöglich war – wenn ich dieses Mädchen niemals haben oder verdienen könnte – wo war dann der Sinn darin, diesen Kerl unbeschadet davon kommen zu lassen? Bestimmt würde ich mir soviel erlauben können…
    Nein. Ich würde nicht aufgeben. Noch nicht. Ich wollte sie zu sehr um zu kapitulieren.
    Wir waren bereits an dem Restaurant an dem sie ihre Freunde treffen wollte, bevor ich überhaupt den Sinn meiner Gedanken verstand. Jessica und Angela hatten schon zu Ende gegessen und waren nun beide ehrlich besorgt um Bella. Sie machten sich gerade auf den Weg um nach ihr zu suchen und gingen die dunkle Straße hinunter.
    Es war keine gute Nacht für sie um alleine herumzulaufen –
    „Woher wusstest du, wo…?“ Bellas nicht beendete Frage unterbrach mich und ich bemerkte dass ich schon wieder einen Fauxpas begangen hatte. Ich war zu abgelenkt gewesen um sie zu fragen wo sie sich mit ihren Freunden treffen wollte.
    Aber anstatt, die Frage zu beenden und auf einer Antwort zu beharren, schüttelte Bella nur ihren Kopf und lächelte leicht.
    Was hatte das nun wieder zu bedeuten?
    Naja, ich hatte keine Zeit über ihre seltsame Akzeptanz meines noch seltsameren Wissens zu rätseln. Ich öffnete meine Tür.
    „Was machst du?“ fragte sie verwirrt.
    Dich nicht aus den Augen lassen. Mir nicht erlauben heute Nacht allein zu sein. In dieser Reihenfolge. „Ich lade dich zum Essen ein.“
    Naja, das würde interessant werden. Es wirkte als wäre es eine andere Nacht gewesen, in der ich mir überlegt hatte, Alice mitzubringen und so zu tun als hätte ich zufällig das selbe Restaurant ausgewählt wie Bella und ihre Freundinnen. Und jetzt stand ich hier und hatte praktisch eine Verabredung mit dem Mädchen. Obwohl es nicht wirklich zählte da ich ihr nicht die Gelegenheit gab, abzulehnen.
    Sie hatte ihre Tür schon halb geöffnet, bevor ich um das Auto herum war – normalerweise war es nicht allzu frustrierend sich in einer unauffälligen Geschwindigkeit zu bewegen – statt darauf zu warten, dass ich das für sie tat. Tat sie das weil sie es nicht gewohnt war wie eine Dame behandelt zu werden oder weil sie mich nicht für einen Gentleman hielt?
    Ich wartete auf sie während ich beobachtete wie ihre Freundinnen fast um die dunkle Ecke verschwanden.
    „Würdest du bitte Jessica und Angela davon abhalten nach dir zu suchen, bevor ich sie auch noch retten muss?“ bat ich sie schnell. „Ich glaube nicht, dass ich mich beherrschen kann, wenn ich deinen anderen Freunden noch einmal begegne.“ Nein, dafür wäre ich nicht stark genug.
    Sie zuckte zusammen und fasste sich dann schnell wieder. Sie machte einen Schritt in ihre Richtung und rief, „Jess! Angela!“ mit kräftiger Stimme. Sie drehten sich um und sie wedelte mit ihrem Arm über ihrem Kopf herum um ihre Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.
    Bella! Es geht ihr gut! Dachte Angela erleichtert.
    Ziemlich spät. Grummelte Jessica vor sich hin, aber auch sie war dankbar, dass Bell nichts zugestoßen war. Das machte sie etwas sympathischer.
    Sie eilten zurück und blieben dann abrupt stehen, geschockt, als sie mich neben ihr sahen.
    Oh – oh! Dachte Jess, überrascht. Auf keinen Fall!
    Edward Cullen? Ist sie alleine losgegangen um ihn zu suchen? Aber warum sollte sie sich danach erkundigen, dass sie nicht in der Stadt waren, wenn sie wusste, dass er hier war… Ich erhaschte einen kurzen Blick auf Bellas gekränktes Gesicht als sie Angela gefragt hatte, ob meine Familie öfter mal der Schule fernblieb. Nein, sie konnte es nicht gewusst haben, entschied Angela.
    Jessicas Gedanken hatte die Überraschung überwunden und begannen mit den Spekulationen. Bella verheimlicht mir etwas.
    „Wo warst du?“ fragte sie. Sie schaute Bella an aber beobachtete mich aus den Augenwinkeln.
    „Ich hatte mich verlaufen. Und dann habe ich Edward getroffen,“ sagte Bella und wedelte mit einer Hand in meine Richtung. Ihre Stimme klang seltsam normal. Als wäre das wirklich alles was passiert war.
    Sie musste einfach unter Schock stehen. Das war die einzige Erklärung für ihre Ruhe.
    „Wäre es in Ordnung, wenn ich mich euch anschließen würde?“ fragte ich – um höflich zu sein; ich wusste, dass sie bereits gegessen hatten.
    Heilige Scheiße, ist der heiß! Dachte Jessica, ihre Gedanken waren plötzlich unzusammenhängend.
    Angela war nicht viel mehr gefasst. Ich wünschte wir hätten noch nicht gegessen. Wow. Einfach nur. Wow.
    Warum konnte Bella nicht so auf mich reagieren?
    „Äh… klar,“ stimmte Jessica zu.
    Angelas Blick wurde etwas düster. „Ähm, eigentlich haben wir schon gegessen, während wir auf dich gewartet haben, Bella,“ gab sie zu. „Tut mir leid.“
    Was? Halt die Klappe! Beschwerte sich Jessica innerlich.
    Bella zuckte lässig mit den Schultern. So ungezwungen. Definitiv unter Schock. „Das ist ok – ich hab sowieso keinen Hunger.“
    „Ich denke, du solltest etwas essen,“ wiedersprach ich. Sie brauchte Zucker für ihren Kreislauf – obwohl ihr Blut süß genug roch, so wie es war, dachte ich ironisch. Das Entsetzen würde sie jeden Moment packen und ein leerer Magen würde da nicht helfen. Sie wurde leicht ohnmächtig wie ich aus Erfahrung wusste.
    Diese Mädchen waren nicht in Gefahr wenn sie sich sofort auf den Heimweg machen würden. Die Gefahr verfolgte nicht jeden ihrer Schritte.
    Und ich wäre lieber allein mit Bella – so lange sie auch mit mir allein sein wollte.
    „Würde es dir etwas ausmachen, wenn ich Bella heute nach Hause fahre?“ sagte ich zu Jessica bevor Bella etwas entgegnen konnte. „Dann müsstet ihr nicht warten, während sie isst.“
    „Äh, nein, das ist kein Problem, denke ich…“ Jessica schaute Bella intensiv an und hielt nach einem Anzeichen dafür Ausschau, dass es das war was sie wollte.
    Ich würde so gern bleiben… aber sie will ihn vermutlich für sich allein haben. Wer würde das nicht wollen? Dachte Jess. Zur gleichen Zeit, sah sie wie Bella ihr zuzwinkerte.
    Bella zwinkerte?
    „Okay,“ sagte Angela schnell, sie hatte es eilig zu verschwinden, wenn es das war, was Bella wollte. Und es schien, dass sie es wirklich wollte. „Wir sehen uns dann morgen, Bella… Edward.“ Sie bemühte sich meinen Namen so lässig wie möglich auszusprechen. Dann griff sie nach Jessicas Hand und zog sie von uns weg.
    Ich würde einen Weg finden müssen um Angela dafür zu danken.
    Jessicas Auto stand nicht weit entfernt in dem Lichtkegel einer Straßenlaterne. Bella beobachtete sie genau, bis sie im Wagen waren, eine kleine Sorgenfalte auf der Stirn. Sie musste sich also sehr wohl im Klaren darüber sein, in was für einer Gefahr sie sich befunden hatte. Jessica winkte noch einmal als sie davon fuhr und Bella winkte zurück. Erst als der Wagen verschwunden war, atmete sie tief durch und wandte sich zu mir um.
    „Ehrlich, ich bin nicht hungrig,“ sagte sie.
    Warum hatte sie gewartet bis sie weg waren um zu reden? Wollte sie wirklich mit mir allein sein – sogar jetzt, nachdem sie meine mörderische Wut bezeugt hatte?
    Ob das nun der Fall war oder nicht, sie würde etwas essen.
    „Tu mir den Gefallen,“ sagte ich.
    Ich öffnete ihr die Restauranttür und wartete.
    Sie seufzte und trat ein.
    Ich ging neben ihr zu dem Podium an dem die Hostess stand. Bella wirkte immer noch vollkommen selbstbeherrscht. Ich wollte ihre Hand berühren, ihre Stirn, um ihre Temperatur zu überprüfen. Aber sie würde vor meiner kalten Hand zurückschrecken wie zuvor.
    Oh, Mann, die recht laute mentale Stimme der Hostess drang in mein Bewusstsein. Oh Mann, oh Mann.
    Heute Nacht verdrehte ich einige Köpfe. Oder bemerkte ich es heute nur so intensiv, weil ich so sehr wollte, dass Bella mich so sah? Wir wirkten immer besonders anziehend auf unsere Beute. Ich hatte nie besonders darüber nachgedacht. Normalerweise – es seih denn man versuchte wiederholt, wie Shelly Cope und Jessica Stanley, den Schrecken zu übersehen – gewann die Angst recht schnell die Oberhand über die anfänglichen Anziehung…
    „Ein Tisch für zwei?“ bat ich, als die Hostess nichts sagte.
    „Oh, äh, ja. Willkommen im La Bella Italia.“ Mmm! Was für eine Stimme! „Folgen sie mir bitte.“ Ihre Gedanken waren abwesend – abschätzend.
    Vielleicht ist sie seine Kusine. Sie kann nicht sein Schwester sein, sie sehen sich kein bisschen ähnlich. Aber auf jeden Fall verwandt. Er kann nicht mit ihr zusammen sein.
    Der menschliche Blick war getrübt; sie sahen nicht klar. Wie konnte diese kleingeistige Frau meine Erscheinung – eine Falle für die Beute – so attraktive finden aber trotzdem nicht in der Lage sein, die sanfte Perfektion des Mädchens neben mir zu sehen?
    Naja, man muss ihr ja nicht auch noch helfen, nur für den Fall, dachte die Hostess während sie uns an einen Vier-Personen Tisch in der Mitte des überfüllten Teils des Restaurants führte. Kann ich ihm meine Nummer geben, wenn sie daneben sitzt…? Grübelte sie.
    Ich zog einen Schein aus meiner hinteren Hosentasche. Menschen waren besonders kooperativ, wenn Geld mit im Spiel war.
    Bella war bereits im Begriff sich zu setzen. Ich schüttelte meinen Kopf in ihre Richtung und sie zögerte während sie ihren Kopf verwirrt zur Seite neigte. Ja, sie würde heute Nacht noch verwirrter sein. Eine Menschenmenge war nicht der ideale Ort für so eine Unterhaltung.
    „Vielleicht hätten Sie einen etwas ruhigeren Tisch für uns?“ fragte ich die Dame und reichte ihr den Schein. Ihre Augen weiteten sich vor Überraschung und verengten sich wieder als sie den Schein entgegen nahm.
    „Natürlich.“
    Sie schielte auf den Schein, während sie uns hinter eine Trennwand führte.
    Fünfzig Dollar für einen besseren Tisch? Reich ist er auch noch. Das macht Sinn – ich wette seine Jacke ist mehr wert als mein letzter Gehaltscheck. Verdammt. Warum will er mit ihr allein sein?
    Sie bot uns einen Tisch in einer ruhigen Ecke des Restaurants an, wo uns niemand sehen konnte – wo niemand Bellas Reaktion sehen konnte auf was immer ich ihr erzählen würde. Ich hatte keine Ahnung, was sie heute von mir wissen wollen würde. Oder was ich ihr preisgeben würde.
    Wie viel hatte sie bereits erahnt? Welche Erklärungen der heutigen Ereignisse hatte sie sich selbst zusammengereimt?
    „Wie wäre dieser Tisch?“ fragte die Hostess.
    „Perfekt,“ beteuerte ich ihr und, etwas genervt von ihrem herablassenden Verhalten Bella gegenüber, lächelte ich sie breit an und zeigte meine Zähne. Damit sie mich richtig sah.
    Whoa. „Ähm… ihre Kellnerin wird sofort bei ihnen sein.“ Er kann nicht echt sein. Ich muss träumen. Vielleicht verschwindet sie… vielleicht sollte ich meine Nummer mit Ketchup auf seinen Teller schreiben… Sie wandte sich ab und wankte leicht davon.
    Seltsam. Sie hatte immer noch keine Angst. Ich erinnerte mich plötzlich daran wie Emmett mich vor so vielen Wochen in der Cafeteria aufgezogen hatte. Ich wette ich hätte ihr mehr Angst einjagen können als du.
    Verlor ich meinen Schrecken?
    „Du solltest wirklich aufhören so etwas mit den Menschen zu machen,“ unterbrach Bella missbilligend meine Gedanken. „Das ist wirklich nicht fair.“
    Ich sah ihren kritischen Gesichtsausdruck. Was meinte sie? Ich hatte die Dame nicht verängstigt, obwohl ich es vorgehabt hatte. „Was mache ich denn?“
    „Leute so zu blenden – sie hyperventiliert vermutlich gerade in der Küche.“
    Hmm. Bella lag fast richtig. Die Hostess war im Moment wenig zusammenhängend, während sie ihre inkorrekte Beschreibung von mir ihren Kollegen zum Besten gab.
    „Ach, komm schon,“ zog Bella mich auf, als ich nicht direkt antwortete. „Du musst doch wissen, wie du auf die Mensch wirkst.“
    „Ich blende die Leute?“ Das war eine interessante Umschreibung. Korrekt genug für heute Abend. Ich frag mich, warum es so anders war…
    „Du hast es nicht bemerkt?“ fragte sie kritisch. „Glaubst du jeder bekommt so einfach was er will?“
    „Blende ich dich?“ meine Neugier brach aus mir heraus bevor ich die Worte zurückhalten konnte.
    Aber bevor ich wirklich bereuen konnte die Worte ausgesprochen zu haben, antwortete sie, „Manchmal.“ Und ihre Wangen bekamen einen leichten Rotton.
    Ich blendete sie.
    Mein stummes Herz schwoll vor einer so intensiven Hoffnung an die ich noch nie zuvor empfunden hatte.
    „Hallo,“ sagte jemand. Die Kellnerin. Ihre Gedanken waren lauter und expliziter als die der Hostess, aber ich blendete sie aus. Stattdessen starrte ich auf Bellas Gesicht, beobachtete wie das Blut unter ihrer Haut floss, bemerkte nicht, wie es in meiner Kehle brannte, aber bemerkte sehr wohl wie es ihr blasses Gesicht erhellte, wie es ihre cremige Haut betonte…
    Die Kellnerin wartete auf etwas von mir. Ah, sie hatte gefragt, was wir trinken wollten. Ich schaute immer noch auf Bella und die Kellnerin wandte sich ihr fluchend zu.
    „Ich nehme eine Cola?“ sagte Bella, als ob sie um Erlaubnis fragte.
    „Zwei Cola,“ bestellte ich. Durst – normaler, menschlicher Durst – war ein Zeichen von Schock. Ich würde sichergehen, dass sie den Zucker aus der Cola in ihren Kreislauf aufnahm.
    Sie sah ziemlich gesund aus. Mehr als gesund. Sie sah blendend aus.
    „Was?“ verlangte sie – sie fragte sich wohl, warum ich sie anstarrte. Ich hatte kaum mitbekommen, dass die Kellnerin gegangen war.
    „Wie fühlst du dich?“ fragte ich.
    Die Frage überraschte sie. „Mir geht es gut.“
    „Du fühlst dich nicht schwindelig, schlecht, kalt?“
    Das verwirrte sie noch mehr. „Sollte ich?“
    „Naja, ehrlichgesagt warte ich darauf, dass du einen Schock bekommst.“ Ich lächelte leicht und erwartete ihren Wiederspruch. Sie wollte nicht, dass man sich um sie kümmerte.
    Sie brauchte eine Minute um mir zu antworten. Ihr Blick war irritiert. So schaute sie manchmal wenn ich sie anlächelte. War sie… geblendet?
    Das würde ich nur zu gerne glauben.
    „Ich glaube nicht, dass das passiert. Ich war schon immer gut darin unangenehme Dinge auszublenden,“ antwortete sie ein wenige atemlos.
    Hatte sie viel Erfahrung mit unangenehmen Dingen? War ihr Leben immer so gefährlich?
    „Ich fühle mich besser, wenn du etwas Zucker und Essen zu dir genommen hast.“
    Die Kellnerin brachte die Colas und einen Korb mit Brot. Sie stellte alles ab und versuchte Augenkontakt mit mir herzustellen während sie nach meiner Bestellung fragte. Ich gab ihr zu verstehen, dass sie sich auf Bella konzentrieren sollte und blendete sie dann wieder aus. Ihre Gedanken waren vulgär.
    „Ähm…“ Bella warf einen kurzen Blick auf die Speisekarte. „Ich nehme die Pilzravioli.“
    Die Kellnerin wandte sich sofort wieder zu mir um. „Und für dich?“
    „Ich nehme nichts, danke.“
    Bella machte ein beleidigtes Gesicht. Hmm. Sie musste bemerkt haben dass ich nie aß. Sie bemerkte alles. Und ich vergaß in ihrer Gegenwart immer vorsichtig zu sein.
    Ich wartete, bis wir wieder allein waren.
    „Trink,“ ermahnte ich sie.
    Ich war überrascht, als sie sofort reagierte ohne Wiederworte zu geben. Sie trank das Glas in einem Zug leer, also schob ich ihr stirnrunzelnd die zweite Cola herüber. Durst oder Schock?
    Sie trank noch ein paar Schlucke und schüttelte sich kurz.
    „Ist dir kalt?“
    „Nur die Cola,“ sagte sie, aber sie zitterte wieder und ihre Lippen bebten leicht als würden ihre Zähne gleich anfangen zu klappern.
    Die schöne Bluse die sie trug war zu dünn um sie zu schützen. Sie lag an ihr wie eine zweite Haut und war genauso zart wie die erste. Sie war so schwach, so sterblich. „Hast du keine Jacke dabei?“
    „Doch.“ Sie sah sich etwas verwundert um. „Oh – Ich hab sie in Jessicas Wagen liegen lassen.“
    Ich zog meine Jacke aus und hoffte, dass die Geste nicht durch meine Körpertemperatur geschmälert wurde. Es wäre schön gewesen ihr einen warmen Mantel anbieten zu können. Sie schaute mich wieder mit leicht erröteten Wangen an. Was dachte sie jetzt?
    Ich reichte ihr die Jacke über den Tisch und sie zog sie sofort an, dann zitterte sie wieder.
    Ja, es wäre schön warm zu sein.
    „Danke,“ sagte sie. Sie atmete tief ein und schob dann die Ärmel der Jacke soweit hoch, dass sie ihre Hände frei bekam. Dann atmete sie wieder tief durch.
    Wurden ihr die Geschehnisse des heutigen Abends endlich bewusst? Ihr Gesichtsfarbe war immer noch normal; ihre Haut war cremig und rosig neben dem dunklen Blau ihrer Bluse.
    „Die Farbe Blau hebt deinen Hautton sehr schön hervor,“ bemerkte ich. Ich war nur ehrlich.
    Sie errötete und verstärkte dadurch den Effekt.
    Sie sah gesund aus, aber das war kein Grund so zu tun, als wäre nichts gewesen. Ich schob ihr den Korb mit Brot zu.
    „Ehrlich,“ wiedesprach sie, als sie erriet was ich vorhatte. „Ich bekomme keinen Schock.“
    „Das solltest du aber – ein normaler Mensch würde einen Schock bekommen. Du siehst nicht einmal verängstigt aus.“ Ich beobachtete sie, abschätzend und fragte mich, warum sie nicht normal sein konnte und dann, ob ich das wirklich wollte.
    „Ich fühle mich sicher bei dir,“ sagte sie und ihre Augen waren wieder voller Vertrauen. Vertrauen das ich nicht verdiente.
    Ihre Instinkte waren vollkommen falsch – entgegengesetzt. Das musste das Problem sein. Sie sah die Gefahr nicht so wie ein menschliches Wesen sie sehen sollte. Sie hatte die gegenteilige Reaktion. Anstatt zu rennen, verweilte sie, angezogen von dem was sie ängstigen sollte…
    Wie sollte ich sie vor mir selbst schützen wenn keiner von uns beiden das wollte?
    „Das ist komplizierter als ich gedacht hätte,“ murmelte ich.
    Ich konnte sehen wie sie meine Worte in ihrem Kopf drehte und wendete und ich fragte mich, was sie daraus machte. Sie nahm eine Brotstangen und begann zu essen, ohne es wirklich zu bemerken. Sie kaute einen Moment und legte ihren Kopf dann gedankenverloren zur Seite.
    „Normalerweise bist du besser gelaunt, wenn deine Augen so hell sind,“ sagte sie ihn einem lässigen Tonfall.
    Ihre Beobachtung, so selbstverständlich ausgesprochen, lies mich taumeln. „Was?“
    „Du bist immer sehr schlecht gelaunt, wenn deine Augen schwarz sind – dann rechne ich damit. Ich hab eine Theorie dazu,“ fügte sie leichthin hinzu.
    Also hatte sie sich ihre eigenen Theorien zusammengebastelt. Natürlich hatte sie das. Ich bekam ein wenig Angst als ich versuchte mir vorzustellen wie nahe sie der Wahrheit gekommen sein könnte.
    „Mehr Theorien?“
    „Mm-hm.“ Sie kaute einen weiteren Bissen, absolut unbekümmert. Als ob sie nicht gerade die Eigenschaften eines Monster mit dem Monster selbst besprechen würde.
    „Ich hoffe, du warst diesmal etwas kreativer…“ log ich, als sie nicht weitersprach. Was ich wirklich hoffte war, dass sie falsch lag – Meilenweit von der Wahrheit entfernt. „Oder klaust du immer noch aus Comics?“
    „Naja, nein, ich hab es nicht aus einem Comic,“ sagte sie etwas verschämt. „Aber ich bin auch nicht ganz allein darauf gekommen.“
    „Und?“ fragte ich durch meine Zähne.
    Sie würde bestimmt nicht so locker reden, wenn sie kurz davor war zu schreien.
    Als sie sich zögernd auf die Lippe biss, kam die Kellnerin mit ihrem Essen um die Ecke. Ich beachtete sie kaum als sie den Teller vor Bella abstellte und fragte, ob ich noch etwas bräuchte.
    Ich verneinte, bestellte aber noch etwas Cola. Die Kellnerin hatte die leeren Gläser nicht bemerkt. Sie nahm sie an sich und verschwand.
    „Du wolltest etwas sagen?“ brachte ich ungeduldig hervor sobald wir wieder allein waren.
    „Ich erzähl es dir im Auto,“ sagte sie leise. Ah, das würde böse werden. Sie wollte ihre Vermutung nicht vor anderen aussprechen. „Wenn…“ fuhr sie plötzlich fort.
    „Es gibt Bedingungen?“ ich war so gespannt, dass ich die Worte fast knurrte.
    „Ich hab natürlich ein paar Fragen.“
    „Natürlich,“ stimmte ich mit fester Stimme zu.
    Ihr Fragen würden vielleicht ausreichen um mir zu zeigen in welche Richtung ihre Theorie ging. Aber wie sollte ich sie beantworten? Mit vertretbaren Lügen? Oder würde ich sie mit der Wahrheit davon kommen lassen? Oder würde ich gar nichts sagen, da ich mich nicht entscheiden konnte?
    Wir saßen uns stumm gegenüber während die Kellnerin zwei weitere Colas brachte.
    „Na dann leg mal los,“ sagte ich, als sie wieder verschwunden war und biss die Zähne zusammen.
    „Warum bist du in Port Angeles?“
    Das war eine zu einfache Frage – für sie. Die Frage verriet nichts, wohingegen meine Antwort viel zu viel verraten würde. Sie sollte zuerst etwas aufdecken.
    „Nächste,“ sagte ich.
    „Aber das ist doch die einfachste!“
    „Nächste,“ sagte ich wieder.
    Meine Ablehnung frustrierte sie. Sie wandte den Blick von mir ab und schaute auf ihr Essen. Während sie scharf nachdachte, nahm sie einen Bissen und kaute sorgfältig. Sie spülte den Bissen mit etwas Cola hinunter und sah wieder zu mir auf. Ihre Augen waren zu schmalen Schlitzen zusammengekniffen während sie überlegte.
    „Na gut, dann,“ sagte sie, „sagen wir mal, rein hypothetisch natürlich, jemand… weiß was andere Menschen denken, kann ihre Gedanken lesen, sowas in der Art – mit ein paar Ausnahmen.“
    Es könnte schlimmer sein.
    Das erklärte das kleine Lächeln im Auto. Sie war schnell – bisher hatte das noch niemand von mir erraten. Abgesehen vor Carlisle, aber damals war es ziemlich offensichtlich gewesen, als ich zu Beginn alle seine Gedanken beantwortet hatte, als hätte er sie laut ausgesprochen. Er verstand es bevor ich es verstand…
    Die Frage war nicht so schlimm. Da klar war, dass sie wusste, dass mit mir etwas nicht stimmte, war diese Frage nicht so ernst. Gedankenlesen war immerhin keine typische Eigenschaft für Vampire. Ich ging auf ihre Hypothese ein.
    „Nur eine Ausnahme,“ korrigierte ich. „Hypothetisch.“
    Sie unterdrückte ein Lächeln – meine vage Ehrlichkeit gefiel ihr. „Na gut, mit einer Ausnahme also. Wie funktioniert das? Wo sind die Grenzen? Wie könnte… dieser Jemand… jemand anderen zu genau der richtigen Zeit finden? Wie könnte er wissen, dass sie in Gefahr war?“
    „Hypothetisch?“
    „Klar.“ Ihre Lippen zuckten und ihre flüssigen braunen Augen schauten mich begierig an.
    „Naja,“ ich zögerte. „Wenn… dieser Jemand…“
    „Sagen wir, er heißt Joe,“ schlug sie vor.
    Ich musste über ihren Enthusiasmus lächeln. Glaubte sie wirklich die Wahrheit wäre etwas Gutes? Wenn meine Geheimnisse angenehm wären, warum sollte ich sie dann vor ihr bewahren?
    „Also dann Joe,“ stimmte ich zu. „Wenn Joe gut aufpasste müsste das Timing gar nicht mal so gut sein.“ Ich schüttelte meinen Kopf und unterdrückte einen Schauer bei dem Gedanken, dass ich heute beinahe zu spät gekommen wäre. „Nur du kannst in einer so kleinen Stadt in Schwierigkeiten geraten. Du hättest ihre Verbrechensrate für die nächsten Jahrzehnte in die Höhe getrieben.“
    Ihre Mundwinkel senkten sich und sie zog einen Schmollmund. „Wir haben von einem rein hypothetischen fall gesprochen.“
    Ich lachte über ihren Ärger.
    Ihre Lippen, ihre Haut… sie sahen so weich aus. Ich wollte sie berühren. Ich wollte mit meinen Fingerspitzen ihre Mundwinkel berühren und sie wieder nach oben ziehen. Unmöglich. Meine Haut würde abstoßend auf sie wirken.
    „Ja, stimmt,“ sagte ich um zu der Unterhaltung zurückzukommen bevor ich mich noch mehr deprimierte. „Sollen wir dich Jane nennen?“
    Sie beugte sich über den Tisch zu mir herüber, jedwede Belustigung und Verunsicherung waren aus ihrem Blick gewichen.
    „Woher wusstest du es?“ fragte sie mit ruhiger und fester Stimme.
    Sollte ich ihr die Wahrheit sagen? Und wenn ja, wie viel?
    Ich wollte es ihr sagen. Ich wollte das Vertrauen verdienen, dass ich immer noch in ihrem Gesicht sah.
    „Du kannst mir vertrauen, weißt du,“ flüsterte sie und streckte eine Hand aus, als wolle sie meine Hände berühren, die gefaltet auf dem leeren Tisch vor mir lagen.
    Ich zog sie zurück – ich hasste die Vorstellung ihrer Reaktion auf meine kalte, steinerne Haut – und sie ließ ihre Hand fallen.
    Ich wusste, dass ich darauf vertrauen konnte, dass sie meine Geheimnisse bewahrte; sie war absolut vertrauenswürdig, durch und durch gut. Aber ich konnte nicht darauf vertrauen, dass sie nicht entsetzt sein würde. Sie sollte entsetzt sein. Die Wahrheit war Entsetzlich.
    „Ich weiß nicht, ob ich noch die Wahl habe,“ murmelte ich. Ich erinnerte mich daran, dass ich sie mal damit aufgezogen hatte, dass sie `sehr unaufmerksam` war. Ich hatte sie damit beleidigt, wenn ich ihren Gesichtsausdruck richtig gedeutet hatte. Naja, ich konnte diese Fehleinschätzung korrigieren. „Ich lag falsch – du bist viel aufmerksamer als ich dir zugetraut hatte.“ Und obwohl sie es vielleicht nicht bemerkt hatte, ich traute ihr eine Menge zu. Ihr entging nichts.
    „Ich dacht, du hättest immer recht,“ sagte sie und zog mich lächelnd auf.
    „Normalerweise schon.“ Normalerweise wusste ich was ich tat. Normalerweise war ich mir der Dinge sicher. Und jetzt war alles Chaos und Tumult.
    Dennoch würde ich es nicht eintauschen wollen. Ich wollte nicht das Leben, das Sinn machte. Nicht wenn Chaos bedeutete, bei Bella zu sein.
    „Ich lag falsch was dich angeht und noch bei einer anderen Sache,“ fuhr ich fort und wechselte gleich das Thema. „Du bist kein Magnet für Unfälle – das ist nicht ganz die Richtige Bezeichnung. Du bist ein Magnet für Gefahren. Wenn es im Umkreis von zehn Meilen irgendeine Gefahr gibt, wird sie dich finden.“ Warum sie? Was hatte sie getan um das alles zu verdienen?
    Bellas Gesichtsausdruck wurde wieder ernst. „Und du zählst dich selbst auch zu diesen Gefahren?“
    Auf diese Frage ehrlich zu antworten war wichtiger als alles andere. „Eindeutig.“
    Ihre Augen verengten sich leicht – nicht argwöhnisch diesmal, sondern seltsam betroffen. Sie streckte ihre Hand wieder über den Tisch, langsam und ganz bewusst. Ich zog meine Hand ein Stück zurück, aber sie ignorierte es, sie war entschlossen mich zu berühren. Ich hielt den Atem an – nicht wegen ihres Duftes, sondern wegen der plötzlichen überwältigenden Anspannung. Angst. Meine Haut würde sie abschrecken. Sie würde davonlaufen.
    Sie strich sanft mit ihren Fingerspitzen über meinen Handrücken. Die Hitze ihrer sanften, freiwilligen Berührung war mit nichts zu vergleichen dass ich je zuvor gefühlt hatte. Es war fast reine Freude. Hätte es sein können, wenn ich nicht solche Angst gehabt hätte. Ich beobachtete ihr Gesicht, als sie meine kalte steinerne Haut berührte und war immer noch nicht in der Lage zu atmen.
    Ihre Mundwinkel hoben sich zu einem kleinen Lächeln.
    „Danke,“ sagte sie und erwiderte meinen Blick. „Das war schon das zweite Mal.“
    Ihre weichen Finger verweilten auf meiner Hand als ob es ihnen dort gefiel.
    Ich antwortete ihr so locker ich konnte. „Wir sollten es nicht auf ein drittes Mal ankommen lassen, einverstanden?“
    Sie verzog ein bisschen das Gesicht, nickte aber.
    Ich zog meine Hand unter ihrer weg. So wunderbar wie sich ihre Berührung angefühlt hatte, wollte ich nicht darauf warten, dass die Magie ihrer Toleranz verschwand und sich in Abscheu verwandelte. Ich versteckte meine Hände unter dem Tisch.
    Ich las in ihren Augen; obwohl ihre Gedanken stumm waren, konnte ich Vertrauen und Bewunderung in ihnen erkennen. In diesem Moment bemerkte ich, dass ich ihre Fragen beantworten wollte. Nicht weil ich es ihr schuldete. Nicht weil ich wollte, dass sie mir vertraute.
    Ich wollte, dass sie mich kannte.
    „Ich bin dir nach Port Angeles gefolgt,“ sagte ich ihr, die Worte sprudelten so schnell aus mir heraus, dass ich sie nicht überdenken konnte. Ich kannte die Gefahren der Wahrheit, das Risiko das ich einging. Jeden Moment konnte ihre unnatürliche Gelassenheit in Hysterie umschwenken. Aber das brachte mich nur dazu, noch schneller zu sprechen. „Ich habe noch nie zuvor versucht jemanden zu beschützen und es ist schwieriger als ich gedacht hätte. Aber das liegt vermutlich nur daran, dass du es bist. Normale Menschen scheinen den Tag ohne größere Katastrophen zu überstehen.“
    Ich beobachtete sie abwartend.
    Sie lächelte. Ihre Mundwinkel hoben sich und ihre Schokoladen-Augen wurden warm.
    Ich hatte gerade zugegeben, dass ich sie verfolgte und sie lächelte.
    „Hast du je darüber nachgedacht, dass meine Tage beim ersten Mal schon gezählt waren, als der Van auf mich zukam und du ins Schicksal eingegriffen hast?“ fragte sie.
    „Das war nicht das erste Mal,“ sagte ich und starrte auf den dunklen Tisch, meine Schultern beschämt gesenkt. „Deine Tage waren gezählt, als ich dich das erste Mal gesehen habe.“
    Es war die Wahrheit und es erzürnte mich. Ich hing über ihrem Leben wie die Klinge einer Guillotine. Es war als wäre sie von einem grausamen, ungerechten Schicksal zum Tode verurteilt und – nachdem ich mich als unbrauchbares Werkzeug erwiesen hatte –versuchte dieses Schicksal immer wieder sie zu töten. Ich versuchte mir dieses Schicksal bildlich vorzustellen – eine grausige, eifersüchtige Hexe, eine rachsüchtige Harpyie.
    Ich wollte etwas oder jemanden haben, der dafür verantwortlich war – damit ich etwas Konkretes hatte, gegen das ich kämpfen konnte. Irgendetwas zum vernichten, damit Bella sicher war.
    Bella war sehr ruhig; ihr Atem ging schneller.
    Ich sah zu ihr auf, wohlwissentlich dass ich endlich die Angst sehen würde auf die ich so lange gewartet hatte. Hatte ich nicht gerade zugegeben wie nah ich daran gewesen war sie zu töten? Näher als der Van der versucht hatte sie zu zerquetschen. Und doch war ihr Gesicht immer noch entspannt, ihre Augen nur verwundert zusammengezogen.
    „Erinnerst du dich?“ Sie musste sich daran erinnern.
    „Ja,“ sagte sie mit klarer fester Stimme. Ihre tiefen Augen waren voller Erkenntnis.
    Sie wusste es. Sie wusste, dass ich sie hatte töten wollen.
    Wo blieben die Schreie?
    „Und dennoch sitzt du hier,“ sagte ich und brachte die Tatsache auf den Punkt.
    „Ja, ich sitze hier… wegen dir.“ Ihr Gesichtsausdruck veränderte sich, wurde neugierig, als sie grob das Thema wechselte. „Weil du irgendwie wusstest, wie du mich heute finden konntest…?“
    Hoffnungslos versuchte ich ein weiteres Mal durch die Barriere zu brechen die ihre Gedanken abschirmte, ich wollte sie so verzweifelt verstehen. Es ergab alles keinen Sinn für mich. Wie konnte sie sich darüber noch Gedanken machen, nachdem die Wahrheit so deutlich auf dem Tisch lag?
    Sie wartete nur neugierig. Ihre Haut war blass, was normal für sie war, aber es beunruhigte mich dennoch. Ihr Essen stand immer noch fast unberührt vor ihr. Wenn ich ihr weiterhin zu viel erzählen würde, bräuchte sie eine Grundlage wenn der Schock letztlich eintrat.
    Ich nannte meine Bedingungen. „Du isst, ich rede.“
    Sie überschlug den Gedanken eine halbe Sekunde lang und schob sich dann hastig einen Bissen in den Mund. Die Eile strafte ihre Ruhe lügen. Sie war begieriger nach meiner Antwort als ihre Augen zugaben.
    „Es ist schwerer als es sein sollte – dir zu folgen,“ erkläre ich ihr. „Normalerweise kann ich jemanden sehr schnell finden, wenn ich einmal seine Gedanken gehört habe.“
    Ich beobachtete ihr Gesicht ganz genau, während ich das sagte. Richtig zu raten war eine Sache, aber es bestätigt zu bekommen eine ganz andere.
    Sie regte sich nicht, ihre Augen waren geweitet. Ich spürte wie ich meine Zähne zusammen biss während ich auf ihre Panik wartete.
    Aber sie blinzelte nur einmal, schluckte laut und schob sich direkt einen weiteren Bissen in den Mund. Sie wollte dass ich weitersprach.
    „Ich konzentrierte mich auf Jessica,“ fuhr ich fort und beobachtete wie sie jedes Wort aufsog. „Nicht besonders aufmerksam – wie schon gesagt, nur du kannst in Port Angeles in Gefahr geraten“ ich konnte nicht wiederstehen das hinzuzufügen. War ihr bewusst, dass andere Menschen nicht ständig Todesnahe Erfahrungen machten oder dachte sie, sie seih normal? Sie war alles andere als normal, unnormaler als alles was ich bisher kannte. „Und zu erst bemerkte ich gar nicht dass du alleine losgezogen bist. Als ich bemerkte, dass du nicht mehr bei ihr warst fuhr ich zu dem Buchladen den ich in ihrem Kopf gesehen hatte. Ich wusste, dass du nicht hineingegangen bist, sondern dich nach Süden gewandt hattest… und ich wusste, dass du bald umdrehen musstest. Als hab ich einfach auf dich gewartet und die Gedanken der Passanten durchstöbert – um zu sehen ob dich irgendjemand bemerkt hatte, damit ich wusste, wo ich dich finden konnte. Ich hatte keinen Grund besorgt zu sein… aber ich war seltsam beunruhigt…“ ich atmete schneller als ich mich an das Gefühl der Panik erinnerte. Ihr Duft brannte in meinem Hals und ich war dankbar. Es war ein Schmerz der bedeutete, dass sie am Leben war. So lange ich brannte, war sie sicher.
    „Ich begann im Kreis herumzufahren und zu… lauschen.“ Ich hoffte die Worte ergaben einen Sinn für sie. Das musste verwirrend sein. „Die Sonne ging langsam unter und ich war kurz davor dir zu Fuß zu folgen. Und dann…“
    Als mich die Erinnerung überkam – absolut klar und deutlich, als wäre ich zu diesem Zeitpunkt zurückversetzt woren – fühlte ich die selbe mörderisch Wut in mir aufschäumen.
    Ich wollte seinen Tod. Ich brauchte seinen Tod. Ich biss meine Zähne zusammen und konzentrierte mich darauf, an dem Tisch sitzen zu bleiben. Bella brauchte mich immer noch. Nur darauf kam es an.
    „Was dann?“ flüsterte sie mit geweiteten Augen.
    „Ich hörte was sie dachten,“ quetschte ich durch meine Zähen hervor, nicht in der Lage ein knurren zu unterdrücken. „Ich sah dein Gesicht in seinen Gedanken.“
    Ich konnte dem Verlangen zu töten kaum wiederstehen. Ich wusste genau wo ich ihn finden würde. Seine dunklen Gedanken klebten am Nachthimmel und zogen mich zu ihm…
    Ich bedeckte mein Gesicht, in dem Bewusstsein, dass mein Ausdruck der eines Monsters war, eines Jägers, eines Killers. Ich fixierte ihr Gesicht vor meinen geschlossenen Augen um die Kontrolle zu behalten, konzentrierte mich nur auf ihr Gesicht. Ihr zartes Knochengerüst, die dünne Hülle ihrer blassen Haut – wie Seide, gespannt über Glas, unglaublich weich und leicht zu zerbrechen. Sie war zu verletzlich für diese Welt. Sie brauchte einen Beschützer. Und, aufgrund einer verworrenen schlechten Leitung des Schicksals, war ich das Beste was zur Verfügung stand.
    Ich versuchte meine heftige Reaktion zu erklären, damit sie mich verstand.
    „Es war sehr… schwer – du kannst dir nicht vorstellen wie schwer – dich einfach nur fortzubringen und sie… am Leben zu lassen,“ flüsterte ich. „Ich hätte dich mit Jessica und Angela nach Hause fahren lassen können, aber ich hatte Angst, dass ich nach ihnen suchen würde, wenn du weg wärst.“
    Das zweite Mal heute Nacht gestand ich einen Mord geplant zu haben. Immerhin war dieser hier vertretbar.
    Sie war ruhig während ich versuchte mich zu fassen. Ich hörte ihren Herzschlag. Der Rhythmus war unregelmäßig, aber er verlangsamte sich mit der Zeit und wurde wieder stabil. Auch ihr Atem war gleichmäßig.
    Ich war zu dicht an der Grenze. Ich musste sie nach Hause bringen bevor…
    Würde ich ihn dann töten? Würde ich wieder zum Mörder werden nachdem sie mir vertraute? Gab es irgendeinen Weg mich aufzuhalten?
    Sie hatte versprochen mir ihre neueste Theorie zu verraten wenn wir alleine waren. Wollte ich sie hören? Ich sehnte mich danach, aber würde die Befriedigung meiner Neugierde besser sein, als es nicht zu wissen?
    Irgendwie musste sie genug Vertrauen für eine Nacht haben.
    Ich sah sie wieder an, ihr Gesicht war blasser als vorher aber gefasst.
    „Bist du fertig? Können wir nach Hause fahren?“ fragte ich.
    „Ich bin fertig,“ sagte sie und wählte ihre Worte bewusst, als ob ein einfaches `Ja` nicht ausdrücken könnte, was sie sagen wollte.
    Frustrierend.
    Die Kellnerin kam zurück. Sie hatte Bellas letzten Satz gehört, während sie hinter der Abtrennung hin und her überlegt hatte, was sie mir noch anbieten könnte. Ich wollte meine Augen verdrehen bei den Angeboten die sie im Kopf hatte.
    „Na, wie sieht’s aus?“ fragte sie mich.
    „Wir hätten gern die Rechnung, danke,“ sagte ich ihr, mit dem

  • 8. Kapitel: GeistDatum07.02.2010 22:59
    Thema von Julia Cullen im Forum Midnight Sun

    Ich sah nicht viel von Jaspers Besuch während der zwei sonnigen Tage, die sie in Forks verbrachten. Ich kam nur nach Hause damit Esme sich keine Sorgen machte. Ansonsten war mein Leben eher das eines Gespenstes statt eines Vampirs. Ich schwebte unsichtbar durch die Schatten, wo ich dem Objekt meiner Liebe und Begierde folgen konnte – wo ich sie durch die Gedanken der glücklichen Menschen die mit ihr durch das Sonnenlicht spazieren konnten sehen und hören konnte, manchmal berührten sie aus Versehen ihre Hand. Sie reagierte nie auf solche Berührungen; diese Hände waren genauso warm wie ihre.
    Die gezwungene Abwesenheit in der Schule war nie eine größere Herausforderung als jetzt. Aber die Sonne schien sie glücklich zu machen, also konnte ich sie nicht allzu sehr verabscheuen. Alles was ihr gefiel erhielt meine Zustimmung.
    Montagmorgen hörte ich eine Unterhaltung die fast mein Vertrauen zerstörte und meine Abwesenheit von Bella zur Folter machte. Als sie endete, versüßte sie mir jedoch den Tag.
    Ich hatte ein wenig Respekt vor Mike Newton; er hatte nicht einfach aufgegeben und sich zurückgezogen um seine Wunden zu lecken. Er war mutiger als ich gedacht hätte. Er versuchte es erneut.
    Bella war ziemlich früh in der Schule und, sie genoss die Sonne so lang sie schien, setzte sich auf eine der Picknickbänke während sie auf das erste Läuten wartete. Ihr Haar schimmerte in der Sonne auf unerwartete Art und Weise, offenbarten einen Rotton, den ich vorher nicht bemerkt hatte.
    Mike fand sie dort – sie kritzelte wieder – und war froh über sein Glück.
    Es war schrecklich einfach nur zusehen zu können, machtlos, gebunden an die Schatten des Waldes durch das strahlende Sonnenlicht.
    Sie grüßte ihn freudig genug um ihn in Extase und mich in das Gegenteil zu versetzen.
    Na also, sie mag mich. Sie würde nicht so lächeln wenn es nicht so wäre. Ich wette sie wäre gern mit mir zu dem Ball gegangen. Ich frag mich, was so wichtig ist in Seattle…
    Er bemerkte die Veränderung ihrer Haare. „Das hab ich vorher ja noch gar nicht bemerkt – dein Haar ist ja rötlich.“
    Ich entwurzelte versehentlich die Fichte an der meine Hand lehnte, als er eine ihrer Locken um seinen Finger wickelte.
    „Nur in der Sonne,“ sagte sie. Zu meiner tiefen Zufriedenheit rückte sie ein Stück von ihm weg, als er die Strähne hinters Ohr schob.
    Mike brauchte eine Minute um seinen Mut zusammen zu nehmen und verschwendete seine Zeit mit Small-Talk.
    Sie erinnerte ihn an den Aufsatz den wir alle am Mittwoch abgeben mussten. Aus dem zufriedenen Ausdrucks auf ihrem Gesicht zu urteilen, war ihrer bereits fertig. Er hatte es vollkommen vergessen und das dezimierte seine Freizeit.
    Verdammt – scheiß Aufsatz.
    Endlich kam er zum Punkt – ich presste meine Zähne so stark aufeinander, sie hätten Granit pulverisieren können – doch selbst dann schaffte er es nicht seine Frage geradeheraus zu stellen.
    „Ich hatte vor dich zu fragen, ob du vielleicht ausgehen möchtest.“
    „Oh,“ sagte sie.
    Dann waren beide kurz still.
    Oh? Was soll das heißen? Wird sie Ja sagen? Warte – ich glaub ich hab gar nicht richtig gefragt.
    Er schluckte schwer.
    „Naja, wir könnten etwas essen gehen, oder so… und ich könnte später an meinem Aufsatz arbeiten.“
    Dumm – das war auch keine richtige Frage.
    „Mike…“
    Der Zorn und die Wut meiner Eifersucht waren genauso stark wie letzte Woche. Ich zerbrach einen weiteren Baum bei dem Versuch mich hier zu halten. Ich wollte so sehr über den Schulhof rennen, zu schnell für das menschliche Auge, und sie packen – sie von diesem Jungen stehlen, den ich in diesem Moment so sehr hasste, dass ich ihn am liebsten getötet hätte, und es hätte mir Spaß gemacht.
    Würde sie Ja zu ihm sagen?
    „Ich glaube nicht, dass das eine so gute Idee wäre.“
    Ich atmete wieder. Mein aufgebrachter Körper beruhigte sich.
    Seattle war also doch eine Ausrede. Ich hätte nicht fragen sollen. Was dachte ich mir bloß? Ich wette es ist dieser Freak, Cullen…
    „Warum?“ fragte er enttäuscht.
    „Ich glaube…“ zögerte sie. „Und wenn du irgendjemandem erzählst, was ich dir jetzt sage, werde ich dich totschlagen…“
    Ich musste laut auflachen als diese Todesdrohung ihre Lippen verließ. Ein Eichelher kreischte, stolperte und flüchtete bei dem Geräusch.
    „Aber ich denke, das würde Jessica verletzten.“
    „Jessica?“ Was? Aber… Oh. Okay. Ich glaube… Also… Häh.
    Seine Gedanken ergaben keinen Sinn mehr.
    „Ehrlich, Mike, bist du blind?“
    Ich betete ihre Sentimentalität an. Sie sollte nicht von jedem erwarten, dass er so Aufmerksam war wie sie, aber ehrlich dieser Umstand war unübersehbar. Bei dem Aufwand den es Mike gekostet hatte, Bella nach einem Date zu fragen, glaubte er nicht, dass es für Jessica ähnlich schwer war? Es musste Egoismus sein, der ihn anderen gegenüber so blind machte. Und Bella war so selbstlos, sie sah alles.
    Jessica. Häh. Wow. Hmm. „Oh,“ brachte er schließlich heraus.
    Bella nutze seine Verwirrung um sich zu verdrücken.
    „Der Unterricht fängt gleich an und ich kann nicht schon wieder zu spät kommen.“
    Von da an war Mike kein zur Verfügung stehender Aussichtspunkt mehr. Als er über die Vorstellung von Jessica nachdachte, fand er, dass es ihm gefiel, dass sie ihn attraktiv fand. Sie war zweite Wahl, nicht so gut, wie wenn Bella so empfunden hätte.
    Sie ist irgendwie süß, denke ich. Ein schöner Körper. Ein Spatz in der Hand…
    Er malte sich zwei neue Fantasien aus, die genauso vulgär waren, wie die über Bella, aber nun waren sie eher lästig als ärgerlich. Er verdiente keine von beiden; sie waren austauschbar für ihn. Danach hielt ich mich aus seinem Kopf raus.
    Als sie außer Sichtweite war, hockte ich mich auf einen Baumstumpf und tanzte von Kopf zu Kopf um sie zu beobachten und war jedesmal froh, wenn Angela Webber zur Verfügung stand. Ich wünschte es gäbe einen Weg dem Webber-Mädchen dafür zu danken, dass sie einfach nur ein netter Mensch war. Es beruhigte mich zu wissen, dass Bella wenigstens eine Freundin hatte, die es wert war, als solche bezeichnet zu werden.
    Ich betrachtete Bellas Gesicht aus jedem Blickwinkel der gerade zur Verfügung stand und ich konnte sehen, dass sie wieder traurig war. Das überraschte mich – ich dachte die Sonne würde ausreichen um sie zum lächeln zu bringen. In der Pause sah ich wie sie immer wieder einen verstohlenen Blick zu dem leeren Cullen-Tisch warf und das erregte mich. Es gab mir Hoffnung. Vielleicht vermisste sie mich auch.
    Sie hatte Pläne mit den anderen Mädchen auszugehen – ich plante automatisch meine Überwachung – aber diese Pläne wurden verschoben, als Mike Jessica zu dem Date einlud, dass er für Bella geplant hatte.
    Also ging ich direkt zu ihr nach Hause, huschte kurz durch den Wald um sicher zu gehen, dass niemand gefährliches zu nah vorbeigekommen war. Ich wusste, dass Jasper seinen einstigen Bruder gebeten hatte, die Stadt zu meiden – er zitierte dabei meinen Wahnsinn, sowohl als Erklärung als auch als Warnung – aber das war gar nicht nötig gewesen. Peter und Charlotte hatte nicht vor es sich mit meiner Familie zu verscherzen, aber Vorhaben konnten sich ändern…
    Na gut, ich übertrieb es. Das wusste ich.
    Als ob sie wusste, dass ich sie beobachtete, als ob sie Mitleid mit mir hätte, weil ich jedesmal verzweifelte wenn ich sie nicht sehen konnte, kam Bella nach einer langen Stunde im Haus hinaus in den Garten. Sie hatte ein Buch in der Hand und eine Decke unter dem Arm.
    Leise kletterte ich in den nächsten Baum um den Garten zu überblicken.
    Sie breitete die Decke auf dem feuchten Gras aus, legte sich bäuchlings darauf und fing an durch das abgenutzte Buch zu blättern, als ob sie ihre Stelle suchen würde. Ich las über ihrer Schulter mit.
    Ah – mehr Klassik. Sie war ein Austen Fan.
    Sie las schnell und kreuzte ihre Beine in der Luft. Ich beobachtete wie das Sonnenlicht und der Wind in ihren Haaren spielte, als ihr Körper sich plötzlich versteifte und ihre Hand auf der Seite gefror. Alles was ich sehen konnte war, dass sie Kapitel drei erreicht hatte und dann eine ganze Reihe Seiten auf einmal umblätterte.
    Ich erhaschte einen kurzen Blick auf die Titelseite, Mansfield Park. Sie begann eine neue Geschichte – das Buch war ein Sammelband verschiedener Romane. Ich wunderte mich, warum sie die Geschichten so abrupt wechselte.
    Nur wenige Augenblicke später schlug sie das Buch wütend zu. Mit einem verärgerten Gesichtsausdruck schob sie das Buch zur Seite und drehte sich auf ihren Rücken. Sie atmete tief ein, als müsse sie sich beruhigen, krempelte ihr Ärmel hoch und schloss die Augen. Ich erinnerte mich an den Roman, aber ich konnte mich an nichts Anstößiges darin erinnern, dass sie verärgert haben könnte. Ein weiteres Geheimnis. Ich seufzte.
    Sie lag sehr ruhig da, und bewegte sich nur einmal kurz um eine Haarsträhne aus ihrem Gesicht zu streichen. Ihr Haar fächerte sich um ihren Kopf aus, ein Fluss aus Haselnüssen. Und dann war sie wieder bewegungslos.
    Ihr Atem wurde gleichmäßiger. Nach einigen langen Minuten begannen ihre Lippen zu beben. Murmelten im Schlaf.
    Ich konnte nicht widerstehen. Ich hörte mich soweit wie möglich in der Nachbarschaft nach Gedanken um.
    Zwei Esslöffel Mehl… eine Tasse Milch…
    Komm schon! Nimm ihn in die Mangel! Komm schon!
    Rot oder Blau… oder vielleicht sollte ich etwas weniger auffälliges tragen…
    Es war niemand in der Nähe. Ich sprang auf den Boden und landete leise auf meinen Zehen.
    Das war absolut falsch, viel zu riskant. Wie herablassend ich einst Emmett gerichtet hatte für seine Gedankenlose Art und Jasper für seine Disziplinlosigkeit - und jetzt missachtete ich bewusst alle Regeln mit solch einer Verachtung, die ihre Fehltritte wie nichts erscheinen ließen. Ich sollte der Verantwortungsbewusste sein.
    Ich seufzte, aber kroch dennoch ohne Rücksicht ins Sonnenlicht.
    Ich vermied es mich selbst anzusehen in den Strahlen der Sonne. Es war schlimm genug, dass meine Haut im Schatten steinern und unmenschlich war; Ich wollte Bella und mich nicht nebeneinander im Sonnenlicht sehen. Der Unterschied zwischen uns war sowieso schon unüberbrückbar, schmerzvoll genug auch ohne dieses zusätzliche Bild in meinem Kopf.
    Aber ich konnte die regenbogenfarbenen Punkte auf ihrer Haut nicht ignorieren, als ich näher kam. Ich war so ein Freak! Ich stellte mir ihre Panik vor, wenn sie jetzt die Augen öffnete…
    Ich wollte schon zurückweichen, aber sie murmelte wieder und hielt mich dort.
    „Mmm… Mmm.“
    Nichts Verständliches. Naja, ich würde noch ein bisschen warten.
    Vorsichtig stahl ich ihr Buch, streckte meinen Arm aus und hielt meinen Atem an, als ich ihr so nahe war, nur zur Sicherheit. Ich begann wieder zu atmen als ich ein paar Meter entfernt war und teste wie das Sonnenlicht und die frische Luft ihren Duft beeinflusst hatten. Die Hitze schien den Duft zu versüßen. Meine Kehle flammte auf vor Verlangen, das Feuer war wieder frisch und wütend, weil ich zu lange von ihr getrennt gewesen war.
    Ich verbrachte einen Moment damit, mich zu konzentrieren und dann – ich zwang mich durch meine Nase zu atmen – ließ ich das Buch in meinen Händen auffallen. Sie hatte mit dem ersten Buch angefangen… Ich überflog die Seiten bis zum dritten Kapitel von Sinn und Sinnlichkeit auf der Suche nach irgendetwas Provozierendem auf Austen‘s allzu höflichen Seiten.
    Meine Augen stoppten automatisch bei meinem Namen – der Charakter Edward Ferrars wurde zum ersten Mal eingefügt – Bella sprach wieder.
    „Mmm. Edward,“ seufzte sie.
    Dieses Mal hatte ich keine Angst, dass sie aufgewacht sein könnte. Ihre Stimme war nur ein leises Murmeln. Kein angsterfüllter Schrei, den sie von sich gegeben hätte, wenn sie mich jetzt gesehen hätte.
    Freude rang mit dem Ekel vor mir selbst. Sie träumte immer noch von mir.
    „Edmund. Ah. Zu… ähnlich…“
    Edmund?
    Ha! Sie träumte gar nicht von mir, stellte ich verbitterte fest. Der Ekel kam stärker zurück. Sie träumte von fiktionalen Charakteren. So viel zu meiner Einbildung.
    Ich legte ihr Buch zurück und stahl mich zurück in die Schatten – wo ich hingehörte.
    Der Nachmittag verstrich und ich beobachtete wie die Sonne langsam am Himmel versank und die Schatten langsam auf sie zu krochen. Ich fühlte mich wieder hilflos. Ich wollte die Schatten vertreiben, aber die Dunkelheit war unausweichlich; die Schatten verschlangen sie. Als das Licht verschwunden war, sah ihre Haut zu blass aus – geisterhaft. Ihr Haar wieder dunkel, fast schwarz neben ihrem Gesicht.
    Es war beängstigend zu beobachten – als würde ich zusehen, wie Alices Vision in Erfüllung ging. Bellas stetiger Herzschlag war die einzige Beruhigung, das Geräusch, das diesen Moment davon abhielt zu einem Albtraum zu werden.
    Ich war erleichtert als ihr Vater nach Hause kam.
    Ich konnte nicht viel von ihm hören, als er die Straße herunter Richtung Haus fuhr. Eine vage Verstimmung… in der Vergangenheit, irgendetwas von seinem Arbeitstag. Erwartung vermischt mit Hunger – ich vermutete, dass er sich auf das Abendessen freute. Aber diese Gedanken waren so leise und zurückhaltend, dass ich mir nicht sicher sein konnte; ich bekam nur das Wesentliche von ihnen mit.
    Ich fragte mich, wie ihre Mutter wohl klang – welche genetischen Verbindungen sie so einzigartig machte.
    Bella wachte langsam auf und setzte sich ruckartig auf als der Wagen ihres Vaters die steinige Auffahrt entlangfuhr. Sie schaute sich um und wirkte verwirrt von der unerwarteten Dunkelheit. Für einen kurzen Moment fiel ihr Blick auf die Schatten in denen ich mich versteckte, aber dann wandte sie sich wieder ab.
    „Charlie?“ fragte sie leise während sie immer noch in die Bäume spähte die um den Garten herumstanden.
    Er schlug die Autotür zu und sie sah in die Richtung aus der das Geräusch kam. Sie sprang schnell auf die Füße, raffte ihr Zeug zusammen und warf noch einen letzten Blick auf den Wald.
    Ich kletterte auf einen Baum, der nähe bei dem Küchenfenster stand und belauschte ihren Abend. Es war interessant Charlies Worte mit seinen verschlüsselten Gedanken zu vergleichen. Seine Liebe und seine Sorge um seine einzige Tochter waren schier überwältigend, und doch waren seine Worte immer knapp und beiläufig. Die meiste Zeit saßen sie in geselliger Stille beisammen.
    Ich hörte wie sie ihre Pläne für den morgigen Tag in Port Angeles mit ihm besprach und ich passte meine eigenen Pläne an, während ich zuhörte. Jasper hatte Peter und Charlotte nicht gebeten sich von Port Angeles fern zu halten. Obwohl ich wusste, dass sie ausreichend gesättigt waren und nicht vorhatten in der näheren Umgebung zu jagen, würde ich sie nicht aus den Augen lassen, nur zur Sicherheit. Abgesehen davon, gab es immer noch andere meiner Art da draußen. Und dann waren da noch die vielen menschlichen Gefahren da draußen, über die ich vorher nie nachgedacht hatte.
    Ich hörte wie sie sich darum sorgte ihren Vater mit den Vorbereitungen des Abendessens allein zu lassen und lächelte über diese Bestätigung meiner Theorie – ja sie kümmerte sich um andere.
    Und dann ging ich mit dem Wissen, dass ich wiederkommen würde wenn sie schlief.
    Ich würde ihre Privatsphäre nicht in dem Sinne missachten wie ein Spanner es tat. Ich war hier als ihr Beschützer und nicht um sie anzugaffen, wie Mike Newton es zweifellos getan hätte wenn er behende genug gewesen wäre, sich so wie ich durch die Baumkronen zu bewegen. Ich würde sie nicht so respektlos behandeln.
    Mein Haus war leer als ich zurückkam, was mir sehr recht war. Ich vermisste die verwunderten oder geringschätzigen Gedanken nicht, die meinen Verstand in Frage stellten. Emmett hatte eine Nachricht auf dem Treppenpfosten hinterlassen.
    Football auf dem Rainier Feld – komm schon! Bitte?
    Ich fand einen Stift und kritzelte das Wort sorry unter seine Bitte. Die Teams waren auch ohne mich ausgeglichen.
    Ich machte den kürzesten Jagdausflug meines Lebens, gab mich mit kleineren, harmloseren Kreaturen zufrieden, die nicht so gut schmeckten wie die Raubtiere und schlüpfte in frische Kleidung bevor ich nach Forks zurückrannte.
    Bella schlief diese Nacht wieder unruhig. Sie zerwühlte ihr Bettlaken, ihr Gesicht mal besorgt und mal traurig. Ich fragte mich was für ein Albtraum sie verfolgte… und bemerkte dann dass ich das vielleicht besser gar nicht wissen wollte.
    Wenn sie sprach, murmelte sie hauptsächlich abfällig Dinge über Forks in einem mürrischen Tonfall. Nur einmal, als sie die Worte „Komm zurück“ seufzte und ihre Handfläche nach außen drehte – eine wortlose Bitte – hatte ich die Hoffnung, dass sie vielleicht von mir träumte.
    Der nächste Schultag, der letzt Tag an dem die Sonne mich gefangen hielt, war genau wie der Tag zuvor. Bella wirkte noch trauriger als gestern und ich fragte mich, ob sie ihre Pläne doch noch absagen würde – sie schien nicht in der Stimmung dafür zu sein.
    Aber, da sie Bella war, würde sie vermutlich das Vergnügen ihrer Freunde über ihr eigenes stellen.
    Sie trug heute eine dunkelblaue Bluse und die Farbe betonte ihre Haut perfekt, ließ sie cremig aussehen.
    Als die Schule zu Ende war, vereinbarten sie, dass Jessica die anderen Mädchen abholen würde – Angela kam auch mit, wofür ich dankbar war.
    Ich ging nach Hause um meinen Wagen zu holen. Als ich dort Peter und Charlotte vorfand entschied ich, den Mädchen eine Stunde Vorsprung zu lassen. Ich hätte es sowieso nicht ausgehalten mich an ihr Tempo zu halten um ihnen zu folgen – ein scheußlicher Gedanke.
    Ich kam zur Küche hinein und nickte Emmett und Esme kurz zu während ich an den anderen vorbei direkt zum Piano ging.
    Ugh, er ist zurück. Rosalie natürlich.
    Ah, Edward. Ich hasse es ihn so leiden zu sehen. Esmes Freude wurde von Sorge überlagert. Sie sollte besorgt sein. Diese Love Story die sie sich für mich wünschte raste immer spürbarer auf eine Tragödie zu.
    Viel Spaß in Port Angeles heute Abend, dacht Alice aufmunternd. Sag mir bescheid, wenn ich endlich mit Bella reden darf.
    Du bist erbärmlich. Ich kann es nicht fassen, dass du das Spiel letzte Nacht verpasst hast um jemanden beim Schlafen zu beobachten, grummelte Emmett.
    Jasper beachtete mich nicht in seinen Gedanken, auch nicht als das Stück dass ich zu spielen begann etwas stürmischer klang als ich beabsichtigt hatte. Es war ein altes Stück mit einem bekannten Thema: Ungeduld. Jasper verabschiedete sich von seinen Freunden die mich neugierig beobachteten.
    Was für eine seltsame Kreatur, dachte die weißblonde Charlotte, die ungefähr so groß war wie Alice. Und er war so normal und höflich als wir ihn das letzte Mal getroffen haben.
    Peters Gedanken stimmten mit ihren überein, wie es meistens der Fall war.
    Es muss an den Tieren liegen. Ohne menschliches Blut werden sie vielleicht alle irgendwann verrückt, schloss er. Sein Haar war genauso hell wie ihres und auch fast so lang. Sie waren sich sehr ähnlich – abgesehen von der Größe, denn er war ungefähr so groß wie Jasper – sowohl optisch als auch in ihren Gedanken. Sie waren ein perfektes Paar.
    Alle außer Esme hörten bald auf über mich nachzudenken und ich spielte gemäßigtere Töne um ihre Aufmerksamkeit nicht wieder auf mich zu lenken. Es war schwer das Mädchen nicht mehr zu sehen. Ich horchte erst wieder auf, als die Verabschiedung langsam endgültig klang.
    „Wenn du Maria wieder siehst,“ sagte Jasper ein bisschen ironisch, „bestell ihr schöne Grüße von mir.“
    Maria war der Vampir der sie beide, Jasper und Peter erschaffen hatte – Jasper in der letzten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts, Peter erst vor kurzem, in den Neunzehnhundertvierzigern. Sie hatte einmal nach Jasper gesehen, als wir in Calgary waren. Es war ein aufregender Besuch – wir mussten sofort umziehen. Jasper hatte sie höflich gebeten, sich von nun an von uns fern zu halten.
    „Ich glaube nicht, dass das so bald passieren wird,“ sagte Peter lachend – Maria war unglaublich gefährlich und es war nicht mehr viel Zuneigung zwischen ihr und Peter übrig geblieben. Peter war maßgeblich an Jaspers Treuebruch beteiligt. Jasper war immer Marias Liebling gewesen; sie betrachtete es als unwichtige Kleinigkeit, dass sie einst vorhatte ihn zu töten. „Aber wenn es passieren sollte, werde ich es ihr auf jeden Fall ausrichten.“
    Sie reichten sich die Hände. Ich ließ das Stück zu einem unbefriedigenden Ende auslaufen und stand hastig auf.
    „Charlotte, Peter,“ sagte ich und nickte.
    „Es war nett dich wiederzusehen, Edward,“ sagte Charlotte zweifelnd. Peter nickte nur zustimmend.
    Verrückter, warf mir Emmett nach.
    Idiot, dachte Rosalie zur gleichen Zeit.
    Armer Junge. Esme.
    Und Alice, in einem neckenden Tonfall. Sie gehen direkt nach Osten, nach Seattle. Nicht mal in die Nähe von Port Angeles. Sie zeigte mir den Beweis in ihrer Vision.
    Ich tat so als hätte ich sie nicht gehört. Meine Entschuldigungen waren sowieso schon schwach genug.
    Sobald ich in meinem Auto war, fühlte ich mich entspannter; das stabile Schnurren des Motors das Rosalie für mich verstärkt hatte – letztes Jahr als sie noch bessere Laune hatte – war beruhigend. Es war eine Erleichterung in Bewegung zu sein, zu wissen, dass ich mit jeder Meile die unter mir hinweg flog näher zu Bella kam.

  • 7. Kapitel: MelodieDatum07.02.2010 22:59
    Thema von Julia Cullen im Forum Midnight Sun

    7. Melodie

    Ich musste warten als ich zur Schule zurückkam. Die letzte Stunde war noch nicht zu Ende. Das war gut, denn ich musste über einiges nachdenken und brauchte etwas Zeit für mich.
    Ihr Duft lag noch immer im Auto. Ich hielt die Fenster geschlossen um ihn auf mich einstürmen zu lassen, versuchte mich an das Gefühl zu gewöhnen meine Kehle absichtlich abzufackeln.
    Anziehung.
    Es war kompliziert darüber nachzudenken. So viele Seiten, so viele Bedeutungen und Ebenen. Nicht das gleiche wie Liebe, aber unausweichlich damit verbunden.
    Ich hatte keine Ahnung, ob sich Bella von mir angezogen fühlte. (Würde ihre mentale Stille mich immer weiter frustrieren bis ich irgendwann verrückt werden würde? Oder gab es da eine Grenze, die ich eventuell erreichen konnte?)
    Ich versuchte ihre physischen Reaktionen mit denen von anderen zu vergleichen, wie die der Sekretärin oder Jessica Stanley, aber die Vergleiche waren ergebnislos. Dieselben Anzeichen – Veränderung der Herzfrequenz und Atemrhythmus – konnten genauso gut Angst oder Schock oder Wut bedeuten genau wie Interesse. Es schien undenkbar, dass Bella die gleichen Gedanken hegte wie Jessica Stanley. Außerdem wusste Bella ganz genau, dass mit mir etwas nicht stimmte, auch wenn sie nicht wusste, was es war. Sie hatte meine eisige Haut berührt und ihre Hand zurückgerissen wegen der Kälte.
    Und dennoch… als ich mich an diese Fantasien Erinnerte die mich so zurückschrecken ließen, aber mit Bella an Jessicas Stelle…
    Ich atmete schneller, das Feuer kletterte meine Kehle rauf und runter.
    Was wenn es Bella gewesen wäre, die sich vorgestellt hatte, wie ich meine Arme um ihren zerbrechlichen Körper legte? Fühlte wie ich sie enger an meine Brust zog und meine Hand unter ihr Kinn legte? Den schweren Vorhang ihrer Haare aus ihrem geröteten Gesicht kämmte? Mit meinen Fingerspitzen die Konturen ihrer vollen Lippen nachfuhr? Mein Gesicht näher zu ihrem lehnte, wo ich die Hitze ihres Atems auf meinem Mund spüren konnte? Immer nähre kommend…
    Aber dann zuckte ich zurück aus diesem Tagtraum, wohlwissend, was ich schon wusste als Jessica sich diese Dinge vorgestellt hatte, was passieren würde, wenn ich ihr so nah kam.
    Anziehung war ein unmögliches Dilemma, denn ich wurde bereits auf die schlimmste Art und Weise von Bella angezogen.
    Wollte ich dass sich Bella von mir angezogen fühlte, eine Frau zu einem Mann?
    Das war die falsche Frage. Die richtige Frage war, sollte ich wollen, dass Bella sich von mir auf diese Art und Weise angezogen fühlte, und die Antwort war nein. Denn ich war kein menschlicher Mann und das war ihr gegenüber nicht fair.
    Mit jeder Faser meiner Existenz sehnte ich mich danach ein normaler Mann zu sein, damit ich sie in meinen Armen halten konnte ohne ihr Leben zu gefährden. Damit ich meine eigenen Fantasien spinnen konnte, Fantasien die nicht mit ihrem Blut an meinen Händen endeten, ihrem Blut glühend in meinen Augen.
    Mein Streben nach ihr war unvertretbar. Was für eine Art von Beziehung konnte ich ihr bieten, wenn ich es nicht riskieren konnte, sie zu berühren?
    Ich senkte meinen Kopf in meine Hände.
    Es war alles noch viel verwirrender, weil ich mich in meinem ganzen Leben noch nie so menschlich gefühlt hatte – nicht mal als ich noch menschlich war, soweit ich mich erinnern konnte. Als ich ein Mensch war drehten sich all meine Gedanken um die Soldatenehre. Der Große Krieg wütete die meiste Zeit meiner Jugend und ich war nur neun Monate von meinem achtzehnten Geburtstag entfernt als die Grippe ausbrach… Ich hatte nur vage Erinnerungen an diese menschlichen Jahre, dunkle Erinnerungen die mit jedem Jahrzehnt weiter verblassten. An meine Mutter erinnerte ich mich noch am deutlichsten, ich fühlte einen uralten Schmerz wenn ich an ihr Gesicht dachte. Ich erinnerte mich schwach daran wie sehr sie die Zukunft hasste von der ich kaum erwarten konnte, dass sie endlich eintrat. Ich betete jede Nacht dafür während sie beim Tischgebet darum bat, dass der „schreckliche Krieg“ bald enden möge… Ich hatte keine Erinnerung an eine andere Art von Verlangen. Abgesehen von der Liebe meiner Mutter, gab es keine andere Liebe die mich zum bleiben bewegt hätte…
    Das war alles absolut neu für mich. Ich konnte keine Parallelen ziehen, keine Vergleiche erstellen.
    Die Liebe die ich für Bella empfand war rein, aber jetzt waren die Gewässer trübe. Ich wollte so sehr in der Lage sein sie zu berühren. Fühlte sie genauso wie ich?
    Das wäre egal, versuchte ich mich zu überzeugen.
    Ich starrte auf meine weißen Hände, hasste ihre Härte, ihre Kälte, ihre übermenschliche Kraft…
    Ich zuckte vor Schreck zusammen als sich die Beifahrertür öffnete.
    Ha. Ich hab dich überrascht. Es gibt immer ein erstes Mal, dachte Emmett als er auf den Beifahrersitz glitt. „Ich wetter Mrs. Goff denkt du nimmst Drogen, du warst so fahrig in letzter Zeit. Wo warst du heute?“
    „Ich hab… eine gute Tat vollbracht.“
    Häh?
    Ich kicherte. „Mich um die Kranken gekümmert, sowas in der Art.“
    Das verwirrte ihn noch mehr, aber dann atmete er ein und bemerkte den Duft im Auto.
    „Oh. Schon wieder dieses Mädchen?“
    Ich verzog das Gesicht.
    Das wird langsam komisch.
    „Erzähl mir davon,“ murmelte ich.
    Er atmete wieder ein. „Hmm, sie hat schon einen besonderen Duft, nicht war?“
    Das Knurren brach zwischen meinen Lippen hervor bevor er die Worte zu ende gesprochen hatte, eine automatische Reaktion.
    „Ganz ruhig, Junge, ich sag’s doch nur.“
    Dann kamen die anderen. Rosalie bemerkte den Duft sofort und warf mir einen finsteren Blick zu, sie war immer noch nicht über ihren Ärger hinweg. Ich fragte mich, was ihr Problem war, aber alles was ich von ihr hören konnte waren Beschimpfungen.
    Ich mochte auch Jaspers Reaktion nicht. Wie Emmett bemerkte er Bellas Anwesenheit. Nicht dass der Duft für einen von ihnen auch nur ein tausendstel des Vorzugs hatte wie für mich. Aber es ärgerte mich trotzdem, dass ihr Blut süß für sie war. Jasper hatte sich nicht gut unter Kontrolle…
    Alice kam zu meiner Seite des Wagens und streckte ihre Hand nach Bellas Autoschlüssel aus.
    „Ich hab nur gesehen, dass ich es tun würde,“ sagte sie – verschleiert, wie es ihre Angewohnheit war. „Du musst mir das Warum erklären.“
    „Das bedeutet nicht…“
    „Ich weiß, ich weiß. Ich werde warten. Es wird nicht mehr lange dauern.“
    Ich seufzte und gab ihr den Schlüssel.
    Ich folgte ihr zu Bellas Haus. Der Regen fiel herab wie millionen kleiner Hämmer, so laut dass Bellas menschliche Ohren, das Donnern ihres Trucks vielleicht nicht hören konnten. Ich beobachtete ihre Fenster aber sie kam nicht um hinauszusehen. Vielleicht war sie nicht zu Hause. Da waren keine Gedanken zu hören.
    Es machte mich traurig, dass ich nicht mal genug hören konnte um nach ihr zu sehen – um sicher zu gehen, dass sie glücklich war, oder wenigstens sicher.
    Alice kletterte auf den Rücksitz und wir rasten nach Hause. Die Straßen waren leer, also dauerte es nur ein paar Minuten. Wir strömten ins Haus und jeder ging seinem Zeitvertreib nach.
    Emmett und Jasper waren in der Mitte eines raffinierten Schachspiels, mit acht Schachbrettern – ausgebreitet vor der riesigen Glasfront – und ihren eigenen komplizierten Regeln. Sie würden mich nicht spielen lassen; nur Alice spielte noch Spiele mit mir.
    Alice ging zu ihrem Computer der bei ihnen um die Ecke stand und ich hörte wie die Monitore zu flimmern begannen. Alice arbeitete an einem Modedesign Programm für Rosalies Kleiderschrank, aber Rosalie begleitet sie heute nicht um hinter ihr zu stehen und Schnitt und Farbe zu diktieren während Alices Hand über den Touchscreen huschte (Carlisle und ich mussten das System ein wenig ausbessern, da die meisten Touchscreens auf Temperaturen reagierten). Stattdessen fläzte sie sich heute auf das Sofa und zappte durch zwanzig Kanäle pro Sekunde ohne Pause. Ich konnte hören wie sie darüber nachdachte, ob sie in die Garage gehen und ihren BMW erneut tunen sollte.
    Esme war oben und grübelte über ein paar neuen Blaupausen.
    Alice lehnte sich um die Ecke und fing an Emmetts nächste Züge für Jasper mit dem Mund zu formen – Emmett saß auf dem Boden mit dem Rücken zu ihr – der seinen Gesichtsausdruck nicht veränderte als er Emmetts besten Läufer vom Brett kickte.
    Und ich, das erste mal seit so langer Zeit, dass ich mich schämte, setzte mich an das erlesene prachtvolle Piano, dass direkt am Eingang stand.
    Behutsam arbeitete ich mit meinen Fingern die Tonleiter ab um die Tonlage zu testen. Es war immer noch perfekt gestimmt.
    Oben hielt Esme inne mit dem was sie tat und legte ihren Kopf zur Seite.
    Ich begann die erste Reihe der Melodie zu spielen, die sich mir selbst heute im Auto eingeflüstert hatte, erfreut darüber dass sie sich sogar noch besser anhörte als ich mir vorgestellt hatte.
    Edward spielt wieder, dachte Esme überglücklich, ein strahlendes Lächeln auf ihrem Gesicht. Sie stand von ihrem Schreibtisch auf und glitt leise zum Treppenabsatz.
    Ich fügte eine Harmonie hinzu und ließ die zentrale Melodie hindurch weben.
    Esme seufzte zufrieden, setzte sich auf die oberste Stufe und lehnte ihren Kopf an das Geländer. Ein neues Stück. Es ist so lange her. Was für eine liebliche Melodie.
    Ich ließ die Melodie eine neue Richtung einschlagen, folgte ihr mit der Basslinie.
    Edward komponiert wieder? Dachte Rosalie und ihre Zähne schlugen in grimmiger Verbitterung aufeinander.
    In diesem Moment hatte ich einen kurzen Einblick in ihre grundlegende Empörung. Ich sah warum sie so schlecht auf mich zu sprechen war. Warum Isabella Swan zu töten ihr kein schlechtes Gewissen verursacht hätte.
    Bei Rosalie drehte sich alles um Eitelkeit.
    Die Musik brach abrupt ab und ich lachte bevor ich mich zusammenreißen konnte, ein scharfes Bellen vor Belustigung brach ab, als ich meine Hand schnell vor meinen Mund hielt.
    Rosalie drehte sich zu mir, um mir einen finsteren Blick zuzuwerfen, ihre Augen waren gespickt mit verärgerter Wut.
    Emmett und Jasper drehten sich auch um und ich hörte Esmes Verwirrung. Esme sauste blitzschnell nach unten und schaute von Rosalie zu mir.
    „Hör nicht auf Edward,“ ermutigte mich Esme nach einem angespannten Moment.
    Ich fing wieder an zu spielen, wandte Rosalie meinen Rücken zu und versuchte sehr angestrengt das Grinsen auf meinem Gesicht zu kontrollieren. Sie sprang auf und marschierte aus dem Raum, eher wütend als verlegen. Aber sicherlich auch sehr verlegen.
    Wenn du irgendetwas sagst, werde ich dich jagen wie einen Hund.
    Ich unterdrückte ein weiteres Lachen.
    „Was ist los, Rose?“ rief ihr Emmett nach. Rosalie drehte sich nicht um. Sie marschierte weiter in die Garage und kletterte unter ihren Wagen, als könnte sie sich dort begraben.
    „Was ist denn jetzt los?“ fragte Emmett mich.
    „Ich hab nicht die leiseste Ahnung,“ log ich.
    Emmett grummelte frustriert.
    „Spiel weiter,“ drängte Esme. Meine Hände hatten wieder innegehalten.
    Ich tat was sie sagte und sie stellte sich hinter mich um mir ihre Hände auf die Schultern zu legen.
    Das Stück war überwältigend aber unvollständig. Ich spielte mit einer Brücke, aber es schien irgendwie nicht richtig zu sein.
    „Es ist bezaubernd. Hat es einen Namen?“ fragte Esme.
    „Noch nicht.“
    „Gibt es einen Geschichte dazu?“ fragte sie mit einem Lächeln in der Stimme. Es bereitete ihr so viel Vergnügen und ich fühlte mich schuldig, dass ich ihr meine Musik so lange vorenthalten hatte. Es war egoistisch.
    „Es ist… ein Schlaflied, denke ich.“ Und dann bekam ich die Brücke richtig hin. Sie leitete leicht zu der nächsten Bewegung über und entwickelte ein Eigenleben.
    „Ein Schlaflied,“ wiederholte sie für sich.
    Es gab eine Geschichte zu dieser Melodie und sobald ich das bemerkte, vielen die Noten ohne Anstrengung auf ihren Platz. Die Geschichte war ein schlafendes Mädchen in einem schmalen Bett, dunkles Haar, dick und wild und verschlungen wie Seegras auf dem Kissen…
    Alice überließ Jasper sich selbst und setzte sich zu mir auf die Bank. Mit ihrer trällernden, Glockenspiel ähnlichen Stimme skizzierte sie einen wortlosen Sopran zwei Oktaven über der Melodie.
    „Das gefällt mir,“ murmelte ich. „Aber wie wäre es damit?“
    Ich fügte ihre Melodie der Harmonie hinzu – meine Hände flogen nun über die Tasten um alle einzelnen Stücke zusammen zu setzen – modifizierte sie ein wenig und führte sie in eine andere Richtung…
    Sie erfasste die Stimmung und sang mit.
    „Ja. Perfekt,“ sagte ich.
    Esme drückte meine Schulter.
    Aber jetzt konnte ich das Ende sehen, mit Alices Stimme die sich über der Melodie erhob und sie an einen anderen Ort führte. Ich konnte sehen wie das Stück enden musste, denn das schlafende Mädchen war perfekt genau so wie es war und jeder Veränderung wäre falsch, eine Betrübnis. Das Stück wich ab, der Erkenntnis entgegen, langsamer und leiser jetzt. Alices Stimme wurde auch leiser und feierlich, eine Melodie die unter die Hallenden Bögen einer von Kerzen erleuchteten Kathedrale gehörte.
    Ich spielte diese letzte Note und beugte meinen Kopf über die Tasten.
    Esme strich mir durchs Haar. Es wird alles gut werden, Edward. Es wird alles ein gutes Ende nehmen. Du verdienst Glück, mein Sohn. Das Schicksal schuldet es dir.
    „Danke,“ flüsterte ich und wünschte ich könnte es glauben.
    Die Liebe kommt nicht immer auf dem einfachsten Weg.
    Ich lachte kurz auf ohne Humor.
    Du bist vielleicht am besten von allen auf diesem Planeten dafür ausgestattet um mit einer solchen Zwickmühle umzugehen. Du bist der beste und klügste von uns allen.
    Ich seufzte. Jede Mutter dachte dasselbe von ihrem Sohn.
    Esme war immer noch voller Freude darüber dass mein Herz nach all der Zeit berührt wurde, egal wie groß die Tragödie war die damit verbunden war. Sie hatte gedacht, ich würde für immer allein bleiben…
    Sie wird dich auch lieben müssen, dachte sie plötzlich und überraschte mich mit der Richtung die ihre Gedanken eingeschlagen hatten. Wenn sie ein kluges Mädchen ist. Sie lächelte. Aber ich kann mir niemanden vorstellen, der so langsam ist um nicht zu sehen, was für ein Fang du bist.
    „Hör auf damit, Mom, du bringst mich in Verlegenheit,“ zog ich sie auf. Ihre Worte, obwohl sie unmöglich waren, munterten mich auf.
    Alice lachte und begann die erste Stimme von „Heart and Soul“. Ich grinste und beendete die einfache Tonfolge mit ihr. Dann begünstigte ich sie mit einer Darbietung von „Chopsticks“.
    Sie kicherte und seufzte dann. „Also ich wünschte du würdest mir sagen, warum du vorhin über Rose gelacht hast,“ sagte Alice. „Aber ich kann sehen, dass du es nicht tun wirst.“
    „Nein.“
    Sie schnippte mit ihren Fingern gegen mein Ohr.
    „Sei nett, Alice,“ ermahnte Esme sie. „Edward benimmt sich nur wie ein Gentleman.“
    „Aber ich möchte es wissen.“
    Ich lachte über den jammernden Ton den sie angeschlagen hatte. Dann sagte ich, „Hier, Esme,“ und begann ihr Lieblingsstück zu spielen, eine namenlose Ehrung an die Liebe die ich zwischen ihr und Carlisle beobachtet hatte, für so viele Jahre.
    „Danke, Liebling.“ Sie drückte wieder meine Schulter.
    Ich musste mich nicht konzentrieren um das bekannte Stück zu spielen. Stattdessen dachte ich an Rosalie, die sich immer noch bildlich in der Garage wand vor Demütigung, und ich grinste in mich hinein.
    Da ich gerade erst die Potenz von Eifersucht für mich selbst entdeckt hatte, hatte ich ein klein wenig Mitleid mit mir. Es war ein mieses Gefühl. Natürlich war ihre Eifersucht tausendmal belangloser als meine. Das berühmte Fuchs in der Krippe Szenario (ein komisches Sprichwort das bei uns soviel bedeutet wie „Neidhammel“ oder „Spielverderber“ heißt, da ich den Zusammenhang aber dann nicht verstehe, hab ich’s so übernommen wie‘s da steht).
    Ich frag mich, inwiefern Rosalies Leben und Persönlichkeit anders gewesen wären, wenn sie nicht immer die schönste von allen gewesen wäre. Wäre sie glücklicher gewesen, wenn Schönheit nicht schon immer ihre größte Stärke gewesen wäre? Weniger egozentrisch? Mitfühlender? Naja, ich denke es war sinnlos darüber nachzudenken, denn die Dinge waren nun mal so und sie war immer die Schönste.
    Sogar als Mensch hat sie immer im Mittelpunkt ihrer eigenen Herrlichkeit gestanden. Nicht dass es sie gestört hätte. Ganz im Gegenteil – sie liebte Anbetung mehr als alles andere. Das hat sie mit dem Verlust ihrer Sterblichkeit auch nicht geändert.
    Es war daher kein Wunder, dass sie verletzt war, als ich sie schon von Anfang an nicht so vergöttert hatte, wie es alle Männer immer getan hatten. Nicht dass sie mich auf irgendeine Art gewollt hätte – ganz im Gegenteil. Aber es hatte sie verärgert, dass ich sie gewollt hatte, schlimmer noch. Sie war es gewöhnt gewollt zu werden.
    Mit Jasper und Carlisle war das anders – sie waren beide schon in jemanden verliebt. Ich war komplett unberührt und dennoch kein bisschen von ihr angetan.
    Ich dachte der alte Groll wäre begraben. Das sie das lange hinter sich gelassen hatte.
    Und das hatte sie auch… bis zu dem Tag an dem ich jemanden gefunden hatte, dessen Schönheit mich so berührt hatte, wie ihre es nicht getan hatten.
    Rosalie hatte sich darauf verlassen, dass, wenn ich ihre Schönheit nicht anbetungswürdig gefunden hatte, es auf der ganzen Welt keine Schönheit gab, die mich berühren würde. Sie war wütend seit dem Moment als ich Bella das Leben gerettet hatte, denn durch ihre untrügliche weibliche Intuition hatte sie da schon gewusst, was mir selbst noch nicht bewusst gewesen ist.
    Rosalie war zu Tode gekränkt, dass ich ein unbedeutendes menschliches Mädchen anziehender fand als sie.
    Ich unterdrückte wieder ein Lachen.
    Auf eine Art störte es mich aber auch, wie sie Bella sah. Rosalie dachte, das Mädchen wäre gewöhnlich. Wie konnte sie sowas nur glauben? Für mich wirkte es absolut unverständlich. Ein Produkt ihrer Eifersucht, kein Zweifel.
    „Oh!“ sagte Alice abrupt. „Jasper, weißt du was?“
    Ich sah, was sie gesehen hatte und meine Hände erstarrten auf den Tasten.
    „Was, Alice?“ fragte Jasper
    „Peter und Charlotte kommen uns nächste Woche besuchen! Sie werden in der Gegend sein, ist das nicht nett?“
    „Was hast du Edward?“ fragte Esme, die die Anspannung in meinen Schultern spürte.
    „Peter und Charlotte kommen nach Forks?“ zischte ich zu Alice.
    Sie verdrehte ihre Augen. „Reg dich ab, Edward. Es ist nicht ihr erster Besuch.“
    Ich biss meine Zähne zusammen. Es war ihr erster Besuch, seit Bella hier war und ihr süßer Duft sprach nicht nur mich an.
    Alice runzelte die Stirn. „Sie jagen nie hier. Das weißt du.“
    Aber Jaspers selbsternannter Bruder und der kleine Vampir den er liebte waren nicht wie wir; sie jagten auf die übliche Art. Man konnte ihnen nicht trauen, wenn Bella in der Nähe war.
    „Wann?“ verlangte ich.
    Sie schürzte unglücklich ihre Lippen, aber sagte mir was ich wissen musste. Montagmorgen. Niemand wird Bella etwas tun.
    „Nein,“ stimmte ich ihr zu und wandte mich dann von ihr ab. „Bist du soweit Emmett?“
    „Ich dachte wir brechen erst morgens auf?“
    „Wir kommen Sonntagnacht zurück. Es liegt an dir, wann wir losgehen.“
    „Na gut. Aber lass mich wenigstens noch Rose auf Wiedersehen sagen.“
    „Klar.“ Bei der Stimmung in der Rose war, würde es ein kurzer Abschied werden.
    Du bist echt verloren, Edward, dachte er, während er Richtung Vordertür ging.
    „Ich denke, das bin ich.“
    „Spiel das neue Stück noch einmal für mich,“ fragte Esme.
    „Wenn du magst,“ stimmte ich zu, obwohl ich etwas zögerte, der Melodie bis zu ihrem unausweichlichen Ende zu folgen – das Ende, das mir unbekannte Schmerzen verursachte. Ich dachte kurz nach und nahm dann den Flaschendeckel aus meiner Tasche und legte ihn auf den leeren Notenständer. Das half ein bisschen – meine kleine Erinnerung an ihr Ja.
    Ich nickte zu mir selbst und begann zu spielen.
    Esme und Alice wechselten einen kurzen Blick, aber keine von beiden fragte nach.

  • 6. Kapitel: BlutgruppenDatum07.02.2010 22:58
    Thema von Julia Cullen im Forum Midnight Sun

    6. Blutgruppen

    Den ganzen Tag folgte ich ihr durch die Augen von anderen Schülern und nahm meine eigenen Umgebung kaum war.
    Nicht durch die Augen von Mike Newton, denn ich konnte seine anstößigen Fantasien nicht mehr ertragen und auch nicht durch die von Jessica Stanley, denn ihre Abneigung gegenüber Bella machte mich wütend auf eine Art die nicht gesund war für das engstirnige Mädchen. Angela Webber war eine gute Wahl, wenn ihre Augen zur Verfügung standen; sie war freundlich – ihr Kopf war ein angenehmer Ort. Und manchmal waren es die Lehrer, die einem den besten Blick boten.
    Ich überrascht zu sehen, wie sie durch den Tag stolperte – trippelte über Risse im Gehweg, verstreute ihre Bücher, und, am häufigsten von allem, viel sie über ihre eignen Füße – die Leute durch deren Augen ich sie belauschte dachten sie wäre tollpatschig.
    Ich dachte darüber nach. Es stimmte, dass ich öfter mal Probleme damit hatte, aufrecht zu stehen. Ich erinnerte mich, wie sie an diesem ersten Tag in den Tisch vor mir gerannt ist, wie sie auf dem Eis hin und her rutschte vor dem Unfall, wie sie über die Fußleiste im Türrahmen gestolpert ist gestern… Wie seltsam, sie hatten recht. Sie war tollpatschig.
    Ich wusste nicht, warum ich das so witzig fand, aber ich musste laut loslachen während ich von Geschichte zu Englisch ging und einige Leute warfen mir verwirrte Blicke zu. Warum war mir das bloß noch nie aufgefallen? Vielleicht weil da irgendetwas Anmutiges in ihrer Stille war, so wie sie ihren Kopf hielt, der Bogen ihres Nackens…
    Jetzt hatte sie nichts Anmutiges mehr an sich. Mr. Varner beobachtete, wie sie mit der Spitze ihres Schuhs am Teppich hängen blieb und sich wortwörtlich in ihren Stuhl fallen ließ.
    Ich musste wieder lachen.
    Die Zeit verging unglaublich langsam, während ich auf meine Möglichkeit wartete, sie wieder mit meinen eigenen Augen sehen zu können. Endlich ertönte die Glocke. Ich marschierte so schnell es ging ohne aufzufallen, zur Cafeteria um meinen Platz zu sichern. Ich war einer er ersten. Ich entschied mich für einen Tisch der meistens leer war und war mir sicher, dass er das auch bleiben würde, wenn ich dort saß.
    Als meine Familie den Raum betrat und mich an einem anderen Tisch sitzen sah, waren sie nicht überrascht. Alice musste sie vorgewarnt haben.
    Rosalie stolzierte an mir vorbei ohne mich eines Blickes zu würdigen.
    Idiot.
    Rosalie und ich hatten nie eine einfache Beziehung gehabt – ich hatte sie gekränkt, als sie mich das allererste mal hatte sprechen hören, von da an ging es abwärts – aber es schien als wäre sie in den letzten Tagen noch schlechter gelaunt. Ich seufzte. Rosalie machte es sich selbst schwer.
    Jasper schenkte mir ein halbes Lächeln als er an mir vorbeilief.
    Viel Glück, dachte er zweifelnd.
    Emmett verdrehte die Augen und schüttelte den Kopf.
    Er hat seinen Verstand verloren, der arme Junge.
    Alice strahlte, ihre Zähne zu weit entblößt.
    Kann ich jetzt mit Bella reden??
    „Halt dich da raus,“ flüsterte ich unter vorgehaltener Hand.
    Ihr Lächeln senkte sich und dann strahlte sie wieder.
    Na gut. Dann seih eben Stur. Es ist nur eine Frage der Zeit.
    Ich seufzte wieder.
    Vergiss den Versuch in Biologie heute nicht, erinnerte sie mich.
    Ich nickte. Nein, das hatte ich nicht vergessen.
    Während ich darauf wartete, dass Bella die Cafeteria erreichte folgte ich ihr durch die Augen eines High School Anfängers, der hinter Jessica lief. Jessica quasselte ununterbrochen von dem Ball, aber Bella antwortete nicht. Nicht das Jessica ihr die Möglichkeit dazu gegeben hätte.
    In dem Moment als Bella durch die Tür der Cafeteria trat, warf sie einen Blick zu dem Tisch an dem meine Geschwister saßen. Sie schaute einen Moment, dann legte sie ihre Stirn in Falten und ihre Augen senken sich zum Boden. Sie hatte mich noch nicht gesehen.
    Sie sah so… traurig aus. Ich verspürte das starke verlangen, aufzustehen und an ihre Seite zu gehen, um sie irgendwie zu trösten, nur ich wusste nicht, was sie als tröstend empfunden hätte. Ich wusste nicht, warum sie plötzlich so traurig war. Jessica plapperte weiter über den Ball. War Bella traurig, dass sie nicht dabei sein würde? Das kam mir unwahrscheinlich vor…
    Aber das könnte man ändern, wenn sie wollte.
    Sie kaufte sich etwas zu trinken und sonst nichts. War das richtig? Brauchte sie nicht mehr Nahrung als das? Ich hatte mir nie viele Gedanken über die menschliche Ernährung gemacht.
    Menschen waren so verdammt gebrechlich! Es gab millionen verschiedener Dinge um die man sich sorgen musste…
    „Edward Cullen starrt dich schon wieder an,“ hörte ich Jessica sagen. „Ich frag mich, warum er heute alleine sitzt?“
    Ich war Jessica dankbar – obwohl ihre Abneigung jetzt noch größer wurde – denn Bellas Kopf schoss nach oben und sie sah sich um, bis sich unsere Blicke trafen.
    Da war keine Spur mehr von Trauer in ihren Augen. Ich machte mir Hoffnungen, dass sie vielleicht traurig gewesen war, weil sie dachte ich hätte die Schule heute früher verlassen und diese Hoffnung ließ mich lächeln.
    Ich bedeutete ihr mit meinem Finger sich zu mir zu setzten. Sie wirkte so geschockt darüber, dass ich sie wieder aufziehen wollte.
    Also zwinkerte ich und ihr Mund klappte auf.
    „Meint er dich?“ fragte Jessica entgeistert.
    „Vielleicht braucht er Hilfe mit seinen Bio-Hausaufgaben,“ sagte sie mit leiser, verunsicherter Stimme. „Ähm, ich geh besser mal gucken, was er will.“
    Das war wieder ein Ja.
    Sie stolperte zweimal auf dem Weg zu meinem Tisch obwohl auf ihrem Weg nichts lag außer perfekt glattem Linoleum. Mal ehrlich, wie konnte ich das übersehen? Ich vermute mal ich hatte ihren stummen Gedanken mehr Aufmerksamkeit geschenkt… Was hatte ich sonst noch übersehen?
    Seih ehrlich und geh es langsam an, ermahnte ich mich selbst.
    Sie hielt hinter dem Stuhl der mir gegenüberstand und zögerte. Ich atmete tief ein, diesmal durch meine Nase statt durch den Mund.
    Spüre das brennen, dachte ich trocken.
    „Warum setzt du dich heute nicht mal zu mir?“ fragte ich sie.
    Sie zog den Stuhl zurück und setzte sich, wobei sie mich die ganze Zeit nicht aus den Augen ließ. Sie wirkte nervös, aber ihre Physische Zusage war wieder ein Ja.
    Ich wartete darauf, dass sie etwas sagte.
    Es dauerte einen Moment, aber dann sagte sie, „Das ist komisch.“
    „Naja…“ ich zögerte. „Ich dachte mir, wenn ich schon in die Hölle komme, dann richtig.“
    Warum hatte ich das gesagt? Ich vermute es war wenigstens ehrlich. Und vielleicht hatte sie die unterschwellige Warnung in meinen Worten gehört. Vielleicht merkte sie, dass sie besser aufstehen und so schnell wie möglich verschwinden sollte…
    Sie stand nicht auf. Sie starrte mich an, abwartend, als hätte ich meinen Satz noch nicht beendet.
    „Du weißt, dass ich keine Ahnung habe wovon du redest,“ sagte sie als ich nicht weitersprach.
    Das war eine Erleichterung. Ich lächelte.
    „Ich weiß.“
    Es war schwer die Gedanken zu ignorieren, die hinter meinem Rücken schrien – und ich sollte ohnehin das Thema wechseln.
    „Ich glaube deine Freunde sind sauer auf mich, weil ich dich entführt habe.“
    Das schien sie nicht zu kümmern. „Sie werden es überleben.“
    „Aber vielleicht gebe ich dich nicht zurück.“ Ich wusste nicht mal ob ich versuchte ehrlich zu sein, oder ob ich sie nur wieder aufziehen wollte. In ihrer Nähe war es schwer meine eigenen Gedanken zu verstehen.
    Bella schluckte laut.
    Ich lachte über ihren Gesichtsausdruck. „Du siehst besorgt aus.“ Es sollte wirklich nicht lustig sein… Sie sollte besorgt sein.
    „Nein.“ Sie war eine schlechte Lügnerin; es half nicht, dass ihre Stimme wegbrach. „Überrascht, ehrlichgesagt… Wie kommt das?“
    „Ich hab dir doch gesagt,“ erinnerte ich sie. „Ich bin es leid mich von dir fernzuhalten. Also hab ich es aufgegeben.“ Ich bemühte mich mein lächeln beizubehalten. Es war gar nicht so einfach – ehrlich und lässig zu gleich zu sein.
    „Aufgegeben?“ wiederholte sie verwirrt.
    „Ja – aufgegeben gut zu sein.“ Und scheinbar auch aufgeben lässig zu sein. „Ich mache jetzt nur noch was ich will und lasse die Würfel fallen wie sie wollen.“ Das war ehrlich genug. Ihr meinen Egoismus zeigen. Es ihr auch eine Warnung sein lassen.
    „Ich versteh schon wieder nichts.“
    Ich war egoistisch genug um mich darüber zu freuen. „Ich sage immer zu viel, wenn ich mit dir rede – das ist eins der Probleme.“
    Ein eher kleines Problem, verglichen mit den anderen.
    „Keine Sorge,“ versicherte sie mir. „Ich verstehe sowieso nichts.“
    Gut. Das bedeutete sie blieb. „Das hoffe ich doch.“
    „Also im Klartext, sind wir jetzt Freunde?“
    Ich überschlug das kurz für eine Sekunde. „Freunde…“ wiederholte ich. Ich mochte den Klang nicht. Es war nicht genug.
    „Oder nicht,“ murmelte sie und sah beschämt aus.
    Dachte sie, dass ich sie dafür nicht genug mögen würde?
    Ich lächelte. „Naja, wir können es versuchen, denke ich. Aber ich warne dich, ich bin kein guter Freund für dich.“
    Hin und her gerissen wartete ich auf ihre Reaktion – einerseits wünschte ich mir, sie würde endlich verstehen, anderseits dachte ich, ich würde sterben, wenn sie es tat. Wie Melodramatisch. Ich benahm mich so menschlich.
    Ihr Herz schlug schneller. „Das sagst du ständig.“
    „Ja, weil du nicht auf mich hörst,“ sagte ich wieder zu leidenschaftlich. „Ich warte immer noch darauf, dass du mir endlich glaubst. Wenn du schlau bist, gehst du mir aus dem Weg.“
    Aber würde ich es zulassen, wenn sie es versuchen würde?
    Ihre Augen verengten sich. „Ich denke deinen Eindruck meiner Intelligenz hast du damit klar gemacht.“
    Ich war mir nicht ganz sicher, was sie damit meinte, aber ich lächelte entschuldigend, weil ich sie wohl versehentlich gekränkt hatte.
    „Also,“ sagte sie langsam. „So lange ich… nicht schlau bin, können wir versuchen Freunde zu sein?“
    „So könnte man es sagen.“
    Sie senkte ihren Blick und starrte intensiv auf die Limonadenflasche in ihrer Hand.
    Die altbekannte Neugierte folterte mich.
    „Was denkst du gerade?“ fragte ich – es war befreiend diese Worte endlich laut aussprechen zu können.
    Sie erwiderte meinen Blick, ihr Puls wurde schneller während ihre Wangen rot anliefen. Ich atmete ein, um die Luft zu schmecken.
    „Ich versuche herauszufinden, was du bist.“
    Ich behielt mein Lächeln bei und festigte meine Gesichtszüge während Panik in mir aufstieg.
    Natürlich versuchte sie das. Sie war nicht dumm. Ich konnte nicht hoffen, dass sie etwas so offensichtliches übersah.
    „Und, funktioniert es?“ fragte ich so ruhig wie ich konnte.
    „Nicht wirklich,“ gab sie zu.
    Ich kicherte vor Erleichterung. „Hast du irgendwelche Theorien?“
    Sie konnten nicht schlimmer sein, als die Wahrheit, egal was sie sich überlegt hatte.
    Ihre Wangen wurden noch röter und sie sagte nichts. Ich konnte die Wärme ihrer geröteten Wangen in der Luft spüren.
    Ich versuchte meinen überzeugenden Tonfall bei ihr anzuwenden. Bei normalen Menschen funktionierte es wunderbar.
    „Willst du sie mir nicht erzählen?“ Ich lächelte ermutigend.
    Sie schüttelte ihren Kopf. „Zu peinlich.“
    Hmpf. Es nicht zu wissen, war schlimmer als alles andere. Warum sollten ihr ihre Überlegungen peinlich sein? Ich hielt es nicht aus, es nicht zu wissen.
    „Das ist wirklich frustrierend, weißt du das?“
    Meine Beschwerde löste irgendetwas in ihr aus. Ihre Augen funkelten und die Worte sprudelten nur so aus ihr heraus.
    „Nein, ich kann mir nicht vorstellen, warum das frustrierend sein sollte – nur weil jemand dir nicht sagen möchte, was er denkt, obwohl er selber nur kryptische Andeutungen macht nur um dich die ganze Nacht wach zu halten um darüber nachzudenken, was sie bedeuten könnten… also, warum sollte das frustrierend sein?“
    Ich warf ihr einen finsteren Blick zu, weil ich wusste, dass sie recht hatte. Ich war nicht fair.
    Sie fuhr fort. „Oder noch besser, sagen wir mal diese Person macht einen Haufen seltsamer Dinge – am einen Tag rettet sie dein Leben unter unmöglichen Umständen und am nächsten behandelt sie dich wie einen Parasiten und erklärt weder das eine noch das andere. Das wäre auch alles gar nicht frustrierend.“
    Das war die längste Rede die ich je aus ihrem Mund gehört hatte und sie gab mir einen weiteren Punkt für meine Liste.
    „Du hast ein ziemliches Temperament, oder?“
    „Ich mag keine Doppelmoral.“
    Sie ging total auf in ihrem Ärger.
    Ich starrte Bella an und überlegte, ob ich überhaupt irgendetwas richtig machen konnte in ihren Augen, als Mike Newtons stille Rufe mich ablenkten.
    Er war so wütend, dass ich lachen musste.
    „Was?“ schnaubte sie.
    „Dein Freund denkt ich bin gemein zu dir – er überlegt ob er herkommen und unseren Streit beenden sollte.“ Das würde ich gern sehen. Ich lachte wieder.
    „Ich weiß nicht von wem du redest,“ sagte sie eisig. „Aber ich denke du hast unrecht.“
    Ich genoss die Art wie sie ihm eine Abfuhr erteilte durch diese Aussage.
    „Hab ich nicht. Ich sagte dir doch, dass die meisten Menschen leicht zu durchschauen sind.“
    „Abgesehen von mir.“
    „Ja. Abgesehen von dir.“ Musste sie für alles eine Ausnahme sein? Wäre es nicht fairer – wenn man bedenkt womit ich jetzt alles klar kommen musste – wenn ich wenigsten etwas in ihrem Kopf hören könnte? War das zu viel verlangt? „Ich frag mich, warum das so ist?“
    Ich starrte in ihre Augen und versuchte es wieder…
    Sie senkte den Blick. Die Augen stur auf den Tisch gerichtet, öffnete sie ihre Limonade und nahm einen kurzen Schluck.
    „Hast du keinen Hunger?“ fragte ich.
    „Nein.“ Sie sah auf den leeren Tisch zwischen uns. „Und du?“
    „Nein, ich hab keinen Hunger,“ sagte ich. Den hatte ich definitiv nicht.
    Sie schürzte ihre Lippe und starrte weiter auf den Tisch. Ich wartete.
    „Würdest du mir einen Gefallen tun?“ fragte sie und blickte plötzlich wieder auf.
    Was könnte sie von mir wollen? Würde sie nach der Wahrheit fragen, die ich ihr nicht erzählen konnte – die Wahrheit von der ich niemals wollte, dass sie sie erfährt?
    „Das kommt darauf an, was du möchtest?“
    „Nicht viel,“ versprach sie.
    Ich wartete, wieder neugierig.
    „Ich hab mich nur gefragt,“ sagte sie langsam während sie auf die Limonadenflasche starrte und mit dem kleinen Finger über die Öffnung strick. „Ob du mich vielleicht vorwarnen könntest wenn du dich das nächste mal entschließt, mich zu meinem wohl zu ignorieren? Nur damit ich vorbereitet bin.“
    Sie wollte eine Vorwarnung? Also musste meine Ignoranz etwas schlechtes sein… ich lächelte.
    „Das hört sich fair an,“ stimmte ich zu.
    „Danke,“ sagte sie. Ihr Gesicht war so erleichtert, dass ich über meine eigene Erleichterung lachen wollte.
    „Kann ich dann auch einen Gefallen haben?“ fragte ich Hoffnungsvoll.
    „Einen,“ erlaubte sie.
    „Nenn mir eine Theorie.“
    Sie wurde rot. „Das nicht.“
    „Du hast keine Einschränkungen gemacht, nur versprochen zu antworten,“ argumentierte ich.
    „Du hast selbst schon Versprechen gebrochen,“ gab sie zurück.
    Da hatte sie recht.
    „Nur eine Theorie – ich werde auch nicht lachen.“
    „Doch, du wirst.“ Sie schien sich dessen absolut sicher zu sein, obwohl ich mir nicht vorstellen konnte, was daran lustig sein könnte.
    Ich versuchte erneut überzeugend zu sein. Ich schaute ihr tief in die Augen – das war einfach bei Augen mit einer solchen Tiefe – und flüsterte, „Bitte?“
    Sie blinzelte und ihr Gesicht wurde Ausdruckslos.
    Naja, das war nicht genau die Reaktion die ich mir erhofft hatte.
    „Äh, was?“ fragte sie. Sie sah benommen aus. Was stimmte nicht mit ihr?
    Aber ich gab noch nicht auf.
    „Bitte sag mir nur eine kleine Theorie,“ bettelte ich mit meiner sanften, nicht-furchteinflößenden Stimme, während ich ihren Blick auffing.
    Zu meiner Überraschung und Zufriedenheit, schien es endlich zu wirken.
    „Ähm, naja, hat dich eine Radioaktive Spinne gebissen?“
    Comics? Kein Wunder, dass sie dachte, ich würde lachen.
    „Das ist nicht besonders kreativ,“ schalt ich sie und versuchte meine erneute Erleichterung zu verbergen.
    „Tut mir leid, weiter bin ich noch nicht,“ gab sie sich geschlagen.
    Das erleichterte mich noch mehr. Jetzt konnte ich sie wieder aufziehen.
    „Du bist nicht mal nahe dran.“
    „Keine Spinnen?“
    „Nein.“
    „Keine Radioaktivität?“
    „Keine.“
    „Verdammt,“ seufzte sie.
    „Kryptonit macht mir auch nichts aus,“ sagte ich schnell – bevor sie nach Bissen fragen konnte – und dann musste ich lachen, weil sie dachte ich wäre ein Superheld.
    „Du hast versprochen nicht zu lachen.“
    Ich presste meine Lippen aufeinander.
    „Ich werd‘s noch herausfinden,“ versprach sie.
    Und wenn sie das tat würde sie wegrennen.
    „Ich wünschte du würdest es nicht versuchen,“ sagte ich ohne zu sticheln.
    „Weil…?“
    Ich schuldete ihr Ehrlichkeit. Ich versuchte zu lächeln um meine Worte weniger furchteinflößend klingen zu lassen. „Was wenn ich kein Superheld bin? Was wenn ich der Böse bin?“
    Ihre Augen wurden ein kleines bisschen größer und ihre Lippen öffneten sich leicht. „Oh,“ sagte sie. Und nach einer weiteren Sekunde, „Ich verstehe.“
    Sie hatte mich endlich gehört.
    „Wirklich?“ fragte ich und unterdrückte meine Verzweiflung.
    „Du bist gefährlich?“ vermutete sie. Ihr Atem überschlug sich und ihr Herz raste.
    Ich konnte ihr nicht antworten. War dies mein letzter Moment mit ihr? Würde sie jetzt wegrennen? Würde es mir möglich sein ihr zu sagen, dass ich sie liebte, bevor sie weg war? Oder würde ihr das noch mehr Angst machen?
    „Aber nicht böse,“ flüsterte sie und schüttelte ihren Kopf, in ihren Augen lag keine Spur von Angst. „Nein, ich glaube nicht, dass du böse bist.“
    „Da liegst du falsch,“ stöhnte ich.
    Natürlich war ich böse. Frohlockte ich jetzt nicht, da ich wusste, dass sie besser von mir dachte, als ich es verdiente? Wenn ich gut wäre würde ich mich von ihr fernhalten.
    Ich streckte meine Hand über den Tisch um, als Ausrede, nach dem Deckel ihrer Limonadenflasche zu greifen. Sie zuckte nicht zurück, obwohl meine kalte Hand plötzlich so nah war. Sie hatte wirklich keine Angst vor mir. Noch nicht.
    Ich drehte den Deckel wie einen Kreisel und beobachtete ihn, statt sie. Meine Gedanken waren das reinste Durcheinander.
    Lauf, Bella, lauf. (Lauf Forrest, lauf! *lol*) Ich brachte es nicht über mich die Worte laut auszusprechen.
    Sie sprang auf. „Wir kommen zu spät,“ sagte sie genau in dem Moment wo ich dachte, sie hätte irgendwie meine Stumme Warnung gehört.
    „Ich gehe heute nicht zum Unterricht.“
    „Warum nicht?“
    Weil ich dich nicht töten will. „Es ist manchmal gesünder zu schwänzen.“
    Um genau zu sein, war es gesünder für die Menschen, wenn die Vampire schwänzten an Tagen an denen Menschliches Blut vergossen werden sollte. Mr. Banner wollte heute Blutgruppen bestimmen. Alice hatte schon ihre erste Stunde geschwänzt.
    „Naja, ich gehe jedenfalls hin,“ sagte sie. Das überraschte mich nicht. Sie war verantwortungsbewusst – sie tat immer das Richtige.
    Sie war das Gegenteil von mir.
    „Wir sehen uns dann später,“ sagte ich, ein Versuch wieder lässig zu klingen während ich auf den kreisenden Deckel starrte. Und, ganz nebenbei, ich bete dich an… auf eine angsteinflößende, gefährliche Art und Weise.
    Sie zögerte, und ich hoffte für einen kurzen Moment, dass sie trotz allem bei mir bleiben würde. Aber die Glocke läutete und sie rannte davon.
    Ich wartete, bis sie verschwunden war und dann steckte ich den Deckel in meine Tasche – ein Andenken an diese wichtige Unterhaltung – und lief durch den Regen zu meinem Auto.
    Ich legte meine Lieblings Beruhigungs CD ein – dieselbe die ich mir an diesem ersten Tag angehört hatte – aber ich hörte Debussys Noten nicht sehr lange. Andere Noten klangen in meinem Kopf, das Fragment einer Melodie, die mich befriedigte und faszinierte. Ich drehte die Anlage leiser und lauschte der Musik in meinem Kopf, spielte mit dem Fragment, bis es sich zu einer volleren Harmonie entwickelte. Instinktiv bewegte ich meine Finger in der Luft über imaginäre Pianotasten.
    Die neue Komposition kam gut voran, als eine Welle Seelischer Pein meine Aufmerksamkeit erweckte.
    Ich schaute in die Richtung aus der diese Pein kam.
    Wird sie jetzt umkippen? Was soll ich jetzt tun? Mike war in Panik.
    Ungefähr 100 Yards entfernt, ließ Mike Newton Bellas schlaffen Körper auf den Bürgersteig sinken. Sie plumpste teilnahmslos auf den nassen Beton, ihre Augen geschlossen, ihre Haut kreidebleich wie eine Leiche.
    Ich riss fast die Tür aus dem Auto.
    „Bella?“ rief ich.
    Da war keine Veränderung in ihrem leblosen Gesicht, als ich ihren Namen rief.
    Mein Körper wurde kälter als Eis.
    Ich war mir Mikes verärgerter Überraschung bewusst, als ich wütend seine Gedanken aussiebte. Er dachte nur an seine Wut auf mich, also wusste ich nicht, was mit Bella los war. Wenn er ihr irgendetwas angetan hätte würde ich ihn auslöschen.
    „Was hat sie – ist sie verletzt?“ verlangte ich zu wissen während ich versuchte mich auf seine Gedanken zu konzentrieren. Es machte mich wahnsinnig, dass ich in menschlicher Geschwindigkeit laufen musste. Ich hätte mein Auftauchen nicht ankündigen sollen.
    Dann konnte ich ihr Herz schlagen hören und ihren flachen Atem. Als ich zu ihr hinsah, presste sie ihre Augen noch fester zu. Das beruhigte meine Panik ein bisschen.
    Ich sah eine Erinnerung in Mikes Gedanken auf flimmern, ein Schwall von Bildern aus dem Biologieraum. Bellas Kopf auf unserem Tisch, ihre blasse Haut leicht grünlich. Rote Tropfen auf den weißen Karten…
    Blutgruppen-Bestimmung.
    Ich blieb auf der Stelle stehen und hielt den Atem an. Ihr Duft war eine Sache, aber ihr fließendes Blut eine ganz andere.
    „Ich glaube sie ist Ohnmächtig,“ sagte Mike, ängstlich und aufgebracht in einem. „Ich weiß nicht, was passiert ist, sie hat sich noch nicht mal in den Finger gestochen.“
    Eine Welle der Erleichterung durchfuhr mich und ich atmete wieder, schmeckte die Luft. Ah, ich konnte den kleinen Fluss von Mike Newtons Nadelstichgroßen Wunde riechen. Einst hätte mich das wohl gereizt.
    Ich kniete mich neben sie, Mike schwebte neben mir, wütend über meine Einmischung.
    „Bella. Kannst du mich hören?“
    „Nein,“ jammerte sie. „Geh weg.“
    Die Erleichterung war so groß, dass ich lachen musste. Es ging ihr gut.
    „Ich wollte sie gerade zur Krankenschwester bringen,“ sagte Mike. „Aber sie konnte nicht mehr weitergehen.“
    „Ich mach das. Du kannst zurück in den Unterricht gehen,“ sagte ich abweisend.
    Mike schlug seine Zähne aufeinander. „Nein, ich soll das machen.“
    Ich hatte nicht vor hier herum zu stehen und mit diesem Kerl zu diskutieren.
    Erregt und panisch, halb dankbar und halb betrübt von dem Dilemma, das es unumgänglich machte sie zu berühren, hob ich Bella sanft vom Bürgersteig auf und hielt sie in meinen Armen. Ich berührte nur ihre Kleidung und versuchte so viel Abstand wie Möglich zwischen unseren Körper zu behalten. In derselben Bewegung schritt ich vorwärts um so schnell wir möglich in Sicherheit zu bringen – mit anderen Worten, weiter weg von mir.
    Erstaunt riss sie die Augen auf.
    „Lass mich runter,“ befahl sie mich schwacher Stimme – schon wieder verlegen, erriet ich an ihrem Ausdruck. Sie mochte es nicht, Schwäche zu zeigen.
    Ich hörte Mikes lauten Protest hinter uns kaum.
    „Du siehst furchtbar aus,“ sagte ich ihr und grinste, denn sie war vollkommen in Ordnung abgesehen von einem schwachen Kopf und einem flauen Magen.
    „Leg mich wieder auf den Bürgersteig,“ sagte sie. Ihre Lippen waren weiß.
    „Du wirst also Ohnmächtig wenn du Blut siehst?“ Konnte es noch ironischer werden?
    Sie schloss ihre Augen und presste die Lippen zusammen.
    „Und nicht mal dein eigenes Blut,“ fügte ich hinzu und mein grinsen wurde breiter.
    Wir waren jetzt am Sekretariat. Die Tür war einen Spalt geöffnet und ich trat sie aus meinem Weg.
    Ms. Cope sprang überrascht auf. „Oh je,“ japste sie als sie das aschfahle Mädchen in meinen Armen sah.
    „Sie ist in Biologie umgekippt,“ erklärte ich, bevor sie sich sonst was überlegen konnte.
    Ms. Cope beeilte sich, die Tür zum Zimmer der Krankenschwester zu öffnen. Bella hatte ihre Augen wieder geöffnet und beobachtete sie. Ich hörte das innerliche Erstaunen der Krankenschwester als ich das Mädchen auf das schmale Bett legte. Sobald ich sie abgelegt hatte, wich ich soweit von ihr zurück wie es der schmale Raum zu ließ. Mein Körper war zu aufgeregt, zu begierig, meine Muskeln angespannt und das Gift floss. Sie war so warm und wohlriechend.
    „Ihr ist nur etwas schwindlig,“ versicherte ich Mrs. Hammond. „Sie bestimmen Blutgruppen in Biologie.“
    Sie nickte verstehend. „Es gibt immer einen.“
    Ich unterdrückte ein Lachen. War klar, dass Bella diese eine sein würde.
    „Leg dich einfach ein bisschen hin, Liebes,“ sagte Mrs. Hammond. „Es geht vorbei.“
    „Ich weiß,“ sagte Bella.
    „Passiert das öfter?“ fragte die Krankenschwester.
    „Manchmal,“ gab Bella zu.
    Ich versuchte mein Lachen als Husten zu tarnen.
    Das erinnerte die Krankenschwester daran, dass ich auch noch da war. „Du kannst jetzt zurück zum Unterricht gehen,“ sagte sie.
    Ich sah ihr direkt in die Augen und log mit perfekter Überzeugung. „Ich soll bei ihr bleiben.“
    Hmm. Ich frage mich… ach naja. Mrs. Hammond nickte.
    Es funktionierte wunderbar bei ihr. Warum musste Bella so schwierig sein?
    „Ich hole dir ein bisschen Eis für deinen Kopf, Liebes,“ sagte die Krankenschwester, leicht irritiert davon mir in die Augen gesehen zu haben – so wie Menschen reagieren sollten – und verließ den Raum.
    „Du hattest recht,“ stöhnte Bella und schloss wieder ihre Augen.
    Was meinte sie damit? Ich kam zum schlimmsten Ergebnis: sie hatte meine Warnungen akzeptiert.
    „Ich hab meistens recht,“ sagte ich und versuchte meine Stimme amüsiert klingen zu lassen; sie klang er sauer. „Aber womit denn genau?“
    „Schwänzen ist gesund,“ seufzte sie.
    Ah, wieder Erleichterung.
    Dann war sie still. Sie atmete langsam ein und aus. Ihre Lippen wurden langsam wieder rosa. Auf ihren Mund zu starren löste seltsame Gefühle in mir aus. Ich wollte mich zu ihr hinbewegen, aber das war keine gute Idee.
    „Du hast mir vorhin einen ganz schönen Schrecken eingejagt,“ sagte ich – um die Unterhaltung wieder in Gang zu setzen, damit ich wieder ihre Stimme hören konnte. „Ich dachte, Newton würde deinen toten Körper wegzerren um ihn im Wald zu vergraben.“
    „Ha ha,“ sagte sie.
    „Ehrlich – ich hab schon Leichen mit besserer Farbe gesehen.“ Das stimmte sogar. „Ich dachte schon, ich müsste deinen Mord rächen.“ Und das hätte ich auch getan.
    „Der arme Mike,“ seufzte sie. „Ich wette er ist sauer.“
    Wurt stieg in mir auf, aber ich dämmte sie sofort ein. Ihre Sorge war sicher nur Mitleid. Sie war gütig. Das war alles.
    „Er hasst mich,“ sagte ich ihr, diese Idee brachte mich um jubeln.
    „Das kannst du nicht wissen.“
    „Ich hab sein Gesicht gesehen – Ich kann es wissen.“ Es war vermutlich die Wahrheit, dass sein Gesicht zu lesen mir genug Informationen gegeben hätte um diese Feststellung zu machen. Und die ganze Übung mit Bella verbesserte meine Fähigkeit menschliche Gesichter zu lesen.
    „Wie konntest du mich sehen? Ich dachte du schwänzt.“ Ihr Gesicht sah besser aus – der grüne Ton war aus ihrer transparenten Haut verschwunden.
    „Ich saß in meinem Auto und hab Musik gehört.“
    Ihr Gesicht zuckte, als hätte meine gewöhnliche Antwort sie irgendwie überrascht.
    Sie öffnete wieder ihre Augen als Mrs. Hammond mit dem Eisbeutel zurückkam.
    „Hier, Liebes,“ sagte die Krankenschwester, während sie Bella das Eis auf die Stirn legte. „Du siehst besser aus.“
    „Ich glaube mir geht es gut,“ sagte Bella und nahm den Eisbeutel von ihrem Kopf während sie sich aufsetzte. Natürlich. Sie mochte es nicht, wenn man sich um sie kümmerte.
    Mrs. Hammonds faltige Hand flatterte auf Bella zu, als wollte sie sie wieder runter drücken, aber in diesem Moment öffnete Ms. Cope die Tür und beugte sich hinein. Ihr Auftauchen wurde begleitet von dem Geruch von frischem Blut, nur ein Hauch.
    Unsichtbar für mich im Raum hinter ihr, stand Mike Newton, immer noch sehr sauer, und wünschte sich, der schwere Junge den er jetzt hinter sich herzog wäre das Mädchen das mit mir hier drin war.
    „Wir haben hier noch einen,“ sagte Ms. Cope.
    Bella sprang schnell von dem Bett, dankbar aus dem Scheinwerferlicht zu sein.
    „Hier,“ sagte sie und reichte Mrs. Hammond den Eisbeutel. „Den brauche ich nicht mehr.“
    Mike grunzte als er Lee Stevens halb durch die Tür schob. Es sickerte immer noch Blut aus der Hand die Lee vor sein Gesicht hielt und rann zu seinem Handgelenk.
    „Oh nein.“ Das war mein Stichwort zu gehen – und Bellas auch wie es schien. „Geh raus, Bella.“
    Sie starrte mit verwirrten Augen zu mir hoch.
    „Vertrau mir – geh.“
    Sie wirbelte herum, erreichte die Tür bevor sie zufiel und eilte hindurch zum Sekretariat. Ich war nur wenige Zentimeter hinter ihr. Ihre wehenden Haare streiften meine Hand…
    Sie drehte sich zu mir um, immer noch mit geweiteten Augen.
    „Du hast auf mich gehört.“ Das war das erste Mal.
    Sie rümpfte ihre kleine Nase. „Ich hab das Blut gerochen.“
    Ich starrte sie vollkommen perplex an. „Menschen können kein Blut riechen.“
    „Naja, ich schon – das ist es wovon mir schlecht wird. Es riecht rostig… und salzig.“
    Mein Gesicht war gefroren, ich starrte sie immer noch an.
    Was sie wirklich ein Mensch? Sie sah menschlich aus. Sie fühlte sich so weich an, wie ein Mensch. Sie roch menschlich – naja, eigentlich besser. Sie benahm sich menschlich… irgendwie. Aber sie dachte nicht wie ein Mensch, oder reagierte wie einer.
    Was gab es sonst noch für Möglichkeiten?
    „Was?“ verlangte sie.
    „Es ist nichts.“
    Mike Newton unterbrach uns indem er den Raum mit grollenden, brutalen Gedanken betrat.
    „Du siehst besser aus,“ sagte er ungehalten zu ihr.
    Meine Hand zuckte, wollte ihm Manieren beibringen. Ich sollte besser aufpassen, sonst würde ich damit enden diesen unausstehlichen Jungen zu töten.
    „Behalt bloß deine Hand in der Tasche,“ sagte sie. Für eine Sekunde dachte ich sie redete mit mir.
    „Es blutet nicht mehr,“ antwortete er beleidigt. „Kommst du mit zurück zum Unterricht?“
    „Machst du Witze? Da kann ich ja direkt hier bleiben.“
    Das war sehr gut. Ich dachte ich würde die ganze Stunde mit ihr verpassen und jetzt bekam ich sogar zusätzliche Zeit. Ich fühlte mich habgierig wie ein Geizhals der über jede Minute freute.
    „Ja, stimmt wohl…“ murmelte Mike. „Also kommst du dieses Wochenende mit? Zum Strand?“
    Ah, sie hatten Pläne. Der Ärger ließ mich erstarren. Es war ein Gruppenausflug. Ich hatte etwas davon in den Köpfen der anderen Schüler gesehen. Es waren nicht nur die beiden. Ich war immer noch wütend. Ich lehnte mich an den Tresen und versuchte die Kontrolle zu behalten.
    „Klar, ich hab doch gesagt, dass ich dabei bin,“ versprach sie ihm.
    Also hatte sie zu ihm auch Ja gesagt. Die Eifersucht brannte, schmerzhafter als Durst.
    Nein, es war nur ein Gruppenausflug, versuchte ich mich zu überzeugen. Sie verbrachte den Tag mit Freunden. Nichts weiter.
    „Wir treffen uns am Laden meines Vaters, gegen zehn.“ Und Cullen ist NICHT eingeladen.
    „Ich werde da sein,“ sagte sie.
    „Wir sehen uns dann in Sport.“
    „Ja bis dann,“ antwortete sie.
    Er trottete zurück zu seinem Unterricht, seine Gedanken voller Zorn. Was sieht sie bloß in diesem Freak? Klar, er ist reich, denke ich. Die Mädchen denken er wäre heiß, aber das kann ich nicht nachvollziehen. Viel zu… zu perfekt. Ich wette sein Vater experimentiert mit Schönheitsoperationen an ihnen allen. Deshalb sind sie alle so weiß und schön. Das ist nicht normal. Und er sieht irgendwie… unheimlich aus. Manchmal wenn er mich ansieht, könnte ich schwören dass er darüber nachdenkt mich zu töten… Freak…
    Mike war nicht vollkommen unaufmerksam.
    „Sport,“ wiederholte Bella leise. Ein Ächzen.
    Ich sah zu ihr bemerkte, dass wieder traurig war wegen irgendetwas. Ich war mir nicht sicher weswegen, aber es war offensichtlich, dass sie nicht zu ihrer nächsten Stunde mit Mike gehen wollte und ich war absolut für diesen Plan.
    Ich ging zu ihr und lehnte mich zu ihr hinunter, fühlte wie die Wärme ihrer Haut zu meinen Lippen ausstrahlte. Ich durfte nicht atmen.
    „Ich kümmere mich darum,“ murmelte ich. „Setzt dich da drüben hin und sieh blass aus.“
    Sie tat was ich sagte, setzte sich auf einen der Klappstühle und lehnte ihren Kopf an die Wand, während hinter mir Ms. Cope aus dem Hinterzimmer kam und zu ihrem Schreibtisch ging. Mit geschlossenen Augen sah Bella so aus, als wäre sie wieder ohnmächtig. Ihre Farbe war noch nicht vollständig zurückgekehrt.
    Ich drehte mich zu der Sekretärin um. Hoffentlich passte Bella gut auf, dachte ich hämisch. So hatte ein Mensch zu reagieren.
    „Ms. Cope?“ fragte ich mit meiner überzeugenden Stimme.
    Ihre Augenlieder flatterten und ihr Puls beschleunigte. Zu jung, reiß dich zusammen! „Ja?“
    Das war interessant. Wenn Shelly Copes Puls schneller ging, lag es daran, dass sie mich attraktiv fand, nicht weil sie angst hatte. Ich war an sowas gewöhnt wenn ich von menschlichen Frauen umgeben war… dennoch hatte ich diese Erklärung nie für Bellas rasendes Herz in Betracht gezogen.
    Diese Vorstellung gefiel mir sehr viel besser. Zu sehr, ehrlichgesagt. Ich lächelte und Mrs. Copes Atem wurde lauter.
    „Bella hat Sport in der nächsten Stunde, aber ich glaube nicht dass sie sich schon so viel besser fühlt. Eigentlich dachte ich, es wäre besser, wenn ich sie jetzt nach Hause bringe. Glauben sie sie könnten sie entschuldigen?“ Ich schaute in ihre Augen und genoss das Chaos, das das in ihren Gedanken verursachte. War es möglich, dass Bella…?
    Mrs. Cope musste laut schlucken bevor sie mir antworten konnte. „Brauchst du auch eine Entschuldigung, Edward?“
    „Nein, ich habe Ms. Goff, sie wird es nicht stören.“
    Ich beachtete sie nicht weiter. Ich überdachte diese neue Möglichkeit.
    Hmm. Ich hätte gern geglaubt, dass Bella mich genauso attraktiv fand, wie es andere Menschen taten, aber wann hatte Bella jemals die gleichen Reaktionen wie andere Menschen? Ich sollte meine Hoffnung nicht aufkeimen lassen.
    „Okay, alles klar. Geht’s die besser, Bella?“
    Bella nickte schwach – ein bisschen zu theatralisch.
    „Kannst du laufen, oder wäre es dir lieber, wenn ich dich wieder trage?“ fragte ich amüsiert von ihren schlechten Schauspielkünsten. Ich wusste, dass sie lieber laufen wollte – sie wollte nicht schwach sein.
    „Ich werde laufen,“ sagte sie.
    Wieder recht gehabt. Ich wurde immer besser darin.
    Sie stand auf und zögerte kurz, als ob sie ihr Gleichgewicht testen wollte. Ich hielt ihr die Tür auf und wir traten hinaus in den Regen.
    Ich beobachtete sie, wie sie ihr Gesicht in den Regen hielt mit geschlossenen Augen und einem leichten Lächeln auf den Lippen. Was dachte sie? Irgendetwas an dieser Haltung wirkte seltsam und ich erkannte schnell warum es mir so unbekannt vorkam. Normale menschliche Mädchen würden ihr Gesicht nicht in diesen Sprühregen halten; normale menschliche Mädchen trugen Make-up, sogar hier an diesem nassen Ort.
    Bella trug nie Make-up und brauchte es auch nicht. Die Kosmetikindustrie verdiente Milliarden Dollar im Jahr an Mädchen die versuchten so eine Haut zu bekommen wie sie.
    „Danke,“ sagte sie und lächelte mich an. „Es ist gut wenn einem übel wird, wenn man dafür Sport schwänzen kann.“
    Ich blickte über den Schulhof während ich überlegte wie ich meine Zeit mit ihr verlängern konnte. „Jederzeit,“ sagte ich.
    „Also, kommst du auch? Diesen Samstag meine ich?“ Sie klang hoffnungsvoll.
    Ah, ihre Hoffnung war beruhigend. Sie wollte dass ich bei ihr bin und nicht Mike Newton. Und ich wollte Ja sagen. Aber da waren viele Dinge die beachtet werden mussten. Zum einen würde diesen Samstag die Sonne scheinen…
    „Wo geht ihr denn genau hin?“ Ich versuchte beiläufig zu klingen, als ob es mich nicht so sehr interessieren würde. Mike hatte etwas von Strand gesagt. Nicht viele Möglichkeiten der Sonne dort auszuweichen.
    „Runter nach La Push, nach First Beach.“
    Verdammt. Naja, dann war es unmöglich.
    Außerdem, Emmett wäre verärgert, wenn ich unsere Pläne absagen würde.
    Ich blickte zu ihr hinunter und lächelte ironisch. „Ich glaube nicht, dass ich eingeladen wurde.“
    Sie seufzte, sie hatte bereits aufgegeben. „Ich hab dich gerade eingeladen.“
    „Lass uns den armen Mike nicht noch weiter reizen diese Woche. Wir wollen doch nicht dass er zerreißt.“ Ich dachte daran den armen Mike selbst zu zerreißen und genoss das Bild in meinem Kopf.
    „Mike-schmike,“ ganz frei sagte sie, wieder abweisend. Ich lächelte breit.
    Und dann ging sie von mir weg.
    Ohne nachzudenken, packte ich sie an ihrer Jacke. Mit einem Ruck kam sie zum stehen.
    „Was glaubst du wo du hingehst?“ Ich war fast sauer darüber, dass sie mich verlassen wollte. Ich hatte noch nicht genug Zeit mit ihr verbracht. Sie konnte nicht gehen, noch nicht.
    „Ich geh nach Hause,“ sagte sie, verblüfft darüber weshalb mich dass stören sollte.
    „Hast du nicht gehört, dass ich versprochen habe, dich sicher nach Hause zu bringen? Denkst du ich würde dich in deinem Zustand Auto fahren lassen?“ Ich wusste, dass sie das nicht mögen würde – meine Folgerung ihrer Schwäche. Aber ich musste ohnehin für den Seattle-Ausflug üben. Sehen ob ich mit ihrer Nähe klar kam auf engem Raum. Das hier war eine sehr viel kürzere Fahr.
    „Was für ein Zustand?“ verlangte sie. „Und was ist mit meinem Truck?“
    „Alice bringt ihn dir nach der Schule.“ Ich zog sie zurück zu meinem Auto, sehr vorsichtig, da ich mittlerweile wusste, dass sie schon beim vorwärtsgehen Probleme hatte.
    „Lass mich los!“ sagte sie, drehte sich seitwärts und stolperte fast. Ich strecke eine Hand aus um sie aufzufangen, aber sie fing sich wieder bevor es nötig war. Ich sollte nicht nach Ausreden suchen um sie zu berühren. Ich dachte wieder an Mrs. Copes Reaktion auf mich, aber ich verschob es auf später. Da war vieles was berücksichtigt werden musste an dieser Front.
    Neben dem Auto ließ ich sie los, und sie stolperte gegen die Tür. Ich würde noch vorsichtiger mit ihr umgehen müssen in Anbetracht ihrer Gleichgewichtsprobleme…
    „Du bist so aufdringlich!“
    „Es ist offen.“
    Ich stieg auf meiner Seite ein und startete den Wagen. Sie versteifte sich, immer noch draußen obwohl der Regen stärker wurde und ich wusste, dass sie die Kälte und die Nässe nicht mochte. Wasser tränke ihre dichten Haare und ließ sie fast schwarz erscheinen.
    „Ich bin absolut in der Lage, mich selbst nach Hause zu fahren.“
    Natürlich war sie das – aber ich war nicht in der Lage sie gehen zu lassen.
    Ich ließ das Beifahrerfenster herunter und lehnte mich zu ihr. „Steig ein Bella.“
    Sie verengte ihre Augen und ich vermutete, dass sie überlegte ob sie versuchen sollte zu ihrem Wagen zu rennen.
    „Ich hol dich sowieso wieder zurück,“ versprach ich und genoss ihren verärgerten Gesichtsausdruck, als sie verstand, dass ich es ernst meinte.
    Sie reckte ihr Kinn in die Luft, öffnete die Beifahrertür und stieg ein. Der Regen tropfte von ihren Haaren auf das Leder und ihre Stiefel quietschten.
    „Das ist vollkommen unnötig,“ sagte sie kühl. Sie sah ein bisschen verlegen aus unter ihrem Ärger.
    Ich machte die Heizung an, damit sie es nicht unbequem hatte und drehte die Musik leiser. Ich führ Richtung Ausfahrt und beobachtete sie aus dem Augenwinkel. Sie schob schmollend die Unterlippe vor. Während ich es beobachtete überlegte ich was das für Gefühle in mir auslöste… dachte dabei wieder an die Reaktion der Sekretärin…
    Plötzlich sah sie zu der Anlage und lächelte, ihre Augen geweitet. „Claire de Lune?“ fragte sie.
    Ein Klassik-Fan? „Du kennst Debussy?“
    „Nicht gut,“ sagte sie. „Meine Mutter hört gern klassische Musik zu Hause – ich kenne nur meine Lieblingsstücke.“
    „Das ist auch eins meiner Lieblingsstücke.“ Ich starrte nachdenklich in den Regen. Ich hatte tatsächlich etwas mit ihr gemeinsam. Dabei hatte ich gerade angefangen zu denken, wir wären das genaue Gegenteil in jeder Hinsicht.
    Sie wirkte jetzt entspannter und starrte, wie ich, in den Regen ohne etwas zu sehen. Ich nutze ihre Ablenkung um mit meiner Atmung zu experimentieren.
    Ich atmete vorsichtig durch die Nase ein.
    Gewaltig.
    Ich klammerte mich an das Lenkrad. Der Regen hatte ihren Duft noch verbessert. Ich hätte nicht gedacht, dass das möglich wäre. Dummerweise stellte ich mir jetzt vor, wie sie wohl schmecken würde
    Ich versuchte gegen das Feuer in meiner Kehle an zu schlucken und an etwas anderes zu denken.
    „Wie ist deine Mutter so?“ fragte ich um mich abzulenken.
    Bella lächelte. „Sie sieht genauso aus wie ich, nur hübscher.“
    Das bezweifelte ich.
    „Ich hab zu viel von Charlie in mir,“ sprach sie weiter. „Sie ist aufgeschlossener als ich und mutiger.“
    Das bezweifelte ich auch.
    „Sie ist unverantwortlich und ein bisschen exzentrisch und sie ist eine sehr unvorhersehbare Köchin. Sie ist meine beste Freundin.“ Ihre Stimme wurde melancholisch; sie runzelte die Stirn.
    Wieder klang sie mehr wie ein Elternteil als ein Kind.
    Ich hielt vor ihrem Haus und fragte mich viel zu spät ob ich überhaupt wissen durfte wo sie wohnt. Nein, das wäre nichts Ungewöhnliches in so einer kleinen Stadt, mit ihrem Vater als Person der Öffentlichkeit…
    „Wie alt bist du, Bella?“ Sie musste älter sein, als sie aussah. Vielleicht kam sie erst spät in die Schule, oder ist sitzengeblieben… das schien eher unwahrscheinlich.
    „Ich bin siebzehn,“ antwortete sie.
    „Du wirkst nicht wie siebzehn.“
    Sie lachte.
    „Was?“
    „Meine Mutter sagt immer, ich bin mit fünfunddreißig geboren worden und dass ich immer älter werde.“ Sie lachte wieder und dann seufzte sie. „Naja, irgendeine muss ja die erwachsene sein.“
    Das machte einiges klarer. Ich verstand jetzt… wie die unverantwortliche Mutter Bellas Reife erklärte. Sie musste früh erwachsen werden um die Verantwortung zu übernehmen. Deshalb mochte sie es nicht, wenn man sich um sie kümmerte – sie dachte, das wäre ihr Job.
    „Du wirkst aber auch nicht wie ein normaler High School Schüler,“ sagte sie und riss mich aus meiner Träumerei.
    Ich verzog das Gesicht. Jedesmal wenn ich etwas an ihre bemerkte, bemerkte sie zu viel an mir. Ich wechselte das Thema.
    „Also, warum hat deine Mutter Phil geheiratet?“
    Sie zögerte eine Minute bevor sie antwortete. „Meine Mutter… sie ist sehr jung für ihr Alter. Ich glaube bei Phil fühlt sie sich noch jünger. Sie ist verrückt nach ihm.“ Sie schüttelte nachsichtig den Kopf.
    „Akzeptierst du ihn?“ wunderte ich mich.
    „Spielt das eine Rolle?“ fragte sie. „Ich möchte, dass sie glücklich ist… und er ist es, den sie will.“
    Die Selbstlosigkeit dieses Kommentars hätte mich verwundert, wenn es nicht so perfekt zu dem gepasst hätte, was ich bisher über ihren Charakter herausgefunden hatte.
    „Das ist sehr großzügig… ich frag mich…“
    „Was?“
    „Wäre sie dir gegenüber auch so großzügig, was meinst du? Egal auf wen deine Wahl fallen würde?“
    Es war eine dumme Frage und ich schaffte es nicht meine Stimme lässig klingen zu lassen, als ich sie stellte. Wie dämlich von mir überhaupt darüber nachzudenke, jemand könnte mich für seine Tochter akzeptieren. Wie dämlich von mir überhaupt nur zu denken, Bella könnte mich wählen.
    „Ich – ich denke schon,“ stammelte sie als Reaktion auf meinen Blick. Angst… oder Anziehung?
    „Aber sie ist immer noch meine Mutter. Das ist ein bisschen was anderes,“ schloss sie.
    Ich lächelte ironisch. „Also niemand allzu unheimliches.“
    Sie grinste mich an. „Was meinst du mit unheimlich? Haufenweise Piercings im Gesicht und Tattoos am ganzen Körper?“
    „Das wäre auch eine Definition, denke ich.“ Eine sehr harmlose Definition in meinen Augen.
    „Was wäre deine Definition?“
    Sie stellte immer die falschen Fragen. Oder vielleicht genau die richtigen Fragen. Die Fragen die ich auf keinen Fall beantworten wollte.
    „Glaubst du, ich könnte unheimlich sein?“ fragte ich sie und versuchte ein bisschen zu lächeln.
    Sie dachte kurz darüber nach bevor sie mir mit ernster Stimme antwortete. „Hmm… Ich denke du könntest unheimlich sein, wenn du wolltest.“
    Ich war jetzt auch ernst. „Hast du jetzt angst vor mir?“
    Sie antwortet sofort, ohne darüber nachzudenken. „Nein.“
    Ich lächelte wieder. Ich glaube nicht, dass sie die ganze Wahrheit sagte, aber sie log auch nicht wirklich. Sie hatte immerhin nicht genug Angst um wegrennen zu wollen. Ich fragte mich, wie sie sich wohl fühlte wenn ich ihr sagte, dass sie diese Unterhaltung mit einem Vampir führte. Ich zuckte instinktiv zusammen, als ich mir ihre Reaktion vorstellte.
    „Also, erzählst du mir jetzt etwas über deine Familie? Das ist bestimmt eine viel interessantere Geschichte als meine.“
    Eine unheimlichere auf jeden Fall.
    „Was möchtest du denn wissen?“ fragte ich vorsichtig.
    „Die Cullens haben die adoptiert?“
    „Ja.“
    Sie zögerte und fragte dann kleinlaut. „Was ist mit deinen Eltern passiert?“
    Das war nicht so schwer; Ich würde nicht mal lügen müssen. „Sie sind vor langer Zeit gestorben.“
    „Das tut mir leid,“ murmelte sie, offensichtlich besorgt, sie könnte mich verletzt haben.
    Sie machte sich Sorgen um mich.
    „Ich erinnere mich nicht mehr so genau an sie,“ versicherte ich ihr. „Carlisle und Esme sind schon lange meine Eltern.“
    „Und du liebst sie,“ stellte sie fest.
    Ich lächelte. „Ja. Ich könnte mir keine besseren Menschen vorstellen.“
    „Du hast Glück.“
    „Ja, das weiß ich.“ Unter diesen Umständen, was Eltern angeht, konnte man mein Glück nicht abstreiten.
    „Und deine Brüder und Schwestern?“
    Wenn ich zuließ dass sie nach mehr Details fragte würde ich lügen müssen. Ich schielte auf die Uhr, entmutigt stellte ich fest, dass meine Zeit mit ihr um war.
    „Mein Bruder und meine Schwester und Jasper und Rosalie, werden ganz schön sauer auf mich sein, wenn ich sie im Regen stehen lasse.“
    „Oh, tut mir leid. Ich halte dich auf.“
    Sie rührte sich nicht. Sie wollte auch nicht, dass unsere Zeit schon um war. Das gefiel mir sehr, sehr gut.
    „Und wahrscheinlich möchtest du deinen Truck wieder haben bevor Chief Swan nach Hause kommt, damit du ihm nichts von dem Unfall in Biologie erzählen musst.“ Bei der Erinnerung an ihre Verlegenheit in meinen Armen musste ich grinsen.
    „Ich bin mir sicher, dass er es längst gehört hat. Es gibt keine Geheimnisse in Forks.“ Sie sagte den Namen der Stadt mit ausgeprägtem Missfallen.
    Bei ihren Worten musste ich lachen. Keine Geheimnisse, allerdings. „Viel Spaß am Strand.“ Ich blickte in den strömenden Regen, wohlwissend, dass er nicht anhalten würde und wünschte mir stärker als sonst, dass er es doch tun würde. „Gutes Wetter zum Sonnenbaden.“ Naja, am Samstag würde es das sein. Sie wird das genießen.
    „Sehen wir uns morgen nicht?“
    Die Sorge in ihrer Stimme gefiel mir.
    „Nein. Emmett und ich starten das Wochenende etwas früher.“ Ich verfluchte mich dafür, dass ich diese Pläne gemacht hatte. Ich könnte sie absagen… aber es gab jetzt nichts Wichtigeres als zu jagen und meine Familie würde von meinem Benehmen schon beunruhigt genug sein ohne dass ich enthüllte wie besessen ich bereits war.
    „Was habt ihr vor?“ fragte sie. Sie klang nicht glücklich über meine Antwort.
    Gut.
    „Wir gehen campen in der Goat Rocks Wildnis, südlich von Rainier.“ Emmett war begierig auf die Bären Saison.
    „Oh, naja, viel Spaß,“ sagte sie halbherzig. Das gefiel mir auch.
    Als ich sie so ansah, quälte mich die Vorstellung auch nur zeitweise auf Wiedersehen sagen zu müssen. Sie war so weich und zerbrechlich. Es wirkte leichtsinnig sie aus den Augen zu lassen, wo ihr so viel zustoßen konnte. Und trotzdem, das schlimmste was ihr passieren konnte, war mit mir zusammen zu sein.
    „Könntest du mir dieses Wochenende einen Gefallen tun?“ fragte ich ernst.
    Sie nickte, ihre Augen groß und verwirrt von meinem drängen.
    Geh es langsam an.
    „Seih nicht sauer, aber du scheinst jemand zu sein, der Gefahren magnetisch anzieht. Also… versuch nicht ins Meer zu fallen oder dich überfahren zu lassen oder so etwas, in Ordnung?“
    Ich lächelte sie reumütig an und hoffte sie würde die Trauer in meinem Blick nicht sehen. Wie sehr ich mir wünschte, dass es nicht so viel besser für sie war nicht in meiner Nähe zu sein, egal was ihr dort passieren konnte.
    Lauf, Bella, lauf. Ich liebe dich zu sehr für dein eigenes Wohl oder meins.
    Sie war verärgert über meine Neckerei. Sie warf mir einen finsteren Blick zu. „Ich werd sehen, was sich machen lässt,“ schnappte sie, bevor sie aus dem Wagen in den Regen sprang und die Tür hinter sich zuschlug so fest sie konnte.
    Genau wie ein wütendes Kätzchen das denkt es seih ein Tiger.
    Ich schloss meine Finger um den Schlüssel, den ich ihr gerade aus der Tasche gezogen hatte und lächelte als ich davonfuhr.

  • 2.Kapitel: Wie ein offenes BuchDatum07.02.2010 22:54
    Thema von Julia Cullen im Forum Midnight Sun

    2. Wie ein offenes Buch

    Ich lehnte mich gegen die weiche Schneewehe und das trockene Puder verformte sich unter meinem Gewicht. Mein Körper hatte sich noch weiter abgekühlt um sich der Luft um mich herum anzupassen und die kleinen Eisstücke fühlten sich wie Samt auf meiner Haut an.
    Der Himmel über mir war klar, voller leuchtender Sterne, ein schimmerndes blau an einigen Stellen, gelb an anderen. Die Sterne bildeten majestätische, verschlungene Formen in dem schwarzen Universum – ein großartiger Anblick. Ungemein schön. Oder besser, sollte ungemein schön sein. Wäre es gewesen, wenn ich in der Lage gewesen wäre es wirklich zu sehen.
    Es wurde einfach nicht besser. Sechs Tage waren mittlerweile vergangen, sechs Tage versteckte ich mich bereits in der leeren Wildnis von Denali, aber ich war der Freiheit kein Stück näher gekommen seit ich zum ersten Mal ihren Duft aufgeschnappt hatte.
    Wenn ich hinauf zu dem juwelenbehangenen Himmel starrte war es als wäre da eine Blockade zwischen meinen Augen und seiner Schönheit. Die Blockade war ein Gesicht, nur ein belangloses menschliches Gesicht, aber ich konnte es nicht aus meinem Kopf verbannen.
    Ich hörte die sich nähernden Gedanken bevor ich die dazugehörenden Schritte hörte. Die Bewegungsgeräusche waren nur der Hauch eines Flüsterns auf dem weißen Puder.
    Ich war nicht überrascht, dass Tanya mir hierher gefolgt war. Ich wusste dass sie schon einige Tage über das Gespräch das jetzt kommen würde nachgrübelte, sie schob es vor sich her, bis sie genau wusste, was sie sagen wollte.
    Ungefähr sechzig Yards entfernt sprang sie in Sicht, auf die Spitze eines unter dem Schnee hervortretenden schwarzen Felsens und balancierte dort auf den Ballen ihrer nackten Füße.
    Tanyas Haut war silbern im Sternenlicht und ihre langen blonden Locken leuchteten schwach, fast rosa auf ihrem Erdbeertaint. Ihre bernsteinfarbenen Augen leuchteten auf, als sie mich entdeckte, halb begraben unter dem Schnee, und ihre vollen Lippen umspielte ein Lächeln.
    Vorzüglich. Wenn ich wirklich in der Lage gewesen wäre sie zu sehen. Ich seufzte.
    Sie hockte sich auf den Felsen, ihre Fingerspitzen berührten den Stein, ihr Körper rollte sich zusammen.
    Kanonenkugel, dachte sie.
    Sie schoss in die Luft, ihre Umrisse wurden zu einem dunklen, verdrehten Schatten als sie zwischen mich und die Sterne sprang. Sie rollte sich zu einer Kugel zusammen als sie auf den aufgetürmten Schnee neben mir traf.
    Ein Schneesturm erhob sich um mich herum. Die Sterne wurden schwarz und ich war begraben unter den federähnlichen eisigen Kristallen.
    Ich seufzte wieder, aber machte keine Anstalten, mich aus dem Schnee zu heraus zu graben. Die Schwärze unter dem Schnee tat weder weh noch veränderte sie die Sicht. Ich sah immer noch dasselbe Gesicht.
    „Edward?“
    Wieder flog Schnee, als Tanya mich schnell ausgrub. Sie fegte das Pulver von meinem unbeweglichen Gesicht, darauf bedacht, meinem Blick nicht zu begegnen.
    „Sorry,“ murmelte sie. „Es sollte ein Witz sein.“
    „Ich weiß. Es war lustig.“
    Ihre Mundwinkel verzogen sich nach unten.
    „Irina und Kate sagen, ich sollte dich in Ruhe lassen. Sie denken ich nerve dich.“
    „Kein bisschen,“ versicherte ich ihr. „Ganz im Gegenteil, ich bin derjenige der unhöflich ist – furchtbar unhöflich. Es tut mir sehr leid.“
    Du gehst wieder nach Hause, oder? Dachte sie.
    „Ich hab mich… noch nicht vollkommen… entschieden.“
    Aber du bleibst nicht hier. Ihre Gedanken waren jetzt wehmütig, traurig.
    „Nein. Es scheint nicht wirklich… zu helfen.“
    Sie zog ein Gesicht. „Das ist meine Schuld, nicht wahr?“
    „Natürlich nicht,“ log ich reibungslos.
    Seih kein Gentleman.
    Ich lächelte.
    Wegen mir fühlst du dich unwohl, klagte sie.
    „Nein.“
    Sie zog eine Augenbraue hoch. Ihr Gesicht war so ungläubig, dass ich lachen musste. Ein kurzes Lachen gefolgt von einem weiteren Seufzer.
    „Na gut,“ gab ich zu. „Ein kleines bisschen.“
    Sie seufzte auch und stütze ihr Kinn auf ihre Hände. Ihre Gedanken waren verärgert.
    „Du bist tausendmal lieblicher als die Sterne, Tanya. Dessen bist du dir natürlich absolut bewusst. Lass dein Vertrauen nicht von meiner Eigensinnigkeit erschüttern.“ Ich kicherte bei dieser abwegigen Idee.
    „Ich bin solche Reaktionen nicht gewöhnt,“ brummte sie und verschob ihre Unterlippe zu einem attraktiven Schmollmund.
    „Natürlich nicht,“ stimmte ich ihr zu und versuchte dabei ihre Gedanken auszublenden in denen sie all die Erinnerungen an ihre abertausend Eroberungen durchging. Tanya bevorzugte Menschliche Männer – für eine Sache waren sie besonders bekannt, für die Tatsache, dass sie weich und warm waren. Und immer gierig, mit Sicherheit.
    „Sukkubus,“ zog ich sie auf, in der Hoffnung die Bilder aus ihren Gedanken zu vertreiben.
    Sie grinste breit. „Das Original.“
    Anders als Carlisle hatten Tanya und ihre Schwestern ihr Gewissen langsam entdeckt. Am Ende war es ihr Verlangen nach menschlichen Männern, weshalb sie sich gegen das Abschlachten entschlossen haben. Jetzt… lebten die Männer die sie liebten.
    „Als du hier aufgetaucht bist,“ sagte Tanya langsam. „Dachte ich…“
    Ich wusste was sie gedacht hatte. Ich hätte mir denken können, dass sie so fühlen würde. Aber im Moment war ich nicht gerade gut darin überlegt zu handeln.
    „Du dachtest, ich hätte meine Meinung geändert.“
    „Ja.“ Sie starrte finster vor sich hin.
    „Ich fühle mich schlecht weil ich mit deinen Erwartungen gespielt habe, Tanya. Das wollte ich nicht – ich hab nicht nachgedacht. Es ist nur so, dass ich… sehr plötzlich aufgebrochen bin.“
    „Ich gehe davon aus, dass du mir nicht erzählen wirst, warum…?“
    Ich setzte mich auf und schlang die Arme um meine Beine. „Ich möchte nicht darüber reden.“
    Tanya, Irina und Kate waren gut in dem Leben, dass sie sich ausgesucht hatten. Auf manche Art sogar besser als Carlisle. Abgesehen von der verrückten unmittelbaren Nähe die sie sich zu denen erlaubten die – einmal mehr – ihre Beute sein sollten, sie machten keine Fehler. Es war mir zu peinlich meine Schwäche vor Tanya einzugestehen.
    „Probleme mit Frauen?“ vermutete sie und ignorierte meine Zurückhaltung.
    Ich lachte schrill. „Nicht so wie du es denkst.“
    Dann war sie still. Ich lauschte ihren Gedanken, während sie verschiedene Möglichkeiten durchging bei dem Versuch den Sinn meiner Worte zu verstehen.
    „Du bist nicht mal nahe dran,“ sagte ich ihr.
    „Ein Tipp?“ fragte sie.
    „Bitte lass es gut sein, Tanya.“
    Dann war sie wieder still, immer noch am grübeln. Ich ignorierte sie, und versuchte vergeblich die Sterne wahr zu nehmen.
    Nach einem Moment der Stille gab sie auf und ihre Gedanken schlugen eine andere Richtung ein.
    Wohin wirst du gehen, Edward, wenn du wieder abreist? Zurück zu Carlisle?
    „Ich glaube nicht,“ flüsterte ich.
    Wohin würde ich gehen? Ich konnte mir keinen Ort auf dem gesamten Planeten vorstellen, der irgendetwas Interessantes für mich barg. Es gab nichts was ich sehen oder tun wollte. Denn egal wo ich hinging, ich würde nirgendwo hin gehen – ich würde immer nur vor etwas weg rennen.
    Ich hasste es. Wann bin ich so ein Feigling geworden?
    Tanya legte ihren schlanken Arm um meine Schultern. Ich versteifte mich, löste mich aber nicht aus dieser Umarmung. Sie bezweckte nicht mehr damit als freundschaftliche Unterstützung. Hauptsächlich.
    „Ich denke du wirst zurückgehen,“ sagte sie, in ihrer Stimme lag nur noch ein Hauch ihres lange verloren gegangen russischen Akzents. „Egal was es ist… oder wer es ist… das dich verfolgt. Du wirst ihm entgegentreten. Du bist so ein Typ.“
    Ihre Gedanken waren sich dessen so sicher wie ihre Worte. Ich versuchte die Vision die sie von mir hatte festzuhalten. Derjenige, der den Dingen direkt entgegentrat. Es tat gut wieder so von mir selbst zu denken. Ich hatte nie an meinem Mut gezweifelt, meiner Fähigkeit mit Schwierigkeiten fertig zu werden, vor dieser schrecklichen Stunde in dem High School Biologiekurs vor so kurzer Zeit.
    Ich küsste ihre Wange; und drehte mich schnell wieder weg als sie ihr Gesicht zu meinem drehte, ihre Lippen schon gespitzt. Sie lächelte reumütig über meine Schnelligkeit.
    „Danke Tanya. Das musste ich hören.“
    Ihre Gedanken wurden launisch. „Gern geschehen, denke ich. Ich wünschte du würdest besser mit dir reden lassen, Edward.“
    „Es tut mir leid, Tanya. Du weißt, dass du zu gut für mich bist. Es ist nur… ich hab noch nicht gefunden wonach ich suche.“
    „Na gut, wenn du gehst bevor wir uns noch einmal sehen… auf Wiedersehen Edward.“
    „Auf Wiedersehen Tanya.“ Als ich die Worte aussprach konnte ich es sehen. Ich konnte mich gehen sehen. Stark genug um zu dem einzigen Ort zurück zu gehen an dem ich sein wollte. „Danke nochmal.“
    Mit einer flinken Bewegung sprang sie auf ihre Füße und rannte weg, geisterte so schnell über den Schnee, dass ihre Füße keine zeit hatten in den Schnee einzusinken; sie hinterließ keine Fußspuren. Sie drehte sich nicht um. Meine Reaktion störte sie mehr als sie sich hatte anmerken lassen, sogar in ihren Gedanken. Sie würde mich nicht noch einmal sehen wollen bevor ich ging.
    Ich verzog ärgerlich meinen Mund. Ich mochte es nicht Tanya zu verletzen, obwohl ihre Gefühle für mich nicht tief, nicht rein waren und auf jeden Fall nichts was ich erwidern konnte. Es kam mir trotzdem so vor als wäre ich dadurch weniger ein Gentleman.
    Ich legte mein Kinn auf meine Knie und schaute wieder hinauf zu den Sternen, obwohl ich es plötzlich eilig hatte mich auf den Weg zu machen. Ich wusste, dass Alice sehen würde, wie ich nach Hause kam und es den anderen erzählte. Das würde sie glücklich machen – besonders Carlisle und Esme. Aber ich blickte noch einmal hoch zu den Sternen, versuchte an dem Gesicht in meinem Kopf vorbei zusehen. Zwischen mir und den funkelnden Lichtern im Himmel starrte mir ein verwirrtes schokoladenbraunes Augenpaar entgegen. Es schien zu fragen, was diese Entscheidung für sie bedeuten würde. Natürlich konnte ich mir nicht sicher sein, dass es das war, was diese eigenartigen Augen zu wissen begehrten. Selbst in meiner Vorstellung konnte ich ihre Gedanken nicht hören. Bella Swans Augen fragten weiter und ein ungehinderter Blick zu den Sternen blieb mir verwehrt. Mit einem schweren Seufzer, gab ich auf und erhob mich. Wenn ich rannte war ich in weniger als einer Stunde bei Carlisles Auto…
    Ich wollte meine Familie so schnell wie möglich wiedersehen – wollte unbedingt der Edward sein, der den Problemen ins Gesicht sah – Ich rannte über das sternenklare Schneefeld, ohne Fußspuren zu hinterlassen.

    „Es wird alles gut werden,“ hauchte Alice. Ihre Augen blickten ins Leere und Jasper hielt mit einer Hand ihren Ellenbogen um sie zu führen während wir aneinandergedrängt die Cafeteria betraten. Rosalie und Emmett gingen voran, Emmett sah lächerlicherweise aus wie ein Bodyguard mitten im Feindesland. Rose sah sich auch wachsam um, aber eher irritiert als beschützend.
    „Natürlich wird es das,“ grummelte ich. Ihr Verhalten war albern. Wenn ich mir nicht sicher wäre mit der Situation umgehen zu können, wäre ich zu Hause geblieben.
    Die plötzliche Verlagerung von unserem normalen, sogar verspielten Vormittag – es hatte in der Nacht geschneit und Emmett und Jasper waren sich nicht zu schade um meine Zerstreuung auszunutzen um mich mit Schneebällen zu bombardieren; als ich mich nicht wehrte, waren sie gelangweilt und bombardierten sich gegenseitig – auf diese übertriebene Wachsamkeit wäre komisch gewesen, wäre es nicht so ärgerlich.
    „Sie ist noch nicht hier, aber auf dem Weg den sie hereinkommt… sie wird nicht in Windrichtung sein, wenn wir an unserem Stammplatz sitzen.“
    „Natürlich setzten wir uns auf unseren Stammplatz. Hör auf damit, Alice. Du gehst mir auf die Nerven. Es geht mir gut und daran wird sich nichts ändern.“
    Sie blinzelte kurz als Jasper ihr auf ihren Stuhl half, und ihre Augen blickten mir endlich ins Gesicht.
    „Hmm,“ sagte sie überrascht. „Ich glaube du hast recht.“
    „Selbstverständlich habe ich recht,“ murmelte ich.
    Ich hasste es, im Mittelpunkt ihrer Sorgen zu stehen. Plötzlich hatte ich Mitleid mit Jasper als ich mich daran erinnerte wie wir alle schützend über ihm schwebten. Er erwiderte kurz meinen Blick und grinste.
    Nervig, nicht war?
    Ich schnitt ihm eine Grimasse.
    War es erst letzte Woche gewesen, dass dieser lange, graue Raum so tödlich stumpf auf mich gewirkt hat? Dass es sich wie Schlaf, wie ein Koma anfühlte, hier zu sein?
    Heute waren meine Nerven angespannt – wie die Seiten eines Pianos, gespannt um bei der kleinsten Berührung zu singen. Meine Sinne waren in äußerster Alarmbereitschaft; ich prüfte jedes Geräusch, jeden Seufzer, jeden Lufthauch der meine Haut berührte, jeden Gedanken. Besonders die Gedanken. Es gab nur einen Sinn den ich unterdrückte. Den Geruchssinn selbstverständlich. Ich atmete nicht.
    Ich erwartete mehr über die Cullens zu hören in den Gedanken die ich durchforstete. Den ganzen Tag wartete ich, suchte nach irgendeiner Erkenntnis die Bella Swan jemandem anvertraut hatte, versuchte zu sehen welche Richtung der neue Klatsch und Tratsch nehmen würde. Aber da war nichts. Niemand beachtete die fünf Vampire in der Cafeteria, es drehte sich immer noch alles um das neue Mädchen. Einige der Menschen hier dachten immer noch an sie, immer noch dieselben Gedanken wie letzte Woche. Doch anstatt es unsagbar langweilig zu finden, war ich fasziniert.
    Hatte sie mit niemandem über mich gesprochen?
    Es war unmöglich dass sie meinen schwarzen, mörderischen Blick nicht bemerkt hatte. Ich hatte ihre Reaktion darauf gesehen. Sicher hatte ich sie zu Tode erschreckt. Ich war überzeugt gewesen, dass sie es vor irgendwem erwähnt haben musste, vielleicht sogar ausgeschmückt hatte um die Story noch besser zu machen. Mir ein paar bedrohliche Zeilen gab.
    Und dann hatte sie ja auch noch mitbekommen wie ich versucht hatte den gemeinsamen Biologiekurs zu wechseln. Sie musste sich gefragt haben, nachdem sie meinen Gesichtsausdruck gesehen hatte, ob sie der Grund dafür war. Ein normales Mädchen hätte sich umgehört, ihr Erfahrungen mit denen der anderen verglichen um Gemeinsamkeiten zu entdecken die mein Benehmen gerechtfertigt hätten, damit sie sich nicht ausgeschlossen fühlte. Menschen wollten unbedingt normal sein, dazugehören. Sich in ihre Umgebung einfügen wie eine nichtssagende Schafherde. Dieses Bedürfnis war bei heranwachsenden ganz besonders ausgeprägt. Dieses Mädchen würde keine Ausnahme dieser Regel sein.
    Aber niemand nahm Notiz von uns wie wir hier saßen, an unserem üblichen Tisch. Bella musste außerordentlich schüchtern sein, wenn sie sich niemandem anvertraut hatte. Vielleicht hatte sie mit ihrem Vater gesprochen, möglicherweise war dies die stärkste Bindung… obwohl das unwahrscheinlich war aufgrund der Tatsache, dass sie nur sehr wenig Zeit mit ihm verbracht hatte in ihrem Leben. Sie würde ihrer Mutter näherstehen. Trotzdem sollte ich bald mal bei Chief Swan vorbeischauen und mir anhören was er dachte.
    „Irgendetwas neues?“ fragte Jasper.
    „Nichts. Sie… scheint kein Wort darüber verloren zu haben.“
    Alle hoben eine Augenbraue bei dieser Neuigkeit.
    „Vielleicht bis du ja gar nicht so gruselig wie du immer dachtest,“ sagte Emmett kichernd. „Ich wette ich hätte ihr mehr Angst einjagen können als du.“
    Ich verdrehte ihm gegenüber meine Augen.
    „Ich frag mich warum…?“ Er wunderte sich wieder über meine Offenbarung über die einzigartige Stille dieses Mädchens.
    „Wir sind damit durch. Ich weiß es nicht.“
    „Sie kommt rein,“ murmelte Alice. Ich merkte wie mein Körper sich versteifte. „Versuch menschlich auszusehen.“
    „Menschlich meinst du?“ fragte Emmett.
    Er hob seine rechte Faust und dreht seine Finger um den Schneeball hervorzubringen den er in seiner Handfläche versteckt hatte. Natürlich war er dort nicht geschmolzen. Er hatte ihn zu einem klumpigen Eisbrocken zusammengedrückt. Sein Blick ruhte auf Jasper aber ich sah die Richtung seiner Gedanken. Genau wie Alice. Als er den eisigen Klumpen nach ihr warf, lenkte sie ihn mit einem beiläufigen Fingerschnippen in eine andere Richtung. Das Eis flog quer durch die Cafeteria, zu schnell für menschliche Augen, und zerschmetterte mit einem lauten Krach an der Backsteinwand. Der Stein krachte auch.
    Die Köpfe in der Ecke des Raumes drehten sich alle um auf den kleinen Eisklumpen auf dem Boden zu starren und sich dann nach dem Schuldigen umzusehen. Sie schauten nur ein paar Tische weiter. Niemand sah zu uns.
    „Sehr menschlich, Emmett,“ kritisierte Rosalie. „Warum schlägst du nicht gleich ein Loch in die Wand, wenn du schon einmal dabei bist?“
    „Es würde beeindruckender aussehen, wenn du das tun würdest, Baby.“
    Ich versuchte ihnen meine Aufmerksamkeit zu schenken, grinste vor mich hin als wäre ich Teil ihres Geplänkels. Ich erlaubte mir nicht zu der Schlange zu sehen in der ich wusste, dass sie stand. Aber das war alles wo ich hinhörte.
    Ich konnte Jessicas Ungeduld mit der Neuen hören, die abgelenkt schien und bewegungslos in der Reihe stand. Ich sah, in Jessicas Gedanken, dass Bella Swans Wangen wieder rot gefärbt waren von ihrem Blut.
    Ich nahm kurze, flache Atemzüge, bereit sofort das Atmen einzustellen, falls auch nur ein Hauch ihres Duftes die Luft in meiner Nähe erreichen sollte.
    Mike Newton war bei den beiden Mädchen. Ich hörte seine beiden Stimmen, mental und verbal, als er Jessica fragte, was mit dem Swan-Mädchen los seih. Ich mochte es nicht wie seine Gedanken sich um sie drehten, das Aufflackern bereits hergestellter Fantasien, die seinen Verstand vernebelten, während er sie beobachtete wie sie aus einer Träumerei aufblickte als hätte sie vergessen, dass er da war.
    „Gar nichts,“ hörte ich Bella mit dieser leisen, klaren Stimme sagen. Es hörte sich wie das Klingeln einer Glocke an durch das Gebrabbel in der Cafeteria, aber ich wusste, dass das nur daran lag, dass ich so konzentriert zuhörte.
    „Ich nehme heute nur eine Limo,“ sagte sie, während sie weiterging um zum Ende der Schlange aufzuschließen.
    Ich konnte mich nicht davon abhalten ihr einen kurzen Blick zuzuwerfen. Sie starrte auf den Fußboden, das Blut schwand langsam aus ihrem Gesicht. Schnell wandte ich meinen Blick ab, zu Emmett, der jetzt über das schmerzverzerrte Lächeln in meinem Gesicht lachte.
    Du siehst krank aus, Bruder.
    Ich arrangierte meinen Gesichtsausdruck, damit er leicht und lässig wirkte.
    Jessica wunderte sich über die Appetitlosigkeit des Mädchens. „Bist du nicht hungrig?“
    „Ehrlichgesagt, ist mir im Moment ein bisschen schlecht.“ Ihre Stimme war leiser, aber immer noch sehr klar.
    Warum störten mich die beschützerischen Bedenken die plötzlich von Mikes Gedanken ausstrahlten? Was machte es schon, dass da ein Besitzergreifender Ton in ihnen lag? Es war nicht meine Angelegenheit, wenn Mike Newton sich unnötigerweise um sie sorgte. Vielleicht war das die Art wie jeder auf sie reagierte. Hatte ich sie nicht auch instinktiv beschützen wollen? Bevor ich sie töten wollte…
    Aber war das Mädchen krank?
    Es war schwer zu beurteilen – sie sah so delikat aus mit ihrer transparenten Haut… Dann bemerkte ich, dass ich mich auch um sie sorgte, genau wie dieser dämliche Junge, und ich zwang mich, nicht über ihre Gesundheit nachzudenken.
    Abgesehen davon mochte ich es nicht, sie durch Mikes Gedanken zu beobachten. Also wechselte ich zu Jessicas und schaute genau zu während die drei sich einen Tisch aussuchten. Glücklicherweise setzen sie sich zu Jessicas üblicher Gesellschaft an einen der ersten Tische des Raumes. Nicht in Windrichtung, genau wie Alice versprochen hatte.
    Alice stieß mich mit ihrem Ellenbogen an. Sie wird bald herübersehen. Benimm dich menschlich.
    Hinter meinem Grinsen biss ich die Zähne zusammen.
    „Beruhig dich, Edward,“ sagte Emmett. „Mal ehrlich. Dann tötest du halt einen Menschen. Das ist wohl kaum das Ende der Welt.“
    „Wer weiß,“ murmelte ich.
    Emmett lachte. „Du musst lernen über Dinge hinwegzukommen. Wie ich. Die Ewigkeit ist eine lange Zeit um in Schuldgefühlen zu versinken.“
    Genau in dem Moment, schleuderte Alice eine kleinere Handvoll eis, die sie versteckt hatte, in Emmetts unerwartetes Gesicht.
    Er blinzelte überrascht und dann grinste er in Erwartung.
    „Du hast es nicht anders gewollt,“ sagte er als er sich vorbeugte und seine schneebedeckten Haare in ihre Richtung schüttelte. Der Schnee, der in dem warmen Raum bereits zu schmelzen begann, flog in einem dicken Schauer aus Wasser und Eis aus seinen Haaren.
    „Iiih!“ kreischte Rosalie, als sie und Alice vor den Tropfen zurückwichen.
    Alice lachte und wir alle stimmten mit ein. Ich konnte in Alice Gedanken sehen wie sie diesen perfekten Moment dirigiert hatte und ich wusste, dass das Mädchen – ich sollte aufhören auf diese Art an sie zu denken, als wäre sie das einzige Mädchen auf der Welt – dass Bella uns zusah wie wir lachten und spielten, wir sahen so glücklich und menschlich und unrealistisch ideal aus wie ein Norman Rockwell Gemälde.
    Alice lachte weiter und hielt ihr Tablett als Schild vor ihr Gesicht. Das Mädchen – Bella musste immer noch zu uns herüber sehen.
    …starrt wieder zu den Cullens, dachte jemand und erregte meine Aufmerksamkeit.
    Automatisch reagierte ich auf diesen unbeabsichtigten Ruf, und bemerkte, als meine Augen ihr Ziel fanden, dass ich die Stimme kannte – Ich hatte ihr heute schon so oft zugehört.
    Aber meine Augen glitten an Jessica vorbei, zu dem durchdringenden Blick des Mädchens.
    Schnell senkte sie ihren Blick und versteckte sich wieder hinter ihren dicken Haaren.
    Was dachte sie? Die Frustration wurde mit der Zeit immer größer anstatt abzustumpfen. Ich versuchte – unsicher darüber was ich da tat, da ich es nie zuvor getan hatte – mit meinen Gedanken die Stille um sie herum zu erforschen. Meine Gabe war immer ganz natürlich zu mir gekommen, ohne dass ich danach fragen musste; ich musste nie daran arbeiten. Aber jetzt konzentrierte ich mich um das Schild zu durchbrechen, dass sie umgab.
    Nichts als Stille.
    Was hat sie nur an sich? Dachte Jessica und spiegelte meine eigene Frustration wieder.
    „Edward Cullen starrt dich an,“ flüsterte sie in dem Swan-Mädchen ins Ohr und kicherte. In ihrem Ton lag kein Anzeichen ihrer Eifersucht. Jessica schien gut darin zu sein Freundschaften vorzutäuschen.
    Ich lauschte angestrengt auf die Antwort des Mädchens.
    „Er sieht aber nicht sauer aus, oder?“ flüsterte sie zurück.
    Also hatte sie meine wilde Reaktion letzte Woche bemerkt. Natürlich hatte sie das.
    Die Frage verwirrte Jessica. Ich sah mein Gesicht in ihren Gedanken als sie meinen Ausdruck überprüfte, aber ich traf nicht ihren Blick. Ich konzentrierte mich immer noch auf das Mädchen und versuchte irgendetwas zu hören. Meine starke Konzentration schien nicht zu helfen.
    „Nein,“ teilte ihr Jess mit und ich wusste, dass sie sich wünschte, sie hätte ja sagen können – wie mein Blick sie wurmte – aber davon war keine Spur in ihrer Stimme. „Wieso sollte er?“
    „Ich glaube, er kann mich nicht leiden,“ flüsterte das Mädchen zurück und legte ihren Kopf auf ihren Arm als wäre sie plötzlich müde. Ich versuchte die Bewegung zu verstehen aber ich konnte nur raten. Vielleicht war sie müde.
    „Die Cullens können niemanden leiden,“ versicherte ihr Jess. „Naja, eigentlich beachten sie niemanden genug um ihn leiden zu können.“ Jedenfalls bis jetzt nicht. Ihre Gedanken waren ein klagendes grummeln. „Obwohl – er schaut dich immer noch an.“
    „Hör auf, ihn anzugucken,“ sagte das Mädchen ängstlich und hob den Kopf von ihrem Arm um sicherzugehen, dass Jessica ihrer Bitte nachkam.
    Jessica kicherte, tat aber was ihr gesagt wurde.
    Für den Rest der Stunde sah das Mädchen nicht mehr von ihrem Tisch auf. Ich dachte – obwohl ich natürlich nicht sicher sein konnte – dass es Absicht war. Es wirkte so als ob sie zu mir herüber sehen wollte. Ihr Körper würde sich leicht in meine Richtung bewegen, ihr Kinn würde sich drehen, und dann würde sie sich dabei erwischen, tief einatmen und stur zu demjenigen starren der gerade sprach.
    Ich ignorierte den Großteil der Gedanken um sie herum, da sie im Moment nicht von ihr handelten. Mike Newton plante eine Schneeballschlacht nach der Schule auf dem Parkplatz und bemerkte nicht, dass der Schnee sich in Regen verwandelt hatte. Das rieseln der Schneeflocken auf dem Dach war zu dem üblichen trommeln von Regentropfen geworden. Konnte er die Veränderung wirklich nicht hören? Für mich hörte es sich sehr laut an.
    Als die Mittagspause zu Ende ging, blieb ich auf meinem Stuhl sitzen. Die Menschen strömten hinaus und ich erwischte mich dabei wie ich versuchte ihre Schritte von denen der anderen zu unterscheiden, als ob da etwas Wichtiges oder Unnormales an ihnen wäre. Wie dumm.
    Meine Familie machte auch keine Anstalten sich zu bewegen. Sie warteten ab, was ich tun würde.
    Würde ich in den Klassenraum gehen, mich neben das Mädchen setzen, wo ich den starken Duft ihres Blutes riechen und die Wärme ihres Pulses in der Luft auf meiner Haut spüren konnte? War ich stark genug dafür? Oder hatte ich genug für heute?
    „Ich… denke es ist okay,“ sagte Alice zögernd. „Dein Geist ist bestimmt. Ich denke du überstehst die Stunde.“
    Aber Alice wusste nur zu gut wie schnell ein Geist sich ändern konnte.
    „Warum das Glück herausfordern, Edward?“ fragte Jasper. Er wollte sich nicht selbstgefällig fühlen, weil ich jetzt der Schwache war, aber ich konnte hören, dass er es ein bisschen tat. „Geh nach Hause. Geh es langsam an.“
    „Was ist schon groß dabei?“ wiedersprach Emmett. „Entweder er tötet sie oder eben nicht. So oder so muss er es hinter sich bringen.“
    „Ich will noch nicht wieder umziehen,“ beschwerte sich Rosalie. „Ich will nicht von vorn anfangen. Wir sind fast fertig mit der High School Emmett. Endlich.“
    Ich war hin und hergerissen in meiner Entscheidung. Ich wollte, wollte wirklich dem Problem gegenübertreten, statt schon wieder davon zu laufen. Aber ich wollte auch nicht zu weit gehen. Es war ein Fehler von Jasper letzte Woche zur Schule zu gehen obwohl er so lange nicht auf der Jagd gewesen war; war das hier jetzt ein genauso sinnloser Fehler?
    Ich wollte meine Familie nicht entwurzeln. Niemand von ihnen würde mir dafür danken.
    Aber ich wollte in meinen Biologiekurs gehen. Ich bemerkte, dass ich ihr Gesicht wiedersehen wollte.
    Das war es das mich meine Entscheidung treffen lies. Dieses Merkwürdige Verlangen. Ich war wütend auf mich weil ich so fühlte. Hatte ich mir nicht geschworen, dass die Stille der Gedanken dieses Mädchens nicht unnötigerweise mein Interesse wecken würde? Und hier stand ich nun, vollkommen unnötig interessiert.
    Ich wollte wissen, was sie dachte. Ihr Kopf war verschlossen, aber ihre Augen waren geöffnet. Vielleicht konnte ich sie lesen.
    „Nein, Rose, ich glaube wirklich, dass es ok ist,“ sagte Alice. „Es… wird beständiger. Ich bin mir zu 93% sicher, dass nichts Schlimmes passieren wird, wenn er in seinen Biologiekurs geht.“ Sie sah mich neugierig an, wunderte sich, welche Veränderung in meinen Gedanken ihre Zukunftsvision sicherer gemacht hatte.
    Würde Neugierde ausreichen um Bella Swan am Leben zu erhalten?
    Emmett hatte irgendwie recht – warum es nicht einfach hinter sich bringen, so oder so? Ich würd der Versuchung gegenübertreten.
    „Zum Unterricht, also,“ ordnete ich an und erhob mich von meinem Platz. Ich wandte mich ab und verließ die Cafeteria ohne mich noch einmal umzudrehen. Ich konnte Alices sorgen hören, Jaspers Tadel, Emmetts Anerkennung und Rosalies Verärgerung.
    Vor der Tür des Klassenraumes atmete ich ein letztes Mal tief ein und dann hielt ich die Luft an, während ich den kleinen warmen Raum betrat.
    Ich war nicht zu spät. Mr. Banner rüstete sich noch für den bevorstehenden Unterricht. Das Mädchen saß an meinem – an unserem Tisch, den Kopf gesenkt und starrte auf den Ordner den sie vollkritzelte. Ich begutachtete die Zeichnung als ich näherkam, sogar interessiert an dieser trivialen Kreation ihres Geistes, aber es war nichtssagend. Nur ein wiederholtes kritzeln von Kringel zu Kringel. Vielleicht konzentrierte sie sich gar nicht auf das Muster, sondern dachte an etwas anderes?
    Ich zog meinen Stuhl unnötig grob zurück und ließ ihn über das Linoleum kratzen; Menschen fühlten sich wohler wenn ein Geräusch das Erscheinen von jemandem ankündigte.
    Ich wusste, dass sie das Geräusch gehört hatte; sie sah nicht auf, aber ihre Hand ließ einen Kringel in der Zeichnung aus und machte sie unsymmetrisch.
    Warum sah sie nicht auf? Vielleicht hatte sie Angst. Ich musste sichergehen, dass sie einen anderen Eindruck von mir hatte, wenn sie später ging. Musste sie glauben machen, dass sie sich alles nur eingebildet hatte.
    „Hallo,“ sagte ich mit der ruhigen Stimme die ich benutze, wenn ich wollte, dass die Menschen sich in meiner Gegenwart wohlfühlten und formte ein freundliches Lächeln mit meinen Lippen, das keinen meiner Zähne entblößte.
    Sie sah auf, ihre großen brauen Augen erstarrten – fast perplex – und voller stummer Fragen. Es war derselbe Ausdruck der meine Sicht die ganze letzte Woche blockiert hatte.
    Als ich in diese seltsam tiefen braunen Augen blickte, merkte ich dass sich der Hass – der Hass von dem ich dachte, dass dieses Mädchen ihn verdiente nur weil sie existierte – in Luft aufgelöst hatte. Jetzt bloß nicht atmen, nicht ihren Duft schmecken, es war schwer vorstellbar, dass jemand so verletzliches Hass verdiente.
    Ihre Wangen wurden rot und sie sagte nichts.
    Ich schaute ihr weiterhin in die Augen, konzentrierte mich nur auf die fragenden Zweifel und versuchte die appetitliche Farbe ihrer Haut zu ignorieren. Ich hatte genug Atem um noch eine Weile weiter zu sprechen ohne einatmen zu müssen.
    „Meine Name ist Edward Cullen,“ sagte ich obwohl ich wusste, dass sie das wusste. Es war höflich so zu beginnen. „Ich bin letzte Woche nicht dazu gekommen mich vorzustellen. Du must Bella Swan sein.“
    Sie wirkte verwirrt – da war die kleine Falte zwischen ihren Augen wieder. Sie brauchte eine halbe Sekunde länger als gewöhnlich um zu antworten.
    „Woher kennst du meinen Namen?“ fragte sie und ihre Stimme zitterte nur ganz leicht.
    Ich muss ihr wirklich Angst eingejagt haben. Ich fühlte mich schuldig; Sie war so Schutzlos. Ich lachte freundlich – ein Geräusch von dem ich wusste, dass es Menschen half sich behaglich zu fühlen. Wieder war ich vorsichtig mit meinen Zähnen.
    „Oh, ich würde sagen alle hier wissen wie du heißt.“ Sie muss doch bemerkt haben, dass sie zum Mittelpunkt der Aufmerksamkeit an diesem monotonen Ort geworden war. „Die ganze Stadt hat auf deine Ankunft gewartet.“
    Sie runzelte die Stirn, als ob ihr diese Information unangenehm war. Ich vermutet, so schüchtern wie sie wohl war, musste Aufmerksamkeit etwas Schlechtes für sie sein. Die meisten Menschen empfanden das Gegenteil. Obwohl sie nicht aus der Herde austreten wollten, krochen sie gleichzeitig zum Scheinwerferlicht um ihre individuelle Uniformität zu präsentieren.
    „Nein,“ sagte sie. „Ich meine, warum hast du mich Bella genannt?“
    „Ist dir Isabella lieber?“ fragte ich verwirrt aufgrund der Tatsache, dass ich nicht sehen konnte wo die Frage hinführte. Ich verstand es nicht. Sie hatte ihre Vorliebe am ersten Tag mehrmals klar gemacht. Waren alle Menschen so unergründlich ohne den geistigen Zusammenhang als Hilfe?
    „Nein, ich mag Bella,“ antwortete sie und legte ihren Kopf leicht zur Seite. Ihr Gesichtsausdruck – wenn ich ihn richtig las – war hin und hergerissen zwischen Scham und Irritation. „Aber ich glaube dass Charlie – ich meine mein Dad –mich anscheinend hinter meinem Rücken Isabelle nennt. Jedenfalls scheint mich hier jeder unter diesem Namen zu kennen.“ Ihr Gesicht wurde einen Rotton dunkler.
    „Oh,“ sagte ich lahm und drehte mich schnell weg.
    Plötzlich hatte ich verstanden, worauf ihre Frage abzielte: Ich hatte einen Ausrutscher gemacht – einen Fehler. Wenn ich die anderen Schüler am ersten Tag nicht belauscht hätte, hätte ich sie automatisch mit ihrem vollen Namen angesprochen, wie alle anderen auch. Ihr war der Unterschied aufgefallen.
    Ich fühlte ein stechendes Unbehagen. Mein Ausrutscher war ihr sehr schnell aufgefallen. Sehr scharfsinnig, besonders für jemanden, der in meiner Nähe Angst verspüren sollte.
    Aber ich hatte größere Probleme als die Frage was für Gedanken sie über mich in ihrem Kopf verschloss.
    Ich hatte keine Luft mehr. Wenn ich weiter mit ihr reden wollte, musste ich einatmen.
    Es würde schwer sein nicht zu reden. Unglücklicherweise, für sie, machte der gemeinsame Tisch sie zu meinem Versuchspartner und wie würden heute zusammen arbeiten müssen. Es würde seltsam aussehen – und unglaublich unhöflich – wenn ich sie während des Versuchs ignorieren würde. Es würde sie noch misstrauischer, noch ängstlicher machen…
    Ich lehnte mich soweit von ihr weg wie es möglich war ohne meinen Stuhl wegzuschieben und drehte meinen Kopf zum Gang. Ich stütze mich ab, spannte meine Muskeln an und nahm einen schnellen Atemzug indem ich nur durch meinen Mund atmete.
    Ah!
    Es war wirklich schmerzhaft. Selbst wenn ich sie nicht roch, konnte ich sie auf meiner Zunge schmecken. Meine Kehle stand plötzlich wieder in Flammen, das Verlangen war genauso stark wie letzte Woche in dem Moment als ich ihren Duft das erste Mal aufgeschnappt hatte.
    Ich presste die Zähne zusammen und versuchte mich zusammenzureißen.
    „Die Zeit läuft,“ gab Mr. Banner den Startschuss.
    Es fühlte sich an, als müsste ich jedes kleine bisschen Selbstkontrolle aufbringen, dass ich mir in siebzig Jahren erarbeitet hatte um sie ansehen zu können. Sie starrte vor sich auf den Tisch und lächelte.
    „Ladies first?“ bot ich ihr an.
    Sie sah auf und ihr Gesicht wurde ausdruckslos und ihre Augen weiteten sich. Stimmte etwas nicht mit meinem Gesichtsausdruck? Hatte ich ihr wieder Angst gemacht? Sie sagte nichts.
    „Ich kann auch anfangen, wenn du willst,“ sagte ich leise.
    „Nein,“ sagte sie und ihr Gesicht lief wieder rot an. „Ich mach schon.“
    Ich starrte das Material auf dem Tisch an, das Mikroskop, die Schachtel mit den Präparaten – besser als zuzusehen wie das Blut unter ihrer blassen Haus zirkulierte. Ich nahm einen weiteren hastigen Atemzug durch meine Zähne und zuckte zusammen unter den Schmerzen die ihr Geschmack in meiner Kehler verursachte.
    „Prophase,“ sagte sie nach einem kurzen Blick durch das Mikroskop. Sie wollte das Präparat schon entfernen obwohl sie kaum darauf geschaut hatte.
    „Lässt du mich auch einen Blick darauf werfen?“ Instinktiv – dämlich, als wäre ich einer von ihnen – griff ich nach ihrer Hand um sie daran zu hindern, das Präparat zu entfernen. Für eine Sekunde brannte ihre Haut auf meiner. Es war wie ein elektrischer Impuls – heißer als 89,6 Grad. Die Hitze schoss durch meine Hand meinen Arm hinauf. Hastig zog sie ihre Hand unter meiner zurück.
    „Entschuldigung,“ murmelte ich durch meine zusammengebissenen Zähne. Ich brauchte etwas wo ich hingucken konnte, also starrte ich kurz durch das Okular des Mikroskops. Sie hatte recht.
    „Prophase,“ stimmte ich ihr zu.
    Ich war immer noch zu verstört um sie anzusehen. Ich ignorierte den brennenden Durst als ich so leise wie möglich durch meine Zähne einatmete und konzentrierte mich auf die Aufgabe während ich das Wort in der richtigen Stelle des Arbeitsblattes eintrug und anschließend das Präparat austauschte.
    Was dachte sie jetzt? Wie hat es sich für sie angefühlt als ich ihre Hand berührte? Meine Haut muss eiskalt gewesen sein – abstoßend. Kein Wunder dass sie so still war.
    Ich streifte das Präparat mit einem Blick.
    „Anaphase,“ sagte ich mehr zu mir selbst als ich es in der nächsten Zeile eintrug.
    „Darf ich?“ fragte sie.
    Ich sah auf und war überrascht zu sehen, dass sie eine Hand erwartungsvoll nach dem Mikroskop ausgestreckt hatte. Sie sah nicht verängstigt aus. Dachte sie wirklich meine Antwort wäre falsch?
    Ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen, als ich den Hoffnungsvollen Blick sah mit dem sie das Mikroskop entgegennahm.
    Sie schaute durch das Okular mit einem Eifer, der sich schnell wieder auflöste. Ihre Mundwinkel senkten sich.
    „Präparat Nr. drei?“ fragte sie ohne von dem Mikroskop aufzusehen und hielt ihre Hand auf. Ich lies es in ihre Hand fallen, darauf bedacht sie nicht noch einmal zu berühren. Neben ihr zu sitzen war wie neben einem Heizstrahler zu sitzen. Ich konnte fühlen wie meine Temperatur leicht anstieg.
    Sie sah sich das Präparat nicht sehr lange an. „Interphase,“ sagte sie lässig – vielleicht versuchte sie etwas zu lässig zu klingen – und schob mir das Mikroskop zu. Sie berührte das Arbeitsblatt nicht und wartet stattdessen darauf, dass ich die Antwort eintrug. Ich überprüfte ihre Antwort kurz – sie hatte wieder recht.
    Wir beendeten die Übung auf diese Weise, sprachen nur das Nötigste und sahen uns nicht an. Wir waren als erstes fertig – die anderen hatten mehr Probleme mit dem Versuch. Mike Newton hatte Probleme sich zu konzentrieren – er versuchte Bella und mich zu beobachten.
    Ich wünschte er wäre da geblieben wo auch immer er gewesen ist, dachte Mike und beobachtet mich wütend. Hmm, interessant. Ich wusste nicht, dass dieser Junge irgendeine Abneigung gegen mich hegte. Das war eine ganz neue Entwicklung, genau so neu wie die Ankunft des Mädchens. Aber was ich noch interessanter fand – zu meiner Überraschung – diese Abneigung beruhte auf Gegenseitigkeit.
    Ich sah wieder zu dem Mädchen, verwirrt von der großen Spanne von Chaos und Umbruch die sie trotz ihres gewöhnlichen unbedrohlichen Auftretens in meinem Leben verursacht hatte.
    Es war nicht so, dass ich nicht nachvollziehen konnte, was in Mike vorging. Sie war ehrlichgesagt ziemlich hübsch… auf eine ungewöhnliche Art und Weise. Ihr Gesicht war mehr interessant als schön. Nicht gerade symmetrisch – ihr schmales Kinn passte nicht zu ihren breiten Wangenknochen; Extreme Farben – der hell/dunkel Kontrast zwischen ihrer Haut und ihren Haaren; und dann waren da noch die Augen die übersprudelten vor lauter stillen Geheimnissen…
    Augen die sich plötzlich in mich bohrten.
    Ich starrte zurück und versuchte wenigstens eins dieser Geheimnisse zu ergründen.
    „Hast du Kontaktlinsen bekommen?“ fragte sie auf einmal.
    Was für eine seltsame Frage. „Nein.“ Ich musste fast lachen bei der Vorstellung, ich müsste mein Sehstärke verbessern.
    „Oh,“ nuschelte sie. „Ich hatte das Gefühl dass deine Augen irgendwie anders sind.“
    Ich fühlte mich plötzlich wieder kälter als ich verstand, dass ich offensichtlich nicht der einzige war der heute Geheimnisse aufdeckte.
    Ich zuckte mit den Schultern und wandte mich in die Richtung wo der Lehrer seine Runden zog.
    Natürlich sahen meine Augen anders aus seit sie sie das letzte Mal gesehen hatte. Um mich auf die Tortur, auf das Verlangen heute vorzubereiten, hatte ich das ganze Wochenende damit verbracht zu jagen, meinen Durst so gut es ging zu stillen, zu übersättigen. Ich überfüllte mich mit dem Blut von Tieren, nicht dass es viel geändert hatte wenn ich wieder dem Duft gegenüberstand, der die Luft um sie herum füllte. Als ich sie das letzte Mal angesehen hatte, waren meine Augen schwarz vor Durst. Jetzt wo mein Körper mit Blut gefüllt war, hatten meine Augen einen warmen Goldton. Bernsteinfarben von meinem exzessiven Versuch meinen Durst zu stillen.
    Noch ein Ausrutscher. Wenn ich gesehen hätte, was sie mit ihrer Frage meinte, hätte ich einfach ja gesagt.
    Seit zwei Jahren saß ich nun zwischen den Menschen in dieser Schule, und sie war die erste die mich intensiv genug beobachtet hatte um den Unterschied meiner Augenfarbe zu bemerken. Die anderen schauten sofort weg, wenn wir die Blicke erwiderten die sie uns zuwarfen weil sie Schönheit meiner Familie bewunderten. Sie scheuen zurück, blockieren die Details unsere Erscheinung in dem instinktiven Bestreben besser nicht zu verstehen. Ignoranz war der Segen des menschlichen Geistes.
    Warum musste es ausgerechnet dieses Mädchen sein, das zu viel sah?
    Mr. Banner erreichte unseren Tisch. Dankbar inhalierte ich den frischen Windzug den er mitbrachte und der noch nicht von ihrem Duft getränkt war.
    „Edward,“ sagte er mit dem Blick auf unseren Antworten. „Meinst du nicht Isabella hätte auch ein wenig am Mikroskop üben sollen?“
    „Bella“ korrigierte ich reflexartig. „Um ehrlich zu sein, drei der fünf hat sie identifiziert.“
    Mr. Banners Gedanken waren skeptisch, als er sich dem Mädchen zuwandte. „Hast du die Übung schon mal gemacht?“
    Ich beobachtete sie, vertieft in ihr lächeln, dass ein wenig peinlich berührt aussah.
    „Nicht mit Zwiebelwurzeln.“
    „Mit Fisch-Blastula?“ riet Mr. Banner.
    „Ja.“
    Das überraschte ihn. Die heutige Übung hatte er von einem fortgeschritteneren Kurs übernommen. Er nickte dem Mädchen gedankenverloren zu. „Warst du in Phoenix in einem College-Vorbereitungskurs?“
    „Ja.“
    Sie war also fortgeschritten, intelligent für einen Menschen. Das überraschte mich nicht.
    „Naja,“ sagte Mr. Banner und schürzte seine Lippen. „Vielleicht ist es ganz gut, dass ihr zusammensitzt.“ Er drehte sich um und nuschelte „Dann bekommen die anderen Kids die Chance selbst etwas zu lernen,“ vor sich hin. Ich bezweifelte, dass das Mädchen das gehört hatte. Sie begann wieder Kringel auf ihren Ordner zu malen.
    Zwei Ausrutscher in einer halben Stunde. Eine ganz miserable Vorstellung von meiner Seite. Obwohl ich immer noch keine Ahnung hatte, was das Mädchen von mir dachte – wie viel Angst hatte sie, wie viel ahnte sie? – wusste ich dass ich mich noch mehr anstrengen musste um einen guten Eindruck bei ihr zu hinterlassen. Irgendwie musste ich ihre Erinnerung an unsere letzte grausame Begegnung ertränken.
    „Schade um den Schnee, nicht war?“ wiederholte ich den Smalltalk, den duzende von Schülern schon geführt hatten. Ein langweiliges Gesprächsthema. Das Wetter – ein sicheres Thema.
    Sie starrte mich zweifelnd an – eine unnormale Reaktion auf meine normale Frage. „Nicht wirklich,“ sagte sie und überraschte mich schon wieder.
    Ich versuchte die Unterhaltung wieder auf einen banalen Pfad zu lenken. Sie kam aus einer warmen, helleren Gegend – ihre Haut strahlte das irgendwie aus – die Kälte musste unangenehm sein für sie. Genau wie meine eisige Berührung…
    „Du magst die Kälte nicht,“ nahm ich an.
    „Genau wie die Nässe,“ stimmte sie mir zu.
    „Es muss schwer für dich sein, in Forks zu leben.“ Vielleicht hättest du nicht herkommen sollen, wollte ich noch hinzufügen. Vielleicht solltest du dahin zurückgehen wo du hingehörst.
    Aber ich war mir nicht sicher, ob ich das wirklich wollte. Ich würde mich immer an den Duft ihres Blutes erinnern – gab es eine Garantie dafür, dass ich ihr nicht folgen würde? Abgesehen davon, wenn sie wieder wegging würden ihre Gedanken für immer ein Geheimnis bleiben. Ein quälendes ungelöstes Puzzel.
    „Du hast ja keine Ahnung,“ sagte sie mit schwacher Stimme und blickte für einen Moment gedankenverloren an mir vorbei.
    Ihre Antworten waren nie das, was ich erwartet hatte. Sie veranlassten mich dazu mehr Fragen zu stellen.
    „Warum bist du dann hierher gekommen?“ hakte ich nach, und merkte sofort, dass mein Tonfall anklagend klang, nicht lässig genug für diese Unterhaltung. Die Frage klang unhöflich, neugierig.
    „Es ist… kompliziert.“
    Sie blinzelte kurz mit ihren großen Augen und beließ es dabei. Ich platzte fast vor Neugierde – die Neugierde brannte genauso heiß wie der Durst in meiner Kehle. Ehrlichgesagt, wurde es langsam einfacher zu atmen; die Qual wurde erträglicher durch die Vertrautheit.
    „Ich denke, ich werd’s verstehen,“ beharrte ich. Vielleicht würde normale Neugierde sie dazu bringen meine Fragen so lange zu beantworten, wie ich unhöflich genug war, sie zu stellen.
    Sie schwieg und starrte auf ihre Hände. Das machte mich ungeduldig; ich wollte meine Hand unter ihr Kinn legen und ihren Kopf anheben, damit ich in ihren Augen lesen konnte. Aber das wäre dumm von mir – gefährlich – ihre Haut noch einmal zu berühren.
    Plötzlich sah sie auf. Es war eine Erleichterung die Gefühle wieder in ihren Augen sehen zu können. Sie sprach schnell, ratterte die Wörter herunter.
    „Meine Mutter hat wieder geheiratet.“
    Ah, das war sehr menschlich, leicht zu verstehen. Sie senkte betrübt ihre klaren Augen und die kleine Falte erschien wieder zwischen ihnen.
    „Das hört sich nicht so kompliziert an,“ sagte ich. Meine Stimme war freundlich ohne dass ich groß etwas dazu beitragen musste. Ihre Betrübnis machte mich seltsam hilflos und ich wünschte mir ich könnte irgendetwas für sie tun. Ein merkwürdiger Impuls. „Wann war das?“
    „Letzten September.“ Sie atmete tief aus – nicht wirklich ein Seufzen. Ich hielt die Luft an, als ihr warmer Atem mein Gesicht berührte.
    „Und du magst ihn nicht.“ Vermutete ich in der Hoffnung mehr Informationen zu bekommen.
    „Nein, Phil ist schon ok,“ sagte sie und korrigierte meine Annahme. Die Andeutung eines Lächelns umspielte ihre vollen Lippen. „Ein bisschen zu jung vielleicht, aber nett.“
    Das passte nicht zu der Situation die ich mir ausgemalt hatte.
    „Warum bist du nicht bei ihnen geblieben?“ fragte ich etwas zu neugierig. Es klang naseweis. Was ich zugegebenermaßen ja auch war.
    „Phil reist sehr viel. Er spielt Profi-Baseball.“ Das kleine Lächeln trat nun deutlicher hervor; diese Berufswahl amüsierte sie.
    Ich lächelte auch ohne dass ich es beabsichtigt hätte. Ich versuchte gar nicht ihr ein behagliches Gefühl zu vermitteln. Ihr Lächeln bewirkte, dass ich zurücklächeln wollte – um ehrlich zu sein.
    „Kenne ich ihn?“ Ich arbeitete die Liste aller Profi Baseballer im Kopf ab und fragte mich, welcher Phil ihrer war…
    „Eher nicht. So gut spielt er nicht.“ Wieder ein Lächeln. „Zweite Liga. Er wechselt ständig.“
    Die Liste in meinem Kopf veränderte sich und ich tabellierte eine Liste anderer Möglichkeiten in weniger als einer Sekunde. Zur selben Zeit, malte ich mir die neue Situation aus.
    „Und deine Mutter hat dich hierher geschickt, damit sie mit ihm reisen kann,“ sagte ich. Spekulationen schienen mehr Informationen aus ihr herauszubekommen als meine Fragen vorher. Es klappte wieder. Sie schob ihr Kinn vor und ihr Gesichtsausdruck war plötzlich starsinnig.
    „Nein, sie hat mich nicht geschickt,“ sagte sie und ihre Stimme klang hart. Meine Annahme hatte sie aufgebracht, obwohl ich nicht verstand, warum. „Ich hab mich selbst geschickt.“
    Ich verstand die Bedeutung nicht und auch nicht den Grund für ihren Groll. Ich war gänzlich verloren.
    Also gab ich auf. Ich wurde einfach nicht schlau aus diesem Mädchen. Sie war nicht wie anderen Menschen. Vielleicht waren die Stille ihrer Gedanken und ihr verlockender Duft nicht die einzigen Dinge die anders an ihr waren.
    „Das verstehe ich nicht,“ gab ich zu und hasste es, das einzugestehen.
    Sie seufzte und schaute mir in die Augen, länger als nahezu jeder normale Mensch es geschafft hätte.
    „Zuerst blieb sie bei mir aber sie hat ihn vermisst,“ erklärte sie langsam, ihr Tonfall hörte sich mit jedem Wort einsamer an. „Es hat sie unglücklich gemacht… also habe ich mich dazu entschlossen, etwas mehr Zeit mit Charlie zu verbringen.“
    Die kleine Falte zwischen ihren Augen wurde tiefer.
    „Und jetzt bist du unglücklich,“ murmelte ich. Ich könnte nicht damit aufhören meine Hypothesen laut auszusprechen in der Hoffnung aus ihren Reaktion zu lernen. Diese, wie auch immer, schien nicht allzu weit von der Wahrheit entfern zu sein.
    „Und?“ sagte sie, als wäre das ein Aspekt der nicht berücksichtigt werden müsse.
    Ich starrte ihr weiter in die Augen und merkte dass ich nun endlich meinen ersten echten kleinen Einblick in ihre Seele bekommen hatte. In diesem einen Wort sah ich, welchen Platz sie sich auf ihrer Prioritätenskala einräumte. Anders als bei anderen Menschen, standen ihre eigenen Bedürfnisse ganz weit unten auf der Liste.
    Sie war selbstlos.
    Als mir das bewusst wurde begann sich das Geheimnis um diese Person die sich hinter stummen Gedanken versteckte ein wenig zu lüften.
    „Das klingt nicht gerade fair,“ sagte ich. Lässig zuckte ich mit den Schultern um meine Neugierde zu verbergen.
    Sie lachte, aber es klang nicht amüsiert. „Hat dir das noch keiner gesagt? Das Leben ist nicht fair.“
    Ich wollte über ihre Worte lachen, obwohl auch ich nicht amüsiert war. Ich wusste ein kleines bisschen was über die Ungerechtigkeit im Leben. „Ich denke, das habe ich schon mal irgendwo gehört.“
    Sie starrte mich an und wirkte wieder verwirrt. Ihre Augen flackerten und dann trafen sie meine wieder.
    „Das ist alles,“ sagte sie mir.
    Aber ich war noch nicht bereit, diese Unterhaltung zu beenden. Das kleine V zwischen ihren Augen, ein Anzeichen von Sorge, störte mich. Ich wollte es mit meinen Fingerspitzen glattstreichen. Aber selbstverständlich konnte ich sie nicht berühren. Es war in so vielerlei Hinsicht nicht sicher.
    „Du überspielst das ziemlich gut.“ Ich sprach langsam, erwog immer noch die nächste Hypothese. „Aber ich wette du leidest mehr als du irgendjemandem zeigst.“
    Sie verzog das Gesicht, ihre Augen verengten sich, ihre Lippen formten einen Schmollmund und sie wandte sich wieder nach vorn zum Lehrerpult. Sie mochte es nicht, wenn ich richtig riet. Sie war kein typischer Märtyrer – sie wollte kein Publikum für ihren Schmerz.
    „Habe ich unrecht?“
    Sie wich leicht zurück, aber tat so als hätte sie mich nicht gehört.
    Ich musste lächeln. „Ich denke nicht.“
    „Warum interessiert dich das überhaupt?“ verlangte sie zu wissen und starrte mich wieder an.
    „Das ist eine gute Frage.“ Gab ich zu, mehr zu mir selbst statt als Antwort.
    Ihr Urteilsvermögen war besser als meins – sie sah den Kern der Dinge während ich am Rand herum zappelte und blind die Anhaltspunkte durchsiebte. Die Details ihres menschlichen Lebens sollten mich nicht interessieren. Es war falsch von mir mich um ihre Gedanken zu sorgen. Abgesehen vom Schutz meiner Familie waren menschliche Gedanken bedeutungslos.
    Ich war es nicht gewohnt der weniger intuitiver Part einer Beziehung zu sein. Ich verließ mich zu sehr auf mein besonderes Gehör – ich war nicht so scharfsinnig wie ich immer dachte.
    Das Mädchen seufzte und blickte wieder nach vorne. Irgendetwas an ihrem frustrierten Gesichtsausdruck war belustigend. Die ganze Situation, die ganze Unterhaltung war belustigend. Niemand befand sich jemals in größerer Gefahr vor mir als diese kleine Mädchen – jeden Moment, abgelenkt von dieser lächerlichen Konversation, konnte ich durch meine Nase einatmen, die Beherrschung verlieren und sie anfallen – und sie war irritiert weil ich ihre Frage nicht beantwortet hatte.
    „Nerve ich dich?“ fragte ich und schmunzelte über die Lächerlichkeit des ganzen.
    Sie warf mir einen flüchtigen Blick zu und dann schienen ihre Augen von meinen gefangen.
    „Nicht wirklich,“ erklärte sie mir. „Ich bin von mir selbst genervt. Mein Gesicht ist so einfach zu lesen – meine Mutter nennt mich immer ihr offenes Buch.“
    Verärgert runzelte sie die Stirn.
    Ich starrte sie erstaunt an. Sie war verärgert weil ich sie zu leicht durchschaute. Wie bizarr. Es hat mich in meinem ganzen Leben noch nie so viel Aufwand gekostet um jemanden zu verstehen – oder besser Existenz, Leben war wohl kaum das richtige Wort. Ich hatte nicht wirklich ein Leben.
    „Ganz im Gegenteil,“ wiedersprach ich und fühlte mich seltsam… vorsichtig, als ob da irgendeine versteckte Gefahr wäre die ich nicht sehen konnte. Plötzlich war ich auf der Hut, die Vorwarnung machte mich vorsichtig. „Ich finde du bist sehr schwer zu lesen.“
    „Dann musst du ein guter Leser sein,“ folgerte sie, und hatte mit ihrer Vermutung wieder mitten ins Schwarze getroffen.
    „Normalerweise,“ stimmte ich ihr zu.
    Ich lächelte breit um meine leuchtenden, messerscharfen Zähne zu zeigen.
    Es war dumm von mir das zu tun aber plötzlich wollte ich verzweifelt eine Warnung an dieses Mädchen loswerden. Ihr Körper war näher als vorher, ihre Haltung hatte sich unbewusst geändert während unserer Unterhaltung. All die kleinen Zeichen und Hinweise die dazu dienten alles Menschliche ängstlich auf Abstand zu halten, schienen bei ihr nicht zu wirken. Warum wich sie nicht zurück vor Schreck? Sicher hatte sie genug von meiner dunklen Seite gesehen um die Gefahr zu bemerken, aufmerksam wie sie war.
    Ich kam nicht dazu zu sehen, ob meine Warnung den gewünschten Effekt erzielt hatte. Mr. Banner bat um die Aufmerksamkeit der Klasse und sie wandte sich von mir ab. Sie wirkte erleichtert über die Unterbrechung, also hatte sie es vielleicht unterbewusst verstanden.
    Ich hoffe, sie hatte.
    Ich bemerkte die Faszination die in mir aufkeimte und versuchte sie zu entwurzeln. Ich konnte es mir nicht leisten, Bella Swan interessant zu finden. Oder besser, sie konnte es sich nicht leisten. Und trotzdem sehnte ich mich schon nach einer weiteren Chance um mit ihr zu reden. Ich wollte mehr über ihre Mutter wissen, ihr Leben bevor sie hierherkam, ihr Beziehung zu ihrem Vater. All die unbedeutenden Details die ihren Charakter deutlicher hervorbringen würden. Aber jede Sekunde, die ich mit ihr verbrachte, war ein Fehler, ein Risiko dass sie nicht eingehen sollte.
    Gedankenverloren warf sie ihre Haare herum genau in dem Moment als ich mir erlaubte zu atmen. Eine konzentrierte Welle ihres Duftes traf mich tief im Rachen.
    Es war wie am ersten Tag – wie die Abrissbirne. Der Schmerz der brennenden Trockenheit ließ mich schwindeln. Ich musste wieder den Tisch umklammern um mich auf meinem Stuhl zu halten. Dieses Mal hatte ich etwas mehr Kontrolle. Wenigstens machte ich nichts kaputt. Das Monster knurrte in mir, genoss aber nicht den Schmerz. Er war zu fest angebunden. Für den Moment.
    Ich stellte das Atmen vollständig ein und lehnte mich so weit von dem Mädchen weg, wie ich konnte.
    Nein, ich konnte es mir nicht leisten, sie faszinierend zu finden. Je interessanter ich sie fand umso größer war die Chance, dass ich sie töten würde. Ich hatte heute schon zwei kleine Ausrutscher gehabt. Würde ich einen dritten machen, der nicht klein war?
    Sobald die Glocke klingelte, floh ich aus dem Klassenraum – vermutlich zerstörte ich dadurch den kleinsten Eindruck von Höflichkeit den ich fast aufgebaut hatte während dieser Stunde. Wieder keuchte ich an der frischen Luft als wäre sie eine heilende Essenz. Ich beeilte mich, so viel Abstand wie möglich zwischen mich und das Mädchen zu bringen.
    Emmett wartete vor unserem Spanischkurs auf mich. Er las meinen wirren Gesichtsausdruck für einen Moment.
    Wie lief es? Wunderte er sich wachsam.
    „Niemand ist gestorben,“ murmelte ich.
    Na das ist doch was. Als ich sah wie Alice das Ende der letzten Stunde geschwänzt hat, dachte ich schon…
    Als wir den Klassenraum betraten sah ich seine Erinnerung an kurze Zeit vorher, die er durch die offene Tür seiner letzten Unterrichtsstunde gesehen hatte: Alice lief eilig und ausdruckslos über den Platz in Richtung Wissenschaftsgebäude. Ich fühlte die Erinnerung an sein verlangen aufzustehen und zu ihr zu gehen und dann seine Entscheidung zu bleiben. Wenn Alice seine Hilfe brauchte, würde sie fragen…
    Ich schloss meine Augen vor Ekel und Abscheu während ich mich auf meine Stuhl fallen lies. „Ich hatte nicht bemerkt, dass es so knapp war. Ich hätte nicht gedacht, ich würde… ich sah nicht, dass es so schlimm war,“ flüsterte ich.
    War es auch nicht, beruhigte er mich. Niemand ist gestorben, richtig?
    „Richtig,“ quetsche ich durch meine Zähne. „Diesmal nicht.“
    Vielleicht wird es leichter.
    „Klar.“
    Oder, vielleicht tötest du sie auch. Er zuckte mit den Schultern. Du wärst nicht der erste, der es vermasselt. Niemand würde dich zu hart verurteilen. Manchmal riecht ein Mensch einfach zu gut. Ich bin beeindruckt, dass du so lange durchhältst.
    „Das ist nicht gerade hilfreich, Emmett!“
    Ich war empört darüber, dass er einfach so akzeptierte, dass ich das Mädchen töten würde, dass das irgendwie unumgänglich war. War es etwa ihre Schuld, dass sie so gut roch?
    Ich weiß noch, als es mir passierte…, er erinnerte sich und nahm mich mit sich ein halbes Jahrhundert zurück, auf eine Landstraße in der Dämmerung, wo eine Frau mittleren Alters ihre trockene Wäsche abnahm, die zwischen zwei Apfelbäumen an einer Leine hing. Der Duft von Äpfeln hing schwer in der Luft – die Ernte war vorüber und die überreifen Früchte lagen auf dem Boden verteilt, die Druckstellen ließen ihren Duft in dicken Wolken auslaufen. Ein frisch gemähtes Feld bildete den Hintergrund zu diesem Duft, harmonisch. Er ging die Landstraße entlang, nahm die Frau überhaupt nicht war auf seinem Botengang für Rosalie. Der Himmel über ihm war lila, im Westen orange. Er wäre den verschlängelten Weg weitergegangen und es hätte keinen Grund gegeben, sich an diesen Nachmittag zu erinnern, abgesehen von der leichten Briese, die die weißen Laken aufblähte wie Segel im Wind und die den Duft der Frau über Emmetts Gesicht fächerte.
    „Ah,“ grummelte ich leise. Als ob die Erinnerung an meinen eigenen Durst nicht schon genug wäre.
    Ich weiß. Ich hab’s nicht mal eine Sekunde ausgehalten. Ich hab nicht mal darüber nachgedacht zu wiederstehen.
    Seine Erinnerungen wurden zu detailiert für mich um sie noch länger zu ertragen.
    Ich sprang auf meine Füße, meine Zähne so hart aufeinander gepresst, dass sie durch Stahl hätten schneiden können.
    „Esta bien, Edward?“ fragte Senora Goff, erschrocken von meiner plötzlichen Bewegung. Ich konnte mein Gesicht in ihren Gedanken sehen und wusste, dass ich alles andere als gesund aussah.
    „Me perdona,“ murmelte ich, als ich zur Tür stürmte.
    „Emmett – por favor, puedas tu ayuda a tu hermano?“ fragte sie und gestikulierte hilflos in meine Richtung, als ich aus dem Raum hastete.
    „Klar,“ hörte ich ihn sagen. Und dann war er direkt hinter mir.
    Er folgte mir zur anderen Seite des Gebäudes, wo er mich einholte und mir seine Hand auf die Schulter legte.
    Ich schüttelte seine Hand mit unnötiger Gewalt ab. Es hätte sämtliche Knochen in einer menschlichen Hand gebrochen und sogar noch die Knochen des Arms der daran hing.
    „Tut mir leid, Edward.“
    „Ich weiß.“ Ich atmete ein paarmal tief ein und aus um einen klaren Kopf zu bekommen und meine Lungen zu reinigen.
    „Ist es genauso schlimm?“ fragte er und versuchte nicht an den Duft und den Geschmack aus seinen Erinnerungen zu denken, nicht gerade erfolgreich.
    „Schlimmer, Emmett, schlimmer.“
    Für einen Moment war er ganz still.
    Vielleicht…
    „Nein, es wäre nicht besser, wenn ich es einfach hinter mich bringe. Geh zurück in die Klasse, Emmett. Ich möchte allein sein.“
    Er drehte sich ohne ein weiteres Wort und ohne einen Gedanken um und ging zurück. Er würde der Spanischlehrerin sagen, dass ich krank war, oder dass ich schwänzte, oder dass ich ein gefährlicher, unkontrollierbarer Vampir war. War seine Entschuldigung wirklich von Bedeutung? Vielleicht kam ich nicht mehr zurück. Vielleicht musste ich gehen.
    Ich ging zurück zu meinem Auto um auf Schulschluss zu warten. Um mich zu verstecken. Schon wieder.
    Ich hätte die Zeit nutzen sollen um einen Entscheidung zu treffen, oder um meine Entschlossenheit zu verstärken, stattdessen, wie ein Süchtiger, erwischte ich mich dabei wie ich die Gedanken, die vom Schulgebäude wiederhallten durchsuchte. Die bekannten Stimmen traten deutlich hervor, aber ich war im Moment nicht interessiert an Alices Visionen oder Rosalies Beschwerden. Ich fand Jessica, aber das Mädchen war nicht bei ihr, also suchte ich weiter. Mike Newtons Gedanken erregten meine Aufmerksamkeit und ich fand sie letztendlich im Sportunterricht. Er war unglücklich weil ich heut in Biologie mit ihr gesprochen hatte. Er grübelte über ihre Reaktion als er das Thema angesprochen hatte…
    Ich hab ihn ehrlichgesagt noch nie mit jemandem mehr als nur ein paar Wörter wechseln sehen. Natürlich entschloss er sich Bella int

  • Past DesignsDatum02.02.2010 18:11
    Foren-Beitrag von Julia Cullen im Thema Past Designs

    Okay hier ist das neue Design von Bloody Vampire Love. Es stammt wiedermal von mir und ist zu Ehren von Eclipse, da ich es kaum noch erwarten kann, dass er rauskommt. <3 Auf dem Header erkennt man links Edward, daneben das Eclipsecover. Dann Bella in einem weißen Kleid im Schnee mit einem blutroten Faden (wie auf dem Originalcover) und ganz rechts ein Familienportrait, dass ich vorhin zufällig bei Google gefunden habe. <3

  • Past DesignsDatum02.02.2010 18:07
    Foren-Beitrag von Julia Cullen im Thema Past Designs

    Das allererste hab ich leider nicht mehr gefunden. Aber hier ist das zweite Design von BVL:

  • New Moon: Der FilmDatum03.01.2010 19:52
    Thema von Julia Cullen im Forum New Moon-The Movie

    Und habt ihr auch alle den Film gesehen? ^^
    Wie findet ihr ihn??

  • Was wäre wenn...Datum13.10.2009 15:58
    Foren-Beitrag von Julia Cullen im Thema Was wäre wenn...

    Ich schätze Bella würde dann wieder zruück zu Edwrad gehen und hätte Jacob das herz geborchen. Und Edward wäre natürlich nicht sauer auf Bella und würde ihre Entshceidung verstehen. *typisch edward*

    Was wäre passiert wenn in Breaking Dawn Bella nicht schwanger geworden wäre ?

  • Top oder Flop?!Datum13.10.2009 15:56
    Foren-Beitrag von Julia Cullen im Thema Top oder Flop?!

    Top. ^-^



    Top oder Flop?

  • Essen oder WegschmeißenDatum13.10.2009 15:53
    Foren-Beitrag von Julia Cullen im Thema Essen oder Wegschmeißen

    Essen

    Haribo Gummibärchen
    *haribo macht kinder froh-und erwachsene eben so*

  • WörtereinbauDatum13.10.2009 15:52
    Foren-Beitrag von Julia Cullen im Thema Wörtereinbau

    Charlie hat durch Jake eine leichte Wolfsfobie entwickelt.

    Bella Edward Meer

  • CountdownDatum13.10.2009 15:51
    Foren-Beitrag von Julia Cullen im Thema Countdown

    47

  • Okii hier:



    Ich wünsch mir ein Bild von Rosalie und Emmet. ^^

  • Drei WörterDatum13.10.2009 15:46
    Foren-Beitrag von Julia Cullen im Thema Drei Wörter

    Vampir, Eclipse, Katzenartig

    James

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